Energieknappheit So bereitet St. Ingbert den Notfall vor
St Ingbert · Die Angst vor Engpässen beim Gas ist groß. Oberbürgermeister Ulli Meyer will die Stadt und ihre Bürger möglichst wappnen für den Fall der Fälle. Es gibt schon eine Reihe von Ideen.
Über der Stadt St. Ingbert strahlt dieser Tage die Sonne, die Temperaturen klettern massiv. Im Rathaus am Rendezvous-Platz machen sich die Verantwortlichen gleichwohl intensiv Gedanken um den nächsten Winter. Was, wenn Russland im Konflikt mit dem Westen tatsächlich den Gashahn zudreht? Was, wenn die Energiepreise massiv klettern und es tatsächlich eng werden sollte mit der Versorgung von Erdgas? St. Ingberts Oberbürgermeister Ulli Meyer (CDU) weiß, dass diese Fragen letztlich nur auf Bundesebene oder im Rahmen der Europäischen Union zu lösen sind. Allerdings, erklärt er im Gespräch mit der SZ, werde die Stadt in den kommenden Wochen aktiv, um möglichst gut vorbereitet auf eine Situation zu sein, die am besten gar nicht eintreffe.
Drei Handlungsfelder hat die Verwaltung ausgemacht vor dem Hintergrund, möglichst vorbereitet in die kalte Jahreszeit zu gehen: Sie möchte einen runden Tisch „Energiesparen in St. Ingbert“ initiieren, das Energiemanagement in Rathaus und den zugehörigen externen Ämtern auf Sparkurs bringen sowie unter dem Stichwort „St. Ingbert hilft“ Menschen im Auge behalten, denen steigende Kosten in ihrem Finanzbudget große Probleme bereiten können.
„Wir müssen als Stadtgesellschaft all unsere Potenziale ausschöpfen, um über den nächsten Winter zu kommen“, sagt Meyer. Das Thema sei ernst, ohne dabei Ängste schüren zu wollen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hatte am 30. März die niedrigste Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die Frühwarnstufe. Mit der Alarmstufe ging das Ministerium am 23. Juni einen Schritt weiter. Bleibt als oberste Stufe noch der Notfall. Sollten es bei den Gaslieferungen entsprechend eng werden, greift der Staat direkt in den Markt ein. Privathaushalte genießen dabei wie soziale Einrichtungen den höchsten Schutz, werden also möglichst mit Gas versorgt.
Doch nicht jeder wird sich die Energie leisten können, wenn sie doppelt so viel oder noch mehr kostet als bislang. OB Meyer: „Unser vordringlichstes Ziel ist es, in den kommenden Wochen kurzfristige Einsparpotenziale in den privaten Haushalten und bei uns in der Verwaltung auszumachen.“ Der runde Tisch zum Energiesparen soll Handwerker, Schornsteinfeger, Stadtwerke, Ehrenamtler und Verwaltung zusammenbringen. Mit einer Energiesprechstunde und einer Beratungsoffensive will Meyer Menschen ansprechen. „Vielleicht können wir Heizungsbauer im Ruhestand aktivieren, um in die Beratung der Haushalte einzusteigen“, sagt der Rathauschef. Über den Seniorenbeirat wolle er Kontakte zu diesen Experten aufbauen.
Einsparpotenziale öffentlicher Gebäude überprüft eine Arbeitsgruppe. Sie besteht aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gebäude- und Liegenschaftsabteilung, dem Klimaschutzmanager und der Stadtwerke. Dabei geht es um den Zustand der Anlagen, Verbrauchsauffälligkeiten, effizienten Umgang mit Elektrogeräten, Beleuchtung in Büros und vieles mehr. Meyer möchte zum Beispiel Veranstaltungen im Rathaus nicht mehr am Wochenende haben, damit die Temperaturabsenkung von Freitagabend bis Sonntagnacht durchgängig Bestand hat.
Knappes Gas bedeutet teures Gas. „St. Ingbert hilft“ nennt Meyer den dritten Baustein in den Überlegungen zu einem Versorgungsengpass. Für Menschen, die vom Staat Sozialleistungen erhalten, werde es wohl Hilfen über den Bund geben. Daneben gebe es aber auch viele Menschen, gerade ältere Bürger, die mit ihrer Rente gerade so über die Runden kommen und bei steigender Heizrechnung in Schwierigkeiten geraten. Christina Wieth, Beauftragte für Soziales und Integration in St. Ingbert, bereite deshalb mit ehrenamtlichen Helfern Konzepte vor. Die Gedanken reichen dabei von Lebensmittelