Katzenklo-Kuchen und „Lügner“ gehen der Kommunalaufsicht zu weit

St Ingbert · Weil Bürger eine Fragestunde in eine Protestaktion verwandelt hatten und uneingeschränktes Rederecht erhielten, gingen Stadtratsmitglieder gegen den OB vor. Die Kommunalaufsicht teilte nun ihre Ansicht mit.

Die Kommunalaufsicht des Landesverwaltungsamtes hat sich mit Beschwerden von Bündnis 90/ Die Grünen, CDU , der Familienpartei und Stadtratsmitglied Herdis Behmann gegen den Oberbürgermeister Hans Wagner beschäftigt. Ihm wird vorgeworfen, die Bürgerfragestunde zu den Müllgebühren am 10. März nicht korrekt durchgeführt zu haben. Statt Fragen zu stellen, hatten die Bürger unter anderem lange Erklärungen vorgelesen und die Veranstaltung in eine Protestaktion verwandelt. Wagner habe zudem nicht von seinem Hausrecht gebraucht gemacht, als dem Grünen-Beigeordneten Adam Schmitt ein Katzenklo-Kuchen überreicht wurde und Petra Schweitzer (SPD ) ihn einen Lügner genannt hatte.

Die Kommunalaufsicht teilt dazu Folgendes mit: "Ob und in welchen Fällen der Oberbürgermeister im Verlauf der Einwohnerfragestunde vom 10. März Maßnahmen der Ordnungshandhabung und/oder des Hausrechts hätten ergreifen müssen, kann letztlich nur unter dem Eindruck der konkreten Situation entschieden werden." Dennoch pflichtet sie in gewissen Punkten der Meinung der Kritiker bei. Nach ihrer Auffassung hätte Wagner "nicht nur als Sitzungsleiter, sondern auch als Dienstvorgesetzter, der zum Schutz der Ehre seines Beigeordneten als Ehrenbeamter verpflichtet ist" einschreiten sollen, als Adam Schmitt ein "Katzenklo" überreicht bekam, was "durchaus als ehrverletzend empfunden werden kann". Genauso hätte Wagner eingreifen müssen, als Schmitt als Lügner bezeichnet wurde.

Die Kommunalaufsicht bittet den Oberbürgermeister in ihrem Schreiben darum, künftig den Stadtrat darüber Beschluss fassen zu lassen, etwa die Fragezeit zu verlängern. Denn "das Verlesen langer vorbereiteter Erklärungen ist mit dem Charakter einer Fragestunde nicht zu vereinbaren."

Oberbürgermeister Hans Wagner nimmt zur Kenntnis, dass die Kommunalaufsicht ihn auf die Beachtung seiner Pflichten hinweist. Sollte nochmals jemand als Lügner bezeichnet werden, wolle er dies in Zukunft ahnden, auch wenn er es in der vergangenen Bürgerfragestunde als Meinungsäußerung akzeptiert und als ordnungsgemäß empfunden habe. Ebenso sei das "Katzenklo" letztlich ein Kuchen gewesen, ein Symbol, das die Meinung der Bürger wiedergegeben habe. Ihm selbst wurde vor Kurzem in einer Sitzung eine rostige Pedale als Flop-Preis für Verkehrspolitik vom Landesverband des Verkehrsclubs Deutschland überreicht worden. Wenn in Stadtratssitzungen Kritik gegen die Stadtverwaltung geäußert wurde, habe er dies schlicht hingenommen. Nun gehe die Kritik gegen die Stadtratsmehrheit "und schon schlagen die Wogen hoch", sagt er. "Auch wenn eine Stadtratsmehrheit wegen Fehlentscheidungen keine Kritik verträgt, darf das Recht der Bürger , ihre Meinung zu äußern, nicht eingeschränkt werden." In seinen zwölf Jahren Stadtratserfahrung habe niemand auf die Redezeit geachtet. Wagner kündigt daher an, dass er vor der nächsten Stadtratssitzung am Donnerstag eine neue Bürgerinformationsveranstaltung anbieten werde, in der Bürger uneingeschränktes Rederecht erhielten.

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