Trockener Wald Der Waldboden ist knochentrocken

Homburg/St Ingbert · Die Wälder leiden unter der Trockenheit, denn sie brauchen Sommerregen, der komplett ausgeblieben ist. Die Fichten sind nicht mehr zu retten, aber auch die heimischen Buchen leiden. Wir sprachen mit Revierförstern.

In Deutschland regnet es eigentlich immer irgendwo, mal bringt ein atlantischer Tiefausläufer Regen in den Western, ein Tief über Skandinavien graues Regenwetter in den Norden oder eine östliche Kaltfront Niesel und Nebel nach Mitteldeutschland. Und man ist froh, dem Sommer maximal drei Wochen schönes warmes Wetter abzugewinnen, bei dem man auch mal ins Freibad gehen kann. Postkarten aus dem Süden berichteten früher von warmen Abenden, die es hier kaum gab. Aber immerhin: den Wäldern ging es dabei prächtig.

Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. 2019 war ein extrem trockener heißer Sommer – und nun haben wir schon wieder einen. „Die Situation in unseren Wäldern ist stark angespannt. Durch den frischen Blattaustrieb wirkt der Wald auf den ersten Blick zwar vital, doch die aktuellen Entwicklungen lassen befürchten, dass noch in diesem Jahr 500 000 Hektar Wald geschädigt werden“ warnt Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Bereits die beiden vergangenen Jahre 2018 und 2019 seien außergewöhnlich trocken und heiß gewesen. 2018 war das wärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen von 1881. Neben den hohen Temperaturen führe der fehlende Niederschlag zu erhöhtem Trockenstress für die Wälder – sichtbar durch die vermehrt absterbenden Fichtenwälder und die zunehmenden Waldbrände.

Wie sieht es im Saarpfalz-Kreis aus? Wir befragten dazu Revierförster der Region. Sie kommen alle zum selben Ergebnis: nicht gut. Der Bexbacher Revierförster Heiner Scherer beklagt, dass die Borkenkäfer seit 14 Tagen wieder verstärkt am Fressen sind, „sie geben den Fichten den Rest, die mit diesem Klima sowieso schon nicht zurecht kommen.“

Nun wären die Fichten, die größtenteils als Wirtschaftsholz – auch für die saarländischen Gruben – angebaut wurden, nicht der größte Verlust, denn man hätte sie nach und nach ohnehin ersetzt. „Aber auch die Bäume, die hierher gehören wie die Buchen, leiden sehr unter der Trockenheit“, so Scherer, „derzeit sieht der Wald ja noch recht grün aus, was daran liegt, dass es wenigstens im Frühjahr ordentlich geregnet hat. Aber die wahren Schäden werden wir im kommenden Jahr erst sehen.“

Auch im St. Ingberter Forst sieht es nicht besser aus. Joachim Stelzer vom Saarforst-Landesbetrieb sagt zum Zustand des Waldes in diesem extrem trockenen Sommer: „Wir haben jetzt binnen fünf Jahren vier trockene Jahre. In den ersten drei Jahren hat es vor allem alte Bäume getroffen, vor allem Buchen. In diesem Jahr leiden zunehmend auch die jungen Bäume.“ Es sei systemgefährdend, was derzeit im Wald geschehe. Die Konsequenzen trockener und heißer Sommer werden schlimmer, zeigt sich wie an anderen Stellen im Saarpfalz-Kreis auch um die Stadt St. Ingbert. Deshalb arbeite der Saarforst in St. Ingbert daran, bei Neupflanzungen Baumarten anzusiedeln, die möglichst gut mit den sich ändernden Bedingungen umgehen können. Am Kahlenberg etwa haben die Forst-Leute in diesem Frühjahr Traubeneichen, Kastanien, Linden und Weißtannen gepflanzt, um resistentere Arten in den Wald zu bringen. Solche Pflanzungen sind davon abhängig, dass die jungen Triebe genug Wasser bekommen, um ihre Wurzeln tief in den Boden zu schlagen. Stelzer geht davon aus, dass auf diesem Areal einiges nachgepflanzt werden muss im nächsten Frühjahr.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium bezifferte die geschädigte Waldfläche für die Jahre 2018 bis 2020 auf 245 000 Hektar. Etwa 90 Prozent des betroffenen Holzes entfallen dabei auf Nadelholz, der Anteil von Nadelwäldern liegt derzeit noch bei über 50 Prozent. Allerdings nicht mehr im Saarland, hier hat Saarforst schon vor einigen Jahren dagegengesteuert und verstärkt Mischwälder angepflanzt. Das geschieht oft in eingezäunten Schonungen, damit die jungen Pflanzen nicht vom Wild verbissen werden. „Der Waldboden ist so steinhart und vertrocknet, dass unsere Leute gar keine Pfähle mehr in den Boden schlagen konnten, um die Jungbäume zu befestigen“, sagt Martin Eberle, Revierförster von Kirkel, „das klingt verrückt, denn normalerweise ist Waldboden locker. Aber derzeit ist der Boden so knochentrocken, dass da gar nichts mehr geht“.

Ein Gewitter-Regenguss würde da gar nicht helfen, „im Gegenteil, der schwemmt uns noch den Boden weg und unterspült die Wege, aber an die Bäume, die das Wasser dringend bräuchten, kommt er gar nicht ran.“ Schön wären drei bis vier Wochen Dauerregen, „so ein richtiger sanfter Landregen, der die Böden langsam wieder lockert und dafür sorgt, dass die Nässe bis in die Wurzeln vordringen kann.“ Geschädigt seien junge und alte Bäume gleichermaßen, „man sieht es an zu frühem Laubabfall, auch im eignen Garten.“ Im Homburger Forst, für den Joachim Altmeier zuständig ist, sieht es kaum besser aus, „auch die schattigen Plätze im Wald, die auch bei Trockenheit immer noch für ein leicht feuchtes Wald-Innenklima sorgen, sind vertrocknet.“ Die komplette Vegetation sei auf Sparflamme gegangen, mancherorts sind die Heidelbeersträucher komplett weggetrocknet, „die Krautschicht, die maßgeblich für die Bodenfeuchte zuständig ist“, wie Altmeier sagt, „ist auch verdorrt, das bedeutet, dass die Baumwurzeln von oben auf keine Feuchtigkeitsreserven zurückgreifen können.“

Altmeier befürchtet, „dass das ganze Ausmaß erst im kommenden Jahr sichtbar wird.“ Sollte es demnächst wieder dauerhaft regnen, „dann nützt das auch nicht mehr viel, denn es geht ja in die Winterperiode. Die Vegetation braucht nun mal das Wasser in der Wachstumszeit, und da ist seit Juni so gut wie nichts runtergekommen.“

Auch Eichen und Buchen sind deutlich geschädigt.

Auch Eichen und Buchen sind deutlich geschädigt.

Foto: Heike Jungmann

Ein paar kräftige Sommerregen, mindestens 10 Tage im Juli und August, „das ist es, was der Wald bei uns braucht, darauf ist er auch eingestellt.“ Solche heißen und trockenen Sommer wie diesen gab es schon immer, „aber die Abfolge wird immer kürzer“.

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