Hühner besiegeln Roms Ende

St. Ingbert. Das hatten sie nicht verdient und so auch sicher nicht erwartet - die Musenbolde, die Jugendtheatergruppe der Pfarreien Herz Mariae und St. Hildegard, spielten am Dienstag während der ersten von zwei Aufführungen von Dürrenmatts "Romulus der Große" vor gerade mal zwei Zuschauern

St. Ingbert. Das hatten sie nicht verdient und so auch sicher nicht erwartet - die Musenbolde, die Jugendtheatergruppe der Pfarreien Herz Mariae und St. Hildegard, spielten am Dienstag während der ersten von zwei Aufführungen von Dürrenmatts "Romulus der Große" vor gerade mal zwei Zuschauern. Doch die Schauspieler verhielten sich wie Profis und gaben eine mehr als gelungene Vorstellung. Diese historische Komödie aus dem Jahr 1949 verlangte den jungen Schauspielern einiges ab. Alle auf der Bühne Agierenden zeichnete eine enorme Spiellust aus, die auch bei der zweiten Aufführung am Abend ungebremst ausgelebt wurde. Und das immerhin jeweils fast drei Stunden lang. Chapeau!

Auch wenn es für einige Zuschauer ungewohnt war, so lange konzentriert einer Aufführung zu folgen, gingen sie mit, hörten ironische Feinheiten heraus und hatten ihren Spaß bei der launigen Inszenierung. Bei dem Drama geht es um den Untergang des Römischen Reiches, wobei sich Dürrenmatt viele dichterische Freiheiten nimmt und er zwar historisch bekannte Gestalten als Protagonoisten wählte, die allerdings in persönliche Beziehungen gesetzt wurden, die es so nie gab.

Im Stück kreiste alles um den herrschaftsmüden letzten Kaiser von Westrom, Romulus (facettenreich gespielt von Louise Marschall), der sich kaum für Politik interessiert, dafür aber ausführlich über seine Hühner philosophieren kann. Um Rom zu retten, soll des Kaisers Tochter den Industriellen Cäsar Rupf heiraten. Geld regiert die Welt, sollte man meinen, aber am Ende siegt die Menschlichkeit und der Kaiser wird vom Germanenfürsten nicht getötet, sondern nur in Pension geschickt.

Reduziert man die Handlung auf das Wesentliche, könnte sie überall angesiedelt sein. Das Imperium ist am Ende, es ist abgewrackt und so werden Wertgegenstände verhökert und sogar eine Insel zum Kauf angeboten. Da wird mit einem Kunsthändler gefeilscht und es fällt der Satz "Über Kunst lässt sich nicht streiten".

Ob das eine Anspielung war? Irgendwann werden auch die Mächtigen amtsmüde. Nicht mal als Radio Rom den Einfall der Germanen meldet, reißt das die Römer vom Hocker. Selbst der Reichsmarschall, der im Garten schläft, ruft das Kriegsgericht nur in wichtigen Fällen an, wenn er beispielsweise die feindliche Parole "Es leben Max und Moritz" entdeckt. Man hat in Rom nur die Wahl zwischen den geringsten Übeln, dem "katastrophalen Kapitalismus oder den kapitalen Katastrophen". Romulus brachte es auf den Punkt: "Die Welt ist wahnsinnig." Für diese gespielte Geschichte einer "tragischen Epoche" gab es am Ende den verdienten Applaus.

"Normalerweise sage ich an dieser Stelle nichts und lasse das Publikum mit seinen Eindrücken nach Hause gehen", so Johannes Becher, der die Gesamtleitung hatte. Warum es am Dienstag eine Ausnahme gab, war schnell erklärt. In diesem Jahr gibt es die Musenbolde 20 Jahre und da galt es auch "Danke" zu sagen an die vielen Helfer, ohne die das Projekt nicht möglich wäre. "In dieser Zeit haben 120 Kinder und Jugendliche die Musenbolde durchlaufen", so Becher, "heute haben wir drei Gruppen mit 30 Kindern und Jugendlichen." Deren Begeisterung zeige sich nicht nur im Spiel, sondern auch im Teamgeist. Mit dem dritten Stück von Dürrenmatt will man sich bei den Musenbolden erstmal von diesem Schriftsteller verabschieden. Als nächstes Projekt wünschen sich die Schauspieler ein Stück, bei dem altersübergreifend sowohl die jüngsten als auch die gestandenen Musenbolde mitwirken können. Man darf gespannt sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort