Kita-Kinder lernen schon Französisch

Oberwürzbach. "Qu'est-ce que tu fais, Moritz?", fragt Tania Clarenbach auf der Treppe des Oberwürzbacher Kindergarten-Provisoriums. Sie hilft ein paar Kindern in die Jacken und redet dabei mit für deutsche Ohren ausgesprochen singender Sprachmelodie. Die Kinder folgen ihren Aufforderungen ganz selbstverständlich

Oberwürzbach. "Qu'est-ce que tu fais, Moritz?", fragt Tania Clarenbach auf der Treppe des Oberwürzbacher Kindergarten-Provisoriums. Sie hilft ein paar Kindern in die Jacken und redet dabei mit für deutsche Ohren ausgesprochen singender Sprachmelodie. Die Kinder folgen ihren Aufforderungen ganz selbstverständlich. "L'autre chaussure, Moritz", wendet sie sich wieder dem Jungen zu. Na so was. Tatsächlich ist da ja der rechte Schuh am linken Fuß. Der Junge schaut an sich herunter, lächelt und streift den "chaussure" ab. Bis alle Schals am richtigen Hals, alle Schuhe angezogen und die Jacken geschlossen sind, vergeht eine Weile. Es ist kurz vor zwölf Uhr mittags. Die Betreuerinnen gehen mit den Kindern auf den Hof hinter der Hasenfelsschule. Bis der abgebrannte Kindergarten wieder steht, sind sie hier untergebracht. Unter den Kindergärtnerinnen ist Tania Clarenbach ein neues Gesicht. Seit 1. September ist sie mit 25 Stunden pro Woche in der Einrichtung. Die Stadt St. Ingbert hatte beim Bildungsministerium die Aufnahme der Kindertagesstätte in das Landesprogramm "zweisprachige Erziehung im Kindergarten" beantragt und im Juli den Zuschlag erhalten (wir berichteten). Clarenbachs Job finanzieren Land und Kreis. Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre ausgelegt. So fließend wie im Französischen unterhält sich die 35-Jährige auch auf Deutsch. Geboren in Lille, lebt Clarenbach schon 15 Jahre in Deutschland. Sie hat in den vergangenen beiden Jahren bereits in Saarbrücken die französische Sprache in Kindergärten gebracht. Am Anfang, berichtet Clarenbach, gab es in der Kita Oberwürzbach schon verdutzte Blicke bei den Kindern. Und manchmal wurde sie auch von den Kleinen verbessert mit der deutschen Vokabel, wenn sie einen Gegenstand beim französischen Namen nannte.Zum alltäglichen Gebrauch Französische Sätze ins Deutsche zu übersetzen kommt nicht in Frage. Die fremde Sprache soll einfach in den Alltag einfließen. "Am Anfang habe ich viel mit Mimik und Gestik gearbeitet", erläutert die junge Frau. Zwei Monate später ist das nicht mehr nötig.Kita-Leiterin Sonja Paulus-Schaum legt großen Wert auf den alltäglichen Gebrauch der fremden Sprache: "Wir wollen keine verschulte Situation." Vor dem bilingualen Projekt habe es in Oberwürzbach eine Kooperation mit der Volkshochschule gegeben. Einmal die Woche wurde da Französisch im Kindergarten angeboten. Allerdings sei das für Kinder gewesen, deren Eltern dafür zahlten. Mit der französischen Erzieherin im Team habe die Kita jetzt einen ganz anderen Zugang zu der Nachbarsprache. Paulus-Schaum: "Es ist viel mehr als Wissensvermittlung." Dennoch spielt der Wissenserwerb eine Rolle. Das Bildungsministerium, führt Thea Holzer von der Stadtverwaltung aus, lege bei dem Projekt Wert auf Kooperation von Kindergarten und Grundschule. Der mündliche Wortschatz, den sich die Kleinen im Kindergarten aneignen, soll in der Grundschule als Grundstock für weiteren Spracherwerb dienen.Mit den Oberwürzbacher Kindern hat Tania Clarenbach bereits ein Laternenlied in ihrer Muttersprache gelernt. Auch das Aufräumen fällt mit einem französischen Begleitlied leichter. Natürlich geben die Kinder noch keine Antworten auf Französisch. Aber sie begrüßen und verabschieden ihre neue Erzieherin in deren Sprache. Und eine Mutter hat Clarenbach diese Woche berichtet, ihr Kind habe daheim beim Spielen ein paar französische Worte benutzt.

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