In der Koalitionsfrage halten sich alle bedeckt

St Ingbert · Die Volksparteien gehen als Gewinner aus den Kommunalwahlen, feierten ihr Ergebnis aber ganz unterschiedlich. Die Familien-Partei stürzte in Rohrbach ab, ließ sich davon aber nicht beeindrucken. Die Liste „Wir für St. Ingbert“ wiederum war stolz über ihr Abschneiden. Ein Stimmungsbild.

 Pascal Rambaud, Ursula Schmitt und Ulli Meyer (von links) lassen im Millenium ihrer Freude freien Lauf. Foto: Jörg Jacobi

Pascal Rambaud, Ursula Schmitt und Ulli Meyer (von links) lassen im Millenium ihrer Freude freien Lauf. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi
 Siegfried Thiel, Sven Meier und Ruth Henrich bei der Wahlparty der SPD im SV-Sportheim. Foto: Cornelia Jung

Siegfried Thiel, Sven Meier und Ruth Henrich bei der Wahlparty der SPD im SV-Sportheim. Foto: Cornelia Jung

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 Von Trauer um Rohrbach keine Spur: Spitzenkandidat Roland Körner hält ein Wahlplakat seiner Familien-Partei hoch. Foto: Cornelia Jung

Von Trauer um Rohrbach keine Spur: Spitzenkandidat Roland Körner hält ein Wahlplakat seiner Familien-Partei hoch. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung
 „Wir für St. Ingbert“: Das erste Mal dabei und fünf Prozent geholt: Das Team um Dominik Schmoll (Mitte) jubelte Sonntagabend. Foto: Jung

„Wir für St. Ingbert“: Das erste Mal dabei und fünf Prozent geholt: Das Team um Dominik Schmoll (Mitte) jubelte Sonntagabend. Foto: Jung

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 Die Stellwände können wieder eingemottet werden. Foto: Jacobi

Die Stellwände können wieder eingemottet werden. Foto: Jacobi

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Im Foyer des St. Ingberter Rathauses waren am Sonntagabend fast nur die Profis zugegen. Einige Stadtratsmitglieder hatten sich in ihren jeweiligen Fraktionszimmern getroffen und kamen nach und nach die Treppe herunter, um die einlaufenden Ergebnisse auf den Bildschirmen zu begutachten. Die Stimmung war dabei gedämpft. Ob CDU- oder SPD-Spitzenkandidat, überschwängliche Freude war nicht auszumachen. Vielleicht waren die St. Ingberter Kommunalpolitiker im Kopf schon einen Schritt weiter und dachten über die Schwierigkeiten einer Koalitionsbildung nach.

Keinen Grund zu "Triumphgeheul" sah Pascal Rambaud (CDU), auch wenn seine Partei das Ergebnis verbesserte und mit 17 Mandaten wieder klar stärkste Kraft im Rat ist. Er werde allen Gruppierungen Gespräche anbieten für eine Zusammenarbeit, sagte Rambaud, und betonte das "allen" deutlich, womit auch sein ehemaliger Parteifreund Markus Gestier (UCD) eingeschlossen ist. Die Christdemokraten saßen später in der Kneipe Millenium zusammen. Der Laden war gerammelt voll und die Stimmung steigerte sich im Laufe des Abends merklich.

Wahlhelfer erschöpft Die SPD lud zu ihrer Party ins Sportlerheim des SV St. Ingbert ein. Siegfried Thiel, Spitzenkandidat für den Ortsrat-Mitte, und Sven Meier, der die Liste für den Stadtrat anführt, waren mit dem Wahlausgang zufrieden. Trotz guten Wahlausgangs hält sich die Stimmung in Grenzen. Viele Parteimitglieder waren als Wahlhelfer beim Stimmenauszählen dabei und sind entsprechend erschöpft. Nach einem Anstandsbier gehen einige totmüde nach Hause. Aber nicht, ohne Theophil Gallo zuvor noch per Telefon zu seiner künftigen Aufgabe als Landrat zu gratulieren. Jan Henrich und Charlotte Dahlem, Asta-Vorsitzende an der Uni des Saarlandes, haben an diesem Abend den Computer im Blick, auf dessen Oberseite der Aufkleber "Scheißverein" klebt. Sven Meier nimmt das humorig. Kann er auch bei fast fünf Prozent mehr Stimmen als 2009. Zur Koalitionsfrage äußert er sich nur verhalten: "Wir werden das Ergebnis in den Gremien besprechen." Mit großen Bündnissen habe man ja schon Erfahrungen gemacht, schiebt er hinterher.

Die Familien-Partei feierte ihre Wahlparty im Hotel "Edelweiß". Gegen 20.30 Uhr sind nur Albrecht Hauck und Roland Körner vor Ort und kleben mit ihren Blicken auf den Bildschirmen ihrer Laptops. Zu diesem Zeitpunkt sind noch nicht alle Wahlbezirke ausgezählt. "Wir hatten für Rohrbach als Devise ,20 Prozent plus X' ausgegeben. Da können wir doch mit 26,5 Prozent zufrieden sein", sagt Körner. Trotzdem findet Hauck das Ergebnis für den größten St. Ingberter Ortsteil "Scheiße". Bei der vorangegangenen Wahl mit 40 Prozent Stimmen in Rohrbach hätte schon eine Rolle gespielt, dass man mit Hans Wagner den Oberbürgermeisterkandidaten stellte. Ein Mitglied ruft: "Der Hans muss nochmal nach Rohrbach gehen und die Leute aktivieren." Mittlerweile ist Ursula Litzenburger, Kandidatin der Familien-Partei für den Ortsrat Hassel eingetroffen und freut sich mit Hassels Spitzenkandidat Roland Weber über zwei Sitze in dem Gremium.

