In Christuskirche wird gebetet und gemalt

St Ingbert · Künstler Tobias Kammerer vervollständigte im Sonntagsgottesdienst durch Wandmalerei sein Kirchenfenster-Projekt.

 Während des Gottesdienstes am Sonntag in der Christuskirche ergänzte der Künstler Tobias Kammerer (rechts) seine Glaskunst um die Wandmalerei. Auch Pfarrer Fred Schneider-Mohr war zufrieden. Foto: Cornelia Jung

Während des Gottesdienstes am Sonntag in der Christuskirche ergänzte der Künstler Tobias Kammerer (rechts) seine Glaskunst um die Wandmalerei. Auch Pfarrer Fred Schneider-Mohr war zufrieden. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

Der Gottesdienst in der Christuskirche am vergangenen Sonntag war ein besonderer. "Wir feiern diesen Gottesdienst auf vielfältige Weise. Wir hören das Wort, wir beten, singen - und malen", sagte Pfarrer Fred Schneider-Mohr zu Beginn seiner Predigt. Es malten aber nicht die Kirchenbesucher, sondern Tobias Kammerer, dessen Gestaltung der Kirchenfenster er an diesem Morgen durch Wandmalerei vervollständigte. Ein Dreiviertel Jahr Arbeit steckt in dem Kunstwerk. Die Fenster mussten klimatechnisch ertüchtigt werden, so dass ihre künstlerische Gestaltung in diesem Zuge mitrealisiert wurde.

Dabei ist die Arbeit auf der mittlersten der aus drei Glasschichten bestehenden Scheiben mit Schmelzfarben auf Floatglas aufgebracht. Das Thema für dieses Werk hatten die diesjährigen Konfirmanden vorgegeben. Es ist die Geschichte über die Arche Noah, eine Geschichte, die 90 Prozent der Jugendlichen als die biblische Erzählung nannten, die ihnen am eindrücklichsten gewesen sei. Noah hatte ein Pärchen jeder Art von Lebewesen auf sein Boot geholt, um es vor der Sintflut zu bewahren und die Schöpfung zu erhalten. "In diesen Tagen ist die Metapher von der alles Leben bewahrenden Arche konterkariert durch die Boote, die Leben allzu oft nicht bewahren, sondern aufs Spiel setzen und Menschen dem Tod preisgeben", verwies Schneider-Mohr auf die Flüchtlingsströme.

Jeder der Gottesdienstbesucher sah in der Gestaltung der vier Fenster andere Details, die Raum für Interpretation ließen - Außerirdische, ein Phallus oder auch Wassertropfen. Von den zarten Farben angesprochen fühlten sich aber alle. In einem Nebenraum hingen farbintensivere Muster in verschiedenen Herstellungstechniken von handgemalt, mundgeblasen bis hin zum modernen Digitaldruck, die ebenfalls durchaus attraktiv waren. "Zunächst hatte ich mir kräftigere Farben gewünscht, weniger verwaschen.(...) Aber mit der Zeit hat sich das relativiert. Starke Farben würden den kleinen Raum zu sehr einengen", so der Pfarrer, "deshalb bin ich froh, dass wir uns nicht für die farbliche Maximalvariante entschieden haben."

Die von links nach rechts fortschreitende Zurücknahme der Farbe gebe dem Ganzen Dynamik, würde einen Weg aufzeigen. Die aquarelliert-wässrigen Farbflächen seien für das Foyer eine gute Lösung, die sich auch durch seine Funktion begründen lasse. Es sei ein Mehrzweckraum, ein Ort der Begegnung, ein Zwischenraum, der sich dem Altarraum anschließe. Die zarten Farben seien wie eine Membran, die eben nicht scharf abgrenze, sondern das wechselseitige Diffundieren zwischen sakral und profan überzeugend darstelle.

Die Arbeit mit Floatglas lasse dieses Verschwimmen und Ineinanderfließen der Farben zu. Man würde auf den ersten Blick nicht unbedingt an das Motiv der Arche Noah denken, wenn man die Fenster sehe, war sich Schneider-Mohr der Abstraktion bewusst. Doch der über die ganze Wand durchlaufende, aus mundgeblasenem Glas bestehende unterbrochene Bogen habe die Farben des Regenbogens, auch wenn sie hintereinander in einem elementaren Farbverlauf angeordnet seien. Und er stehe nicht als Himmelsbogen über allem, sondern liege "umgedreht und spiegelverkehrt auf der Erde" und bilde dadurch die Grundlinie eines Bootes, der Arche. "Ein genialer Einfall des Künstlers", so Fred Schneider Mohr. Auch der 49-jährige, international arbeitende Kammerer aus Rottweil erklärte sein Werk und vor allem die Wahl der Farben.

Er habe sich ausleben können und im Vorfeld selten solch ein Interesse an seinen Arbeiten erlebt. Man sei bei der Gestaltung im Dialog gewesen, Gemeindemitglieder seien sogar mit dem Bus in die Werkstatt gereist und hätten sich tief in die künstlerischen Möglichkeiten eingearbeitet. Zu seiner modernen Arbeit sagte er: "Ich wollte sie farblich ein Stück weit zurücknehmen, wollte nicht, dass es zu arg ,schreit'. In der Arbeit findet sich die Summe der Gedanken und Wünsche. "Wir müssen Antworten finden auf die Fragen unserer Zeit und müssen im 21. Jahrhundert auch in der Lage sein, dies in einer künstlerischen Sprache zu formulieren", so der Maler, Bildhauer und Architekt, "es ist wichtig, dass wir nicht nur zurückschauen."

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