Kreiskrankenhaus Große Herausforderungen in der Pflege

St. Ingbert · Das Kreiskrankenhaus St. Ingbert soll Pflegekompetenzzentrum werden. Nicht zuletzt deshalb stellte Professor Thomas Klie, Leiter des Instituts AGP Sozialforschung in Freiburg, dort den DAK-Pflegereport 2018 für den Saarpfalz-Kreis vor.

 Thomas Klie (rechts) erarbeitete die „Regionalanalyse Saarpfalzkreis“ des DAK-Gesundheitsreports 2018, die er unter anderem dem Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses St. Ingbert, Thorsten Eich, vorstellte.

Thomas Klie (rechts) erarbeitete die „Regionalanalyse Saarpfalzkreis“ des DAK-Gesundheitsreports 2018, die er unter anderem dem Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses St. Ingbert, Thorsten Eich, vorstellte.

Foto: Cornelia Jung

Solch ein Pflegereport analysiert die regionalen und lokalen Bedingungen für ein gelingendes Leben mit Pflegebedürftigkeit. Der Fokus liegt auf den An- und Zugehörigen als auch den Pflegebedürftigen selbst. Pflegekompetenzzentren (PKZ), wie der Saarpfalz-Kreis mit der DAK-Gesundheit eines in St. Ingbert am Kreiskrankenhaus (KKH) etablieren will (wir berichteten), verfolgen das Ziel, Ressourcen aus dem Gesundheits- und Langzeitpflegewesen effizient und synergetisch zu bündeln. Der Report legt dar, dass sich die Versorgung in der Pflege je nach Region erheblich voneinander unterscheidet. Deshalb wurden im Rahmen der Abhandlung vier deutsche Landkreise einer speziell auf Fragen der Pflege abgestimmten Infrastrukturanalyse unterzogen. Einer davon ist der Saarpfalz-Kreis, der Träger des Kreiskrankenhauses ist. „Wir haben zunehmend ältere Patienten. Der Demografiewandel wird uns schmerzlich treffen“, erklärte Landrat Theophil Gallo, warum die Einrichtung des PKZ so wichtig ist, „wir wollen uns diesem Thema auf jede Art und Weise nähern.“ Manchmal würden verschiedene Stellen am gleichen Thema arbeiten, aber eben auch oft aneinander vorbei. Das Wissen solle zentralisiert werden mit dem Hauptziel, eine bestmögliche Versorgung zu erreichen.

Thomas Klie ist so einer, der sich schon länger mit den demografischen Herausforderungen beschäftigt und seit mehreren Jahren für den Pflegereport verantwortlich ist. Er stelle mit seinen Mitstreitern die Frage „Wie gelingt die Pflege vor Ort?“. Auch in St. Ingbert wurde dieser Frage mit Hilfe von DAK-Routinedaten und einer Bevölkerungsbefragung intensiv nachgegangen, da Pflegestatistiken „das so nicht abbilden können“, wie der Experte sagte. Nicht überall fänden sich gleiche Pflegebedingungen. „Es ist ein Glücksfall, wo man lebt. Davon hängt ab, wie man versorgt wird.“ Überall sei die Infrastruktur eine andere. Es gebe viele Versprechen in der Pflegeversicherung, die aber nicht immer eingehalten werden. Daran könne auch ein Gesetz nichts ändern. „Es geht uns darum, mit Pflegebedürftigkeit trotzdem ein gutes Leben führen zu können, aber das gelingt nur, wenn wir gute Rahmenbedingungen vorfinden“, sagt er. Der Pflegemarkt sei renditeorientiert. Natürlich gehe es um Effizienz, aber die Pflege habe auch mit Kultur zu tun. „Sie stehen gut da, was die Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung betrifft“, bescheinigt Klie dem Geschäftsführer des KKH, Thorsten Eich. Der Anteil derer, die einen besonderen Versorgungsbedarf brauchen, nehme moderat zu. Der Anteil an ambulanter Pflege sei im Kreis niedriger als anderswo, denn die Pflege werde weitestgehend zu Hause bewältigt. „Es gibt keine Alternative dazu. Man hat Probleme, einen Pflegedienst zu kriegen, einen Platz in einer Wohngruppe oder einem Pflegeheim. Es wäre eine Katastrophe, wenn alle von derzeit 70 000 Pflegenden ihre Arbeit niederlegen würden“, malt der Wissenschaftler ein düsteres Bild, „die Pflegeversicherung benachteiligt auch die Gruppe, die ohne ambulante Pflege dasteht.“ Homburg und St. Ingbert gehe es in dieser Hinsicht gut, in anderen Gemeinden des Kreises gebe es noch Nachholbedarf.

Das KKH würde schon eine Reihe von zusätzlichen Aufgaben übernehmen, „die gar nichts mit seiner Kernaufgabe zu tun haben“. Wegen der neuen Politik in Sachen Geriatrie gelte es aber für diese, in Zukunft mehr Betten vorzuhalten. „Wir würden Sie gern bestärken und unterstützen, dass sie den eingeschlagenen Weg weiter beschreiten“, bot Klie an, „und Daseinsvorsorge muss kein Zuschussgeschäft sein.“ Infrastruktur im Verbund mit anderen Partnern gestalten, das sei das Ziel. Kooperation soll für mehr Teilhabe sorgen. Menschen in schwierigen Lebenssituationen wolle man anbieten, sie, auch mit der Einrichtung von Pflegekompetenzzentren, zu begleiten. Jeder einzelne „Fall“ müsse ernst genommen werden. Man sei in St. Ingbert schon recht  gut. Aber: „Das reicht noch nicht aus.“ Mobilität und Kultur seien große Themen, ebenso junge Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen. „Deshalb ist es gut, wenn wir mit so einem Modellprojekt den Druck rausnehmen“, freute sich Landrat Gallo über das Angebot. Und Sabine Schmidt von der DAK fügte hinzu: „Es geht uns darum, infrastrukturarme Gebiete und die Pflegenden zu unterstützen. Es wäre gut, eine Verbesserung herbeizuführen.“

Das sieht auch Thorsten Eich so. Denn die Versorgung der geriatrischen Patienten, die mittlerweile 50 Prozent der Betten belegen, sei eines der größten Spannungsfelder im KKH. Deshalb habe das Konzept des PKZ große Bedeutung. Dafür werde das Haus nicht „umgewandelt“, sondern um Angebote ergänzt.

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