Kunst statt Gottesdienst Kunst ersetzt in Kirchen die Gottesdienste

St. Ingbert · In der Alten Kirche und der Kirche Herz Mariae sind Installationen zu sehen. Sie lehnen sich an den Kreuzweg für Erwachsene an.

 Die Installation in der Alten Kirche in der Fußgängerzone.

Die Installation in der Alten Kirche in der Fußgängerzone.

Foto: Jörg Martin

Wer derzeit in die Engelbertskirche oder in die Kirche Herz Mariä geht, wundert sich möglicherweise. Dort befinden sich farbige Stäbe auf den Bänken und allerlei untypische Gegenstände an den Altären. Fast kann man den Eindruck gewinnen, auf den Bänken habe jemand was vergessen, beziehungsweise an den Altären wären Handwerker zugange, die noch nicht fertig sind.

Dem ist nicht so. Es handelt sich bei den Stäben um eine Teil-Anlehnung an den Kreuzweg für Erwachsene mit dem Titel „Uns grünt deine Hoffnung“ des Misereor-Hilfswerkes. Die Stäbe sind in der Alten Kirche verhüllt und von der Anzahl geringer. Bei den Dingen an den Altären handelt es sich um Installatioen der Kirche. Als klar war, dass wegen Corona die Gottesdienste und somit auch Karfreitag ausfallen werden, hatten die Gruppen Kolibri, Musenbolde und der Frauenchor von Herz Mariä die Idee, eine Art Ersatzangebot zu schaffen. Damit stieß Jochen Becher bei Pfarrer Daniel Zamilski auf offene Ohren. Der Lektor von Herz Mariä hatte mit Waltraud Schwarz, Sonja Nickolai und Melanie Viehl auch schnell ein Team zusammen. Man kennt ihn als Leiter der Theatergruppe Musenbolde.

„Die Menschen brauchen einen Raum“, ist sich Jochen Becher im Gespräch mit unserer Zeitung sicher. „Das Ganze wird jeden Tag ein Stück ausgebaut“, beschreibt er die Aktion. So hat man in Herz Mariä das „Buch der Gedanken“ ausgelegt. Darin können Kirchenbesucher Dinge, die sie bewegen, hineinschreiben. Immer mehr Gläubige machen davon Gebrauch. Gebete, Wünsche und natürlich das Thema Corona sind vorherrschend. Auch der symbolisierte Pilates-Thron, garniert mit einem blauen Tuch, ist im Gotteshaus in der Rockentalstraße symbolisch platziert. Dabei fällt auf, dass auch die Osterkerze auf der anderen Seite steht, was Unfreiheit symbolisieren soll. Die Erlösung hat ihren Platz auf der anderen Seite.

Im Gotteshaus in der Fußgängerzone geht es um das gefangen sein. Ostern stehe für die Befreiung, erklärt Becher Auch hier gibt es wegen der aktuellen Situation Parallelen wegen der Ausgangsbeschränkungen. Zettel mit guten Gedanken können beschriftet und an das Gitter am Altar geheftet werden. Das Metallteil wird von Tag zu Tag voller, freut sich der Organisator. Das Ganze entwickelt sich täglich weiter. In welche Richtung muss sich erst noch zeigen. Die Osternacht sei das letzte Teil, so Becher.

 Die Installation in der Kirche Herz Mariä in der Rockentalstraße.

Die Installation in der Kirche Herz Mariä in der Rockentalstraße.

Foto: Jörg Martin

Nur wenige Besucher missverstehen das Ganze. Die Meisten fassen es positiv auf. Jochen Becher freut sich darüber, dass in beiden Kirchen die Installation gut besucht sei. Und das, obwohl natürlich die Vorgaben von Corona eingehalten werden. Es gibt keine Werbung. Nur Mundpropaganda. „Wir haben bewusst auf eine Beschreibung verzichtet“, erklärt auch Pfarrer Zamilski gegenüber unserer Zeitung. Kunst erkläre sich selbst, so der Geistliche. So sollen Besucher neugierig werden und sich das Ganze näher ansehen. Corona hat indirekt Auswirkungen auf einen Teil der Installation. „Ich kriege keine Leinwände mehr“, sagt Becher. Wie lange das Ganze geht, ist noch nicht sicher. Aber bis mindestens eine Woche nach Ostern.

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