Musiklegende Graham Nash kommt nach Luxemburg „Ich habe immer noch die gleiche Leidenschaft“

Vor seinem Konzert am 11. Juli in Luxemburg sprach die SZ mit Graham Nash über seine Musik, Donald Trump und was das Publikum erwartet.

 Graham Nash spielt am 11. Juli zum ersten Mal in Luxemburg. Er wird in Echternach ein Best-of-Programm spielen – mit Songs seiner früheren Bands The Hollies und Crosby, Stills, Nash (and Young) sowie von seinen Solo-Alben.

Graham Nash spielt am 11. Juli zum ersten Mal in Luxemburg. Er wird in Echternach ein Best-of-Programm spielen – mit Songs seiner früheren Bands The Hollies und Crosby, Stills, Nash (and Young) sowie von seinen Solo-Alben.

Foto: Amy Grantham

Herr Nash, Sie sind 76 Jahre alt, stehen seit über fünf Jahrzehnten auf der Bühne. Demnächst startet Ihre Europa-Tour. Macht sich das Alter bemerkbar?

GRAHAM NASH: Nein, absolut nicht. Ich denke sogar, dass ich besser performe. Ich fühle immer noch die gleiche Leidenschaft und profitiere von meiner jahrelangen Erfahrung.

Gibt es Momente in Ihrer Karriere, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

NASH: Es gibt so viele tolle Momente, die ich erlebt habe. Zum Beispiel als ich Bill Clinton zum Geburtstag Happy Birthday gesungen habe, oder als David Crosby und ich mit Jacques Cousteau über Atomenergie sprachen, oder als Königin Elizabeth II. mich zum Officer of the British Empire (OBE) ernannte. Ich habe ein fantastisches Leben, aber ich habe auch immer noch diese Leidenschaft, egal wie alt ich bin.

Welche Künstler haben Sie beeinflusst?

NASH: Als Kind waren es definitiv Buddy Holly und die Everly Brothers. Später dann die Beatles, Bob Dylan, Jimi Hendrix, Joni Mitchel. Es gibt aber so vieles, das mich bewegt, mich beeinflusst, sobald ich morgens aufwache.

Sie sind bekannt als Mitglied der Hollies und Crosby, Stills, Nash and Young, aber auch als Solo-Künstler seit Jahrzehnten etabliert. Worin liegt für Sie der Unterschied zwischen Ihrem Solo-Auftritt und mit den Bandkollegen Musik zu machen?

NASH: Ich habe die Kontrolle darüber, was ich singe. Ich habe die Möglichkeit, Lieder zu singen, die ich zuvor niemals gesungen habe. Lieder, die ich zum Beispiel erst diese Woche geschrieben habe. Ich habe die Kontrolle über mein Leben auf der Bühne. Ich muss niemanden fragen.

Treten Sie also lieber alleine auf?

NASH: Nein, das nicht. Aber ich liebe es alleine auf der Bühne zu stehen, obwohl ich eigentlich viel glück­licher als Mitglied einer Band bin.

Weil mehrere Künstler auch mehr Kreativität bedeutet?

NASH: Absolut. David, Steven und Neil sind unfassbar gute Musiker.

Ihre Karriere begann in den frühen 60ern. Eine spannende Zeit. Die Menschen kämpften gegen das vorherrschende System, gegen den Vietnamkrieg, Hippies rebellierten gegen ihr konservatives Elternhaus. Sie haben mit Ihrer Musik jungen Leute eine Stimme gegeben. Wie schätzen Sie die heutige Musik-Branche ein?

NASH: Zu Zeiten des Vietnamkriegs haben Nachrichten im Fernsehen über die Anzahl der Toten die Bevölkerung aufgeregt, als sie zum Beispiel abends zum Essen zusammen saßen. Sie haben sich daraufhin gewehrt, haben ihren Kongressmännern und ihrem Präsidenten geschrieben. Sie übten Druck auf die Politik aus, den Krieg zu beenden. Und sie waren erfolgreich. US-Präsident Richard Nixon hatte wenigstens ein Gehirn und ein Herz. Heute ist es ganz anders. Ich persönlich glaube, Donald Trump hat keines von beidem. Außerdem wollen die Verantwortlichen der Medien, der Zeitungen, der Radio- und Fernsehsender keinen Aufruhr erzeugen oder den Status quo stören. Sie wollen so etwas nicht im ihrem Radio und ihrem Fernsehen.

Sie wurden in England geboren, sind dort aufgewachsen. 1978 haben Sie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. Wie empfinden Sie das Leben in den USA in Zeiten Donald Trumps?

