Stiftung verleiht Föderpreise in St. Ingbert Minister lobt inklusiven Lokalpatriotismus

St. Ingbert · Eine Cellistin, ein Mediziner, eine Biotechnologin und ein Bioingenieur erhielten die Förderpreise der Giessen-Stiftung. Die Preisverleihung war ein Festival saarländischer Spitzenleistung. Und Finanzminister Jakob von Weizsäcker nutze sie auch zu einem Exkurs über die Willkommenskultur in seiner neuen Heimat.

 Aktuelle und ehemalige Preisträger der „Hans & Ruth Giessen Stiftung“, Laudatoren und Schirmherr Jakob von Weizsäcker (hintere Reihe rechts) auf der Bühne des Alten Waschhauses in St. Ingbert.

Aktuelle und ehemalige Preisträger der „Hans & Ruth Giessen Stiftung“, Laudatoren und Schirmherr Jakob von Weizsäcker (hintere Reihe rechts) auf der Bühne des Alten Waschhauses in St. Ingbert.

Foto: Peter Gaschott

Die „Hans & Ruth Giessen Stiftung“ verleiht alljährlich Förderpreise an besonders begabte junge Menschen aus den Bereichen Naturwissenschaften, Medizin und klassische Musik. Im Saal des Alten Waschhauses am DNA in St. Ingbert fand die jüngste Preisverleihung statt. Schirmherr der Veranstaltung war der neue saarländische Finanz- und Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker. Preisträger sind die Cellistin Xuanhan Xu, der Mediziner Fabian Kern, sowie die Biotechnologin Fabia Weiland und der Bioingenieur Michael Kohlstedt.

„Jetzt weiß ich endlich, warum darüber so viel geredet wird.“ Jakob von Weizsäcker war gerade auf dem Baumwipfelpfad an der Saarschleife. Gelesen hat der neue Finanz- und Wissenschaftsminister schon viel darüber, aber man muss es erleben, das gibt er unumwunden zu. Wie man so vieles erleben muss, um das Saarland zu begreifen. Erfrischend erzählt er von seinen ersten saarländischen Erfahrungen. Vom Dibbelabbes gleich am ersten Abend im Saarland. Und er fasst zusammen: „Das Saarland hat einen inklusiven Lokalpatriotismus.“ Eine Willkommenskultur, die die Nichtsaarländer ganz schnell einbezieht und sie zu überzeugen versucht. Das begeistert den kühlen Ökonomen, und die saarländische Willkommenskultur wird den ganzen Abend über zum gern zitierten Thema bei der Preisverleihung im Waschhaus.

Von Weizsäcker geht auf die Rolle wohltätiger Stiftungen in unserem Staat ein. Auf der einen Seite genüge es nicht, „wenn wir uns auf Benefactoren verlassen. Dann gibt es leicht blinde Flecken in der Gesellschaft.“ Die Bildung und die Förderung der Wissenschaft sei staatliche Aufgabe, dafür stehe er als Sozialdemokrat engagiert ein. Andererseits sei es der Verdienst wohltätiger Organisationen, dort, wo der Staat seinerseits blinde Flecken aufweise, für das ein oder andere Sahnehäubchen zu sorgen. Wohltätiges Engagement und staatliche Tätigkeit können sich perfekt ergänzen, so der Minister. Die Giessen-Stiftung lobte er in diesem Zusammenhang ganz besonders, als sie doch nicht das primäre Ziel habe, das Stiftungskapital zu erhalten – im Gegenteil, „es geht darum, mit vollen Händen zu helfen“, selbst wenn das Geld allmählich zur Neige gehe, so von Weizsäcker.

   
 Schirmherr der Preisverleihung war Finanz- und Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker.

  Schirmherr der Preisverleihung war Finanz- und Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker.

Foto: Peter Gaschott

Bei der Auswahl der Förderpreisträger bewies die Giessen-Stiftung, dass man nicht Wissenschaft der Wissenschaft zuliebe fördert, sondern dass man große Ziele für die Allgemeinheit im Auge hat. So bei der Arbeit von Fabian Kern, der mit hochkomplexen Zahlenmodellen und künstlicher Intelligenz alltäglichen Alterungsprozessen molekularbiologisch auf die Spur kommen will und damit auch altersbedingte Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer weiter erforscht. Noch deutlicher wird der Ansatz der Stiftung bei der Auswahl des Wissenschaftler-Duos Fabia Weiland und Michael Kohlstedt. Die beiden analysieren Lignin und seine Möglichkeiten. Lignin gilt als problematischer Abfall – es ist in Holz und den meisten Pflanzen enthalten und fällt bei deren Verarbeitung an. Weil man so recht nichts damit anfangen konnte, wurde Lignin bislang verbrannt. Die beiden Wissenschaftler nahmen sich die Molekularstruktur vor. Sie entwickelten „Designer-Bakterien“, die programmierbar die Lignin-Moleküle umbauten. So entstand aus Lignin dann Nylon. Gerade sind sie dabei, aus Lignin PET-Flaschen zu entwickeln. Auch für Medikamente und in der Lebensmitteltechnologie kann man umgebautes Lignin verwenden. 200 000 Tonnen davon fallen alljährlich in der Bundesrepublik an, wenn ein Teil wiederverwertet werden kann, ist dies eine wichtige Antwort zum Thema Rohstoffknappheit.

Kern und das Wissenschaftler-Duo Weiland und Kohlstedt erhielten jeweils 20 000 Euro Förderung. Die gerade 18-jährige Cellistin Xuanhan Xu wird mit 10 000 Euro gefördert. Sie zeigte, über welche Virtuosität sie auf ihrem Instrument verfügt und verlieh der Stiftungs-Soiree einen zauberhaften Abschluss.

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