Kolumne Podium als Prüfstand: Der Reiz der direkten Duelle

Was entscheidet bei der Urwahl der OB-Kandidaten? Starke Argumente beim direkten Aufeinandertreffen? Oder doch nur die persönliche Aura, die der Wähler besonders ansprechend empfindet?

Klumne von Manfred Schetting zu St. Ingbert
Foto: SZ/Robby Lorenz

Seit unsere Bürgermeister direkt von den Bürgern gewählt werden, sind sie auch lokal in der heißesten Wahlkampfphase Salz in der politischen Suppe: die Diskussionen mit allen Kandidaten auf einem Podium. Selbst das schmeichelhafteste Plakat und der bunteste Flyer verblassen gegenüber dem direkten Duell. Vor der OB-Wahl in St. Ingbert hat sich diesmal vor allem der Verein Handel & Gewerbe um den Vergleich der Bewerber Seite an Seite verdient gemacht. Bereits im Januar haben Nico Ganster und Co. Hans Wagner, Ulli Meyer und Sven Meier noch im kleineren Kreis und vor allem in eigener Sache, sprich zur Innenstadt und der Infrastruktur, „ausgequetscht“. Am Dienstagabend bot dann die Stadthalle die große Bühne für die drei Kontrahenten. Richtig Neues konnte auch eine Vielzahl von Bürgerfragen aus dem Trio aber nicht herauskitzeln. Dennoch war sein gemeinsamer Auftritt aufschlussreich - und das nicht für jene, die tatsächlich noch unentschlossen sind, ob und wo sie am 26. Mai ihr Kreuzchen machen.

Die Podiumsdiskussion als Ausdruck der Authentizität der Kandidaten haben aber auch andere entdeckt. Zum Wochenbeginn hat der Kinderschutzbund Wagner, Meyer und Meier auf den Zahn gefühlt. Am Donnerstagabend war auch in Blieskastel den dortigen Bürgermeister-Kandidaten ein Podium bereitet, diesmal im Jugendzentrum P-Werk. Und kurz vor der Wahl hat auch noch die Ortsgruppe St. Ingbert von „Friday for Future“ eine Podiumsdiskussion mit den drei OB-Kandidaten in der Mittelstadt angekündigt. Erwünschter Nebeneffekt: Die Kandidaten müssen sich dezidiert zu den Themen der Einladenden erklären.

Andere Möglichkeiten, im Kommunalwahlkampf mitzumischen, nutzt unterdessen die Bürgerinitiative „Rettet die Fideliswiese“ in St. Ingbert. Die Anwohner aus dem Südviertel der Stadt haben den drei Oberbürgermeister-Kandidaten und den Spitzenkandidaten der Parteien und Gruppierungen, die für den Stadtrat kandidieren, Wahlprüfsteine vorgelegt. Mit ihnen wollen die Bürger wissen, wie es die Kommunalpolitiker mit Plänen zur Bebauung der Grünfläche halten, deren Bestand sie sichern wollen. Und bald lädt die Bürgerinitiative zu einem öffentlichen Picknick auf die Fideliswiese. Dass am letzten Samstag vor der Wahl gepicknickt wird, ist kein Zufall.

So haben inzwischen die Kandidaten ihre liebe Mühe und Not, die vielen Interessengruppen unter den Wählern zu berücksichtigen. Doch die daraus folgende Agenda thematischer Versprechen hat es immer schwerer, die Wahl auch zu entscheiden. Gerade weil die Direktwahlen längst eine Eigendynamik entwickelt haben. Der Wählerblick konzentriert sich hier zusehends auf die Wirkung des Kandidaten. Auf eine im Wahlkampf kaum noch zu verrückende Sympathie oder Antipathie, sozusagen auf die Aura. Die Frage, wie der persönliche Stil der Bewerber gefällt, könnte da entscheidender sein als die Frage, was sich die Bewerber an Taten und Inhalten für ihr Amt vorgenommen haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort