Kolumne Diese Miesepetrigkeit im Netz

Der Bundespräsident in St. Ingbert – zur Aufzeichnung einer Sendung im ZDF. Viele in der Stadt macht das stolz. Andere wiederum können mit unverhohlener Kritik nicht hinterm Berg halten. Oh, heilige Einfalt.

Kolumne von Michèle Hartmann
Foto: SZ/Robby Lorenz

Herausragendes Ereignis diese Woche: der Besuch des Bundespräsidenten in St. Ingbert. Zuvor hatte er Station in Niederwürzbach gemacht. Das blieb einigen Leuten nicht verborgen. Denn die pechschwarze Limousine mit dem Kennzeichen 0-1 und Standarte sorgte natürlich für Aufsehen. Doris Kaffke und ihr Sohn Thomas, die das Hotel-Restaurant Annahof betreiben, wurden von dem höchsten Mann im Staat beehrt. Was im Vorfeld selbstredend top secret war. Schon aus Sicherheitsgründen galt es, einen Massenauflauf zu verhindern.

Zwischen dem Besuch in Belgien und seinem Auftritt in der Kirche St. Josef war also noch etwas Zeit, sich am Würzbacher Weiher ein wenig auszuruhen und eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Die Familie Kaffke fühlte sich geehrt und wurde mit Frank-Walter Steinmeier zum guten Schluss auch noch abgelichtet – zur Erinnerung an einen ganz besonderen Tag.

Ziemlich unschöne Kommentare konnte man in Hinblick auf den Besuch des Bundespräsidenten im sogenannten sozialen Netzwerk Facebook lesen. Da lief möglicherweise ein Wettbewerb, wer am besten stänkern und quengeln kann. Was das alles wieder kostet, fragte sich der ein und die andere in St. Ingbert. Und was das denn soll mit der Straßensperrung vor der Kirche, und überhaupt: Steinmeier in St. Ingbert, völlig unnötig und so weiter und so fort. Man hat eigentlich nur noch darauf gewartet, dass jemand vorschlägt, der Mann aus Berlin möge sich doch mit einem Bobbycar fortbewegen, um gefälligst seine CO2-Bilanz zu verbessern.

Ich weiß ja nicht, an wem sich solche Leute aufrichten, wenn sie schon den höchsten Repräsentanten unserer Republik nicht wertschätzen. Wenn sie nicht ein bisschen stolz darauf sind, dass ihre Stadt ausgewählt wurde für die ZDF-Sendung „Weihnachten mit dem Bundespräsidenten“, die an Heiligabend im ganzen Land ausgestrahlt wird. Ich weiß es nicht, und ich will es auch gar nicht wissen.

Mal was anderes: Hanna schunn Eia Bäämche? Nein? Dann wird’s Zeit. Ich selbst habe dieses Jahr keines mehr, denn der Nachwuchs ist weg. Er hat sich erdreistet auszuziehen und dem Hotel Mama mit Waschküchenanschluss den Rücken zu kehren. Ich wusste gar nicht, wie schmerzhaft das ist. Und wie ich mich freue, ihn an Heiligabend zu verwöhnen. Was willschde dann esse, mei Kind? Kumm holl da noch e Knödel unn e Stück Flääsch, wer wääß, was Du sunnschd die Woch üwwa in Dich rinschaufelschd.

Weihnachten eben, in seiner schönsten Form. Mit der Familie – inklusive Nestflüchter.

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