Programm Kinowerkstatt In göttlicher Ordnung um die Welt

St. Ingbert · Die Kinowerkstatt zeigt unter anderem „Die göttliche Ordnung“. Hier steht der gesellschaftliche Umschwung im Vordergrund.

 Szene aus dem Film „Die göttliche Ordnung“: Hier scheint für die junge Familie in der Schweiz der 70er Jahre noch alles in Ordnung.

Szene aus dem Film „Die göttliche Ordnung“: Hier scheint für die junge Familie in der Schweiz der 70er Jahre noch alles in Ordnung.

Foto: Daniel Ammann

(red) Der Überrraschungshit des Sommers ist der Film „Weit“ von Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier. Es ist die Geschichte von einem Weg um die Welt! (Deutschland 2017, 125 Minuten), zu sehen in der Kinowerkstatt am heutigen Freitag, 25. August, und am Samstag, 26. August, jeweils um 20 Uhr. Einmal um die Welt reisen und fremde Kulturen kennenlernen, und das zu Fuß oder per Anhalter: Das haben Gwendolin Weisser und Patrick Allgaierrund drei Jahre lang gemacht. In Freiburg haben sie 2013 ihre Reise gen  Osten begonnen, um am Ende nach fast 100 000 Kilometern aus dem Westen wieder nach Hause zurückzukehren.  Ohne zu fliegen und mit einem kleinen Budget in der Tasche erkundeten sie die Welt, stets von Neugierde und Spontanität begleitet. Im Mittelpunkt der Reise standen dabei immer die unmittelbare Nähe zu den Menschen und der Natur. Auf der Reise per Anhalter durch Länder wie Tadschikistan, Georgien und den Iran erleben Gwen und Patrick ständig Neues. Doch die größte Überraschung wartet auf die beiden im sibirischen Irkutsk. Nur so viel sei verraten - Gwen und Patrick kamen schließlich zu dritt nach Hause. Die Weltumrundung vollendeten die beiden nach einer Schiffspassage von Costa Rica nach Spanien mit einem 1200 Kilometer Fußmarsch bis vor die Haustüre in Freiburg. Der Film wurde mittels eines Crowdfunding-Projekts finanziert. Dabei haben fast 1000 Unterstützer über 35 000 Euro zusammengetragen. Es waren auch welche aus St. Ingbert dabei.

Der Film „Die göttliche Ordnung“ (Schweiz 2016) läuft am Sonntag, 27. August, um 18 Uhr und am Montag, 28. August, um 18 Uhr in der Kinowerkstatt. Der Film kommt zum richtigen Zeitpunkt, und sein Titel könnte treffender nicht sein: Die Regisseurin Petra Volpe erzählt den Kampf um die Einführung des Frauenstimmrechts am Beispiel der braven  Heldin Nora Ruckstuhl, Hausfrau und Mutter von zwei Kindern. In einem Appenzeller Dorf beginnt sie sich langsam, aber hartnäckig für das Frauenstimmrecht einzusetzen - und dafür, wieder berufstätig sein zu können. Nur Socken waschen und den tyrannischen Schwiegervater bedienen, das reicht ihr nicht. Als sie dies ihrem Mann anvertraut, verbietet der ihr, eine Stelle zu suchen - und kann sich dabei auf das Gesetz berufen: Bis 1988 befahl das Schweizer Eherecht, dass der Mann als Oberhaupt der Familie nicht nur allein über das Geld verfügen, sondern auch entscheiden durfte, ob die Gattin arbeiten gehen darf oder nicht. Die göttliche Ordnung ist nicht zuletzt deshalb ein wichtiger Film, weil die jüngere Generation kaum mehr etwas über diese Kämpfe weiß: über die späte Korrektur der größten politischen Schande des modernen Bundesstaates - und darüber, dass die Demokratie in der Schweiz darum erst 46 Jahre alt ist. „Frauen in der Politik sind gegen die göttliche Ordnung“, sagt die einzige Frau im Dorf, die was zu sagen hat - als Erbin einer Sägerei. „Die göttliche Ordnung“ endet trotzdem mit einem Happy End: Das Frauenstimmrecht wird am 7. Februar 1971 an der Urne angenommen.

Der Kult-Film „Fahrenheit 451“ (Frankreich 1966) von François Truffaut läuft am Montag, 28. August, um 20 Uhr in der Kinowerkstatt. In einer nicht allzu fernen Zukunft lebt eine Gesellschaft nach dem Prinzip des hedonistischen Glücksstrebens. Da Bücher als Medium sich mit Problemen und Konflikten auseinandersetzen, werden diese als unglücksstiftend angesehen und sind gesetzlich verboten. Die Feuerwehr hat die Aufgabe, Bücher aufzuspüren und zu verbrennen, um das gesellschaftliche Glück zu sichern.  Fahrenheit 451 ist die Temperatur, bei der Papier sich entzündet. Diese Zahl kennt der Feuerwehrmann Montag (Oskar Werner) genau, denn irgendwann in der Zukunft ist es verboten, Bücher zu besitzen oder zu
lesen. Aufgabe der Feuerwehr ist es daher, noch vorhandene Restbestände aufzuspüren und zu verbrennen. Ihre starrköpfigen Besitzer werden der Polizei übergeben. Auf dem Weg nach Hause lernt Montag Clarisse kennen, eine Lehrerin, die nach einer Gesinnungsprüfung nicht mehr unterrichten darf, weil sie leidenschaftlich Bücher liest. Aus Neugierde beginnt Montag heimlich Bücher von den Einsätzen mitzunehmen und nachts in seiner Wohnung zu lesen. Schon bald fängt er an, seine Arbeit und das hedonistische Leben zu hinterfragen, was zu Konflikten mit seiner Frau führt, die nicht bereit ist, ihr glückliches Leben aufzugeben. Clarisse muss untertauchen, nachdem sie in das Visier der Feuerwehr geraten ist. Sie trifft sich ein weiteres Mal mit Montag und kündigt an, zu den „Buchmenschen“ zu flüchten, die abseits der Gesellschaft in den Wäldern leben und jeweils ein Lieblingsbuch auswendig lernen, damit dieses nicht in Vergessenheit gerät. Der Film endet mit einer der schönsten Szenen der Filmgeschichte, wenn es Montag gelingt, die Buchmenschen aufzuspüren, bei denen auch Clarisse inzwischen untergekommen ist. Beide beginnen nun ihrerseits ein Buch auswendig zu lernen, um es der Nachwelt zu erhalten.

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