Gotteskrieger halten Oasenstadt besetzt

St Ingbert · Mit drei Filmen startet die St. Ingberter Kinowerkstatt ins neue Jahr: Den Anfang macht „Timbuktu“. Es folgen „Die Brücke“ und „Das Spinnennetz“ vom deutschen, vor 15 Jahren verstorbenen Regisseur Bernhard Wicki.

 Todunglücklich: Ibrahim Ahmed als Kidane im Film „Timbuktu“. Foto: Verleih

Todunglücklich: Ibrahim Ahmed als Kidane im Film „Timbuktu“. Foto: Verleih

Foto: Verleih

Im Film "Timbuktu" (Frankreich/Mauretanien 2014) erzählt Abderrahmane Sissako von den Verheerungen, die der Dschihad im subsaharischen Afrika anrichtet. Die Kinowerkstatt zeigt "Timbuktu", der im Wettbewerb von Cannes Premiere feierte, am Donnerstag, 1. Januar, 20 Uhr, am Freitag, 2. Januar, 19 Uhr, am Sonntag, 4. Januar, 20 Uhr, und am Montag, 5. Januar, um 20 Uhr.

Der Film "Timbuktu" ist, nach "Heremakono" (2002) und "Bamako" (2005), der dritte nach einer malischen Stadt benannte des Regisseurs Abderrahmane Sissako. Der konkrete Ort ist auch diesmal Ausgangspunkt für allegorische Verallgemeinerungen - schließlich wehen die schwarzen Fahnen der Dschihadisten , die Timbuktu in ihre Gewalt gebracht haben, zurzeit auch andernorts.

Obwohl die Gotteskrieger gleich in der ersten, aus einem Geländewagen gefilmten Einstellung mit Maschinengewehren Jagd auf eine Gazelle machen, zeigt Sissako sie nicht als Barbaren. Bornierte, törichte Männer sind das, die Widersprüche - auch die eigenen, inneren - schlecht bis gar nicht aushalten. Wenn die Bevölkerung der besetzten Stadt sich gegen die Anweisungen und Verbote der selbsternannten "islamischen Polizei " sträubt, haben die Dschihadisten dem zunächst nichts entgegenzusetzen als Achselzucken und frömmelnde Ermahnungen. Eine leise Ironie geht von diesen ersten Amtshandlungen der Möchtegernpolizisten aus, ein sanfter, aber nicht zu übersehender Zug ins Absurde. Dieselben jungen Männer, die eben noch leidenschaftlich gestritten hatten, ob Zidane oder Messi der bessere Spieler sei, mühen sich im nächsten Moment ab, einen scheinbar herrenlosen Ball dingfest zu machen, der widerrechtlich zwischen den roten Lehmbauten der Stadt umherkullert. Sissako zeigt die Bewohner Timbuktus als entspannte, stolze Menschen, die tief in ihrer Kultur verankert sind.

Musik des Maghreb im Film

Dazu gehört ganz selbstverständlich die Musik des Maghreb . Immer wieder sieht man Männer, die selbstvergessen Gitarre spielen, und Frauen, die dazu singen.

Zu seinem Todestag erinnert die Kinowerkstatt an den deutschen Regisseur Bernhard Wicki , der am 3. Januar vor 15 Jahren 80-jährig starb. Seit Jahren ließ er sich kaum noch öffentlich sehen und war doch im Bewusstsein gegenwärtig für jeden, dem am deutschen Film lag: als Schlüsselfigur, als exemplarischer Einzelgänger, als Patriarch. "Der Film kann die Welt nicht verändern und verbessern, er kann aber Stimmung schaffen", sagte er. Am bekanntesten wurde er mit seinem Erstlings-Spielfilm "Die Brücke", mit dem der Schauspieler Wicki, schon 40-jährig, 1959 unerwartet und unerhört wirkungsvoll als Regisseur hervortrat: Dieses herbe, expressive Kriegsend-Drama und eindringlich realistische Kriegskindergeschichte wurde damals zu Recht rund um die Welt wie zuvor kein Film aus der BRD gefeiert.

Dieser Triumph blieb uneinholbar: Wicki, in Österreich und Deutschland aufgewachsener Schweizer mit starkem politisch-moralischem Temperament, führte in den 60er Jahren bei drei Filmen in amerikanischer Produktion Regie, ohne sich dabei wohl zu fühlen, arbeitete dann wieder in Deutschland , als Schauspieler begehrt, als Regisseur jedoch wegen seiner Strenge gefürchtet und in seinen Möglichkeiten fast immer auf den Rahmen von TV-Koproduktionen begrenzt. Für jüngere Regisseure blieb er als Widerstandskämpfer gegen kommerzielle Routine bis zu seinem letzten großen Film "Das Spinnennetz" (1989, nach dem Roman von Joseph Roth ) ein Vorbild an Eigensinn und Integrität. Die Kinowerkstatt zeigt die beiden Filme : "Die Brücke" am Samstag, 3. Januar, um 18 Uhr und "Das Spinnennetz", in dem Bernhard Wicki selbst mitspielte, am Samstag, 3. Januar, um 20 Uhr.

kinowerkstatt.de

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