Zwei neue Mitglieder Ihre Euphorie muss ansteckend sein. Denn sie winkt mit zwei ausgefüllten Anträgen zweier bisheriger Sympathisanten, die sie mal eben noch für die Familien-Partei eingeworben hat. Dann steht das Endergebnis mit sechs Sitzen im Stadtrat fest. Roland Körner: "Geil". Die Neuigkeit wird gleich per Internet-Telefonie dem eben ins Europäische Parlament gewählten Spitzenkandidaten der Partei, Arne Gericke, mitgeteilt. Eine Wahlparty via Skype.

Die Bürgerliste "Wir für St. Ingbert" ist Neueinsteiger bei dieser Wahl. Über fünf Prozent, das fanden die Mitglieder wahnsinnig gut. Sie feierten im "Zum Babba" in der Ensheimer Straße. Die Fraktion sei "das große Ziel" gewesen, sagt Dominik Schmoll. Wie es nun weitergehe im Stadtrat, liege zunächst einmal bei den beiden großen Parteien. "Wir für St. Ingbert" sei auf jeden Fall für ein aktives Gestalten angetreten, nicht für eine fundamentale Opposition. Die Grünen bleiben mit drei Sitzen im Stadtrat gleich stark. Spitzenkandidat Jürgen Berthold: "Natürlich wäre ein vierter Sitz mal schön. Aber die Konkurrenz ist gewachsen und man musste nach dem Wegfall der Fünf-Prozent-Klausel erst einmal sehen, wie sich das auswirkt." Wenig in Feierlaune war am Sonntagabend Andreas Gaa, FDP. Sein Team habe einen engagierten Wahlkampf geführt und sich in der Sacharbeit im Rat nichts vorzuwerfen. Auch bei der Linken und der UCD sorgte das Abschneiden nicht gerade für Euphorie. Während Markus Gestier, der als einziger künftig die Unabhängigen Christdemokraten im Rat vertreten wird, auf eine wachsende Bekanntheit setzt, um in fünf Jahren stärker zu werden, sieht Doris Ducke-Sellen (Linke) ihre primäre Aufgabe darin, mit sachlicher Arbeit zu punkten. Im Stadtrat wird in der kommenden Legislaturperiode wie schon heute große Vielfalt herrschen, in den St. Ingberter Ortsräten ist die Tendenz abgesehen vom Ortsrat-Mitte gegenläufig. In den Stadtteilen Rohrbach und Hassel wird neben CDU und SPD noch die Familien-Partei im Gremium vertreten sein, in Rentrisch und Oberwürzbach sitzen sich nur noch Christ- und Sozialdemokraten gegenüber. Die CDU hat dabei auf Ortsratsebene mächtig abgeräumt.

In Rohrbach die absolute Mehrheit von der Familien-Partei zurückerobert, in Hassel, Rentrisch und Oberwürzbach die Mehrheiten verteidigt, im Ortsrat St. Ingbert-Mitte ist sie weiter stärkste Kraft. Und auch in Mitte ist es für die kleinen Parteien nicht gerade einfach, wie die Sitzverteilung zeigt. Linke Grüne, Familien-Partei und "Wir für St. Ingbert" sind jeweils mit nur einem Mandat vertreten. Zerrupft hat es die St. Ingberter FDP. Bis auf Oberwürzbach stand sie in allen Stadtteilen auf den Wahlzetteln. Für einen Ortsratssitz reichte es aber nirgends.

Gäbe es einen Preis für gute Wahlbeteiligung, er ginge nach Oberwürzbach. Dort sind von 1692 Wahlberechtigten 1313 Männer und Frauen an die Wahlurnen gepilgert. Das sind 66,45 Prozent. Deutlich über dem Schnitt liegen auch Rentrisch (58,8 Prozent) und Hassel (58,03 Prozent). Die schlechteste Beteiligung verzeichnet die Stadt St. Ingbert. Das Ortsratsergebnis weist 49 Prozent aus. Auffallend ist zudem, dass in Rohrbach nach dem Erdrutsch-Sieg der Familien-Partei vor fünf Jahren eine gewisse Wahlmüdigkeit zu verzeichnen ist. Damals gingen 58 Prozent der Wähler ins Wahllokal, diesmal waren es 51,5 Prozent. In absoluten Zahlen: Der CDU genügten am Sonntag 1273 Kreuzchen für die absolute Mehrheit, die Familien-Partei hatte 2009 hingegen 1506 Wähler von ihrer Sache überzeugt.

Große Betroffenheit hat das Ergebnis im zweitgrößten Stadtteil bei der Familien-Partei allerdings nicht ausgelöst. Sowohl Spitzenkandidat Roland Körner als auch Oberbürgermeister Hans Wagner, der 2009 die Partei so stark gemacht hatte, sprachen von einem Ergebnis, das zu erwarten gewesen sei. < weitere Wahlberichte C 2, 3 und 5

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