NASH: Es ist sehr deprimierend. Donald Trump und seine Regierung tun dem Land nichts Gutes. Manche seiner Entscheidungen haben die USA um 50 Jahre zurückgeworfen. Zum Beispiel hat er jemandem die Verantwortung über die Umweltschutzbehörde gegeben, mit dem Ziel, diese Behörde zu zerstören. Alles das, was zuvor unternommen wurde, um den Amerikaner Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen, zu sauberer Luft, alle Regeln, die aufgestellt wurden, sind aufgehoben. Aber er ist nun mal der Präsident der Vereinigten Staaten. Ich habe viele Freunde in Europa, und ich verstehe, wie Europa über Donald Trump denkt. Sie müssen glauben, dass wir absolut verrückt seien. Das Schreckliche ist aber, dass 48 Prozent der Wahlberechtigten nicht zur Wahl gegangen sind. Und nun schauen Sie, was wir hier haben.

Aber auch in Europa und in Deutschland ist ein Umbruch im Gange.

NASH: Ihr habt wenigstens Angela Merkel.

Dennoch haben rechte Bewegungen in den vergangenen zwei Jahren an Stärke gewonnen.

NASH: Absolut. Und das ist genau etwas, das ich an Trumps Präsidentschaft und seiner Regierung so hasse. Sie spaltet die Gesellschaft und manche sagen ganz offen, dass sie die schwarze Bevölkerung nicht mögen, Muslime, Mexikaner, Katholiken nicht mögen. Donald Trumps Wahlsieg basiert nur auf der Angst der Leute. Und die nutzt er sehr geschickt.

Wie stehen Sie zum Brexit?

NASH: Ich bin der Meinung, das Vereinigte Königreich sollte nicht aus der Europäischen Union austreten. Ich halte es für einen großen Fehler. Als ich den Song „Immigration Man“ schrieb, habe ich an das Blatt Papier eine Fotografie des Mondes mit der Erde im Hintergrund geheftet. Ich habe mir einen Astronauten vorgestellt, der auf dem Mond steht und auf eine wunderschöne Erde, einen Planeten ohne Grenzen, blickt.

Sollten sich Künstler mit ihrer Musik daher umso stärker gegen einen Protektionismus positionieren?

NASH: Durchaus. Musik bietet die Möglichkeit, Meinungen und Gedanken zu teilen. Als die Berliner Mauer fiel, wurden keine Panzer oder Waffen benutzt. Es waren die Gedanken und Gefühle der Menschen.

Welche jungen Musiker bewundern Sie?

NASH: Ich glaube, gute Musik findet mich immer. Zum Beispiel „This is America“ von Childish Gambino. Das Video dazu ging viral und wurde von Millionen gesehen. Das beweist, dass es immer noch Musiker gibt, die einen guten Weg finden, zu kämpfen.

Sie sind auch ein berühmter Fotograf. Worin liegt der Unterschied, ihre Gefühle und Gedanken in Ihrer Musik und in Ihren Fotos auszudrücken?

NASH: Es gibt keinen Unterschied. Es ist die selbe Energie. Meine Musik und meine Fotografie kommen beide von meinem Herzen.

Ihre Tour trägt den Titel „An Intimate Evening of Songs and Stories“. Was erwartet das Publikum?

NASH: Zwei bis drei Stunden Frieden. Es stehen keine acht Bandmitglieder auf der Bühne, Tänzerinnen oder Backgroundsänger. Es sind nur mein Leadgitarrist Shane Fontayne, mein Keyboarder Todd Caldwell und ich. Im Laufe meiner Karriere habe ich manchmal Konzerte vor Hunderttausenden gegeben. Aber ich liebe diese kleinen Säle, in denen wir nun während der Tour spielen. Denn ich sehe die Reaktion meines Publikums.

Wie hat sich Ihre Musik über die Jahrzehnte verändert?

NASH: Bei den Hollies lernte ich Melodien zu schreiben, die man nie mehr vergisst. Die Lyrics ließen hingegen zu wünschen übrig. Als ich 1969 David, Steven, Neil und Joni traf, realisierte ich, dass durch bessere Worte und meine Melodien ein viel besserer Song entsteht.

Wie geht es nach der Tour weiter?

NASH: Ich arbeite an einem neuen Album, habe bereits einige Lieder geschrieben. Nach der Tour geht’s zurück in die USA ins Aufnahmestudio.

Gibt es einen Wunsch, den Sie sich gerne erfüllen würden?

NASH: Ich würde sehr gerne einmal gemeinsam mit Paul McCartney Yesterday singen.

Karten für das Konzert am 11. Juli im Trifolion in Luxemburg gibt’s ab 55 Euro unter www.luxemburg-tickets.lu und an ausgewählten Vorverkaufsstellen.

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