Kinowerkstatt Historien-Drama und Umwelt-Höllentrip

St. Ingbert · Mit den Filmen „Die Frau, die vorausgeht“ und „Welcome to Sodom“ zeigt die Kinowerkstatt St. Ingbert zwei Streifen, die zutiefst berühren.

 Catherine Weldon (Jessica Chastain) und Sioux-Stammeshäuptling Sitting Bull (Michael Greyeyes).

Catherine Weldon (Jessica Chastain) und Sioux-Stammeshäuptling Sitting Bull (Michael Greyeyes).

Foto: dpa/Richard Foreman

Die Kinowerkstatt zeigt am Freitag, 17. August, am Samstag, 18. August, am Sonntag, 19. August, und am Montag, 20. August, jeweils um 20 Uhr „Die Frau, die vorausgeht“ (USA 2017) von Susanna White mit Jessica Chastain, Michael Greyeyes, Sam Rockwell. Das von Susanna White bildgewaltig in Szene gesetzte Historienepos basiert auf der Biografie der Künstlerin und Aktivistin Catherine Weldon, die Ende des 19. Jahrhunderts ihrer Zeit weit voraus war. Mit unbändigem Mut stand sie für ihre Ideale ein, folgte ihrer Leidenschaft und kämpfte für mehr Menschlichkeit. Die grandiose Jessica Chastain verleiht dieser bewundernswerten Frau Stärke und Sanftheit zugleich.

„Die Frau, die vorausgeht“ spielt im Frühjahr 1889 in New York. Nach einem Jahr der Trauer um ihren verstorbenen Mann beschließt die Malerin Catherine Weldon (Jessica Chastain), dass nun endlich die Zeit für einen Neuanfang gekommen ist. Unbeeindruckt von gesellschaftlicher Konvention und ganz auf sich allein gestellt, begibt sie sich auf die ebenso beschwerliche wie gefährliche Reise nach North Dakota mit einem klaren Ziel vor Augen: Sie will den legendären Sioux-Häuptling Sitting Bull porträtieren. Vor Ort macht sich Catherine mit ihrer romantischen Vorstellung von einem selbstbestimmten Leben im „wilden Westen“ jedoch schnell Feinde. Vor allem Colonel Groves (Sam Rockwell) ist die selbstbewusste Witwe mit ihrer Sympathie und ihrem Engagement für die amerikanischen Ureinwohner ein Dorn im Auge. Mit allen Mitteln versucht er, die unbequeme Frau wieder loszuwerden. Häuptling Sitting Bull (Michael Greyeyes) hingegen lernt Catherine als einen friedfertigen und besonnenen Mann kennen, dessen Vertrauen und Zuneigung sie bald gewinnt. Sie beeindruckt ihn sogar so sehr, dass er der mutigen und unangepassten Malerin den indianischen Namen „Frau geht voraus“ gibt. Als Colonel Groves und seine Leute beginnen, die letzten Stammesmitglieder auszuhungern und zu vertreiben, muss Catherine sich endgültig entscheiden, wie weit sie im schicksalhaften Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit bereit ist zu gehen. „Die Frau, die vorausgeht“ ist eine ergreifende Geschichte von weiblicher Emanzipation und vom Freiheitskampf eines diskriminierten Volkes, dessen Häuptling in Catherines Kunstwerken weiterlebt.

Kino dient als eine Art Schlüsselloch in eine andere Welt; es kann uns an Orte bringen, von denen wir nie zu träumen gewagt hätten, im Positiven wie im Negativen.

Wir sind auf der Mülldeponie Agbogbloshie in der ghanaischen Hauptstadt Accra, in der jährlich 250 000 Tonnen illegal aus Europa und anderen Ländern verschiffter Elektroschrott landen. Wenn es gut läuft, finden unsere Elektroabfälle ihren Weg dank Recycling in den Wertstoffkreislauf zurück. Wenn es schlecht läuft, landen sie via illegaler Müll-Exporte in Ghana, auf der riesigen Elektroschrott-Deponie Agbogbloshie, einem der verseuchtesten Orte der Welt, auf und von dem rund 40 000 Menschen leben. Mit „Welcome to Sodom“ (Österreich 2018, 90 Minuten) widmen die Filmemacher Florian Weigensamer und Christian Krönes den Menschen dort und ihren Lebensumständen ein zwar sprödes, aber gerade dadurch umso intensiveres, dokumentarisches Porträt.

Zu sehen ist es am Sonntag, 19. August, und am Montag, 20. August, jeweils um 18 Uhr. „Welcome to Sodom“ ist ein behutsamer, zurückhaltender Film, der als ein Mittel verstanden werden will, einen Splitter Realität einzufangen. Eine gewisse Faszination für die düstere Realität des Slum-Lebens ist ihm in der von stetem Dröhnen geprägten Tonspur nicht abzusprechen: „Welcome to Sodom“ beobachtet, ohne preiszugeben

Weigensamer und Krönes lassen die porträtierten Menschen selbst zu Wort kommen. Nicht in konfrontativen Interview-Situationen, sondern in Form literarisch anmutender Voice-Over über den Filmaufnahmen aus ihrem Alltag: Sie sprechen über ihre Träume und Wünsche, darüber, wie sie den täglichen Kampf mit den Umständen bewältigen. Der eine hat die Geschäftsmann-Attitüde verinnerlicht, träumt davon, inmitten des Schrotts auf einen funktionierenden Monitor zu stoßen, der ihm ein kleines Vermögen einbringen würde. Ein stromernder Junge gibt sich im Verlauf des Films als Mädchen zu erkennen – als Junge könne es besser handeln und sich durchschlagen. Ein anderer will nach Europa, wo er endlich mal jemand sein könne. Und noch ein anderer, schwul und jüdisch, träumt von einem Leben ohne Angst, wo man einfach in Ruhe gelassen wird. Und die Kids? Sitzen in improvisierten Studios, rappen ins Mikro und experimentieren mit Autotune, ähnlich wie ihre Altersgenossen in Paris und Los Angeles.

 Catherine Weldon: „Die Frau, die voraus geht“.

Catherine Weldon: „Die Frau, die voraus geht“.

Foto: Richard Foreman, Jr. SMPSP//Richard Foreman
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