Geschäft droht zu platzen Hoffen und Bangen bei Kayserzinn

Rohrbach · Das Rohrbacher Unternehmen macht von August bis März etwa 70 Prozent des Umsatzes mit der Fastnacht. Doch die droht auszufallen.

 Die Herstellung von Fastnachtsorden macht bei Stefan Kayser von August bis mehr 70 Prozent des Umsatzes aus. Das wird in diesem Jahr wohl deutlich weniger werden.

Die Herstellung von Fastnachtsorden macht bei Stefan Kayser von August bis mehr 70 Prozent des Umsatzes aus. Das wird in diesem Jahr wohl deutlich weniger werden.

Foto: Heiko Lehmann

„Denkt daran, dass die Teller noch gelasert werden müssen. Und mit den Vasen müssen wir heute auch noch anfangen“, sagt Stefan Kayser zu den Mitarbeitern seiner Firma in Rohrbach. Seine Frau Silke kommt ins Büro und sagt, dass ein Verein angerufen habe, der für diesen Abend noch zwei Tische im Gasthaus reservieren möchte. Stefan soll zurück rufen. Das sieht nach richtig viel Arbeit aus, die Stefan Kayser zurzeit hat. „Das sind Arbeiten, für die wir hart gekämpft haben. Normalerweise wären wir jetzt schon im Fastnachtsgeschäft, doch das wird in diesem Jahr wohl ein Totalausfall werden“, sagt der 54-Jährige. Er ist gelernter Werkzeugmacher und Zinngießermeister. „Das Handwerk der Zinngießerei ist 5000 Jahre alt“, sagt er stolz. Ebenfalls stolz ist er auf das Erbe, das er angetreten ist. Sein Ur-Ur-Opa hat im Jahr 1844 die Kyserzinn-Dynastie gegründet. „Wir waren Anfang des 20. Jahrhunderts die größte Zinngießerei Deutschlands. Im Museum of Modern Art in New York und im Louvre in Paris stehen Arbeiten von uns“, sagt Stefan Kayser.

Doch die Zinngießerei ist längst nicht mehr so gefragt, wie sie einmal war. Das einstige Weltunternehmen wurde zu einem Handwerksbetrieb mit sieben Angestellten in Rohrbach, das sich umorientieren musste. Graveurarbeiten für Industriebetriebe, Städte und Gemeinden stehen auf dem Programm. Pokale, Medaillen, Orden, Pins und Schilder gehören ebenfalls zum Angebot. Und genau hier kommen die Fastnachtsvereine als große Auftraggeber ins Spiel.

Stefan Kayser ist einer von zwei großen Ordensherstellern im Saarland. „In einem normalen Jahr würden wird jetzt schon an Aufträgen von 20 oder 30 Fastnachtsvereinen arbeiten. Und die Anzahl würde sich in den kommenden Monaten noch deutlich erhöhen. Doch keiner weiß, ob die kommende Fastnachtssession wegen des Coronavirus stattfinden. Von August bis März macht das Fastnachtsgeschäft etwa 70 Prozent unseres Umsatzes aus. So wie es aussieht, fällt das in diesem Jahr alles weg“, erklärt der gebürtige Ensheimer, der in der Pfalz und in Krefeld aufgewachsen ist und wahrscheinlich das sauberste Hochdeutsch spricht, das je ein Ensheimer gesprochen hat.

„Als zweites Standbein haben wir die Gaststätte, doch die mussten wir wegen des Lockdowns zwei Monate schließen. Danach lief es nicht mehr so wie es mal war. Wir haben gleich zwei Baustellen. Es ist eine sehr schwierige Zeit“, sagt Stefan Kayser. Der zweite Ordensmacher im Saarland ist Jörg Fisch aus Nalbach. Während Fisch seine Orden kostengünstig in China bestellt, fertigt Stefan Kayser alle Orden selber. Er hat zwei große Maschinenhallen und hat in den vergangenen Jahren 250 000 Euro in neueste Maschinen und Lasertechnik investiert. „Das können wir alles nur finanzieren, wenn wir Aufträge bekommen. Die Mitarbeiter sind seit März in Kurzarbeit und das wird auch wohl noch so weiter gehen. Es ist alles sehr hart und keiner weiß, wann die Zeit vorüber ist. Aber wir werden kämpfen“, sagt er.

Die Hallen und das Betriebsgelände sind in seinem Eigentum. Miete muss er nicht zahlen. Trotzdem reichen die Einnahmen aktuell nicht, um die laufenden Kosten zu decken. Wie lange er das noch durchhält, weiß er nicht. „Ich glaube grundsätzlich, dass wir den Kampf gegen das Coronavirus nicht gewinnen können. Die Welt ist zu sehr zusammengerückt. Das Virus wird immer wieder ausbrechen. Zudem bezweifle ich, dass ein Impfstoff die Lösung sein wird. Vielleicht brauchen wir eine andere Taktik“, sagt der Zinngießermeister aus Rohrbach.

Nachdem er dem Rohrbacher Verein die Reservierung der beiden Tische bestätigt hat, programmiert er eine große Lasermaschine. Die Landesregierung möchte Tabletts für die saarländischen Schulen mit einem Schriftzug kennzeichnen lassen. Ein Auftrag, über den sich der 54-Jährige und seine Mitarbeiter sehr freuen, denn an eine normale Fastnacht mit allem drum und dran glaubt bei Kayserzinn in Rohrbach niemand mehr.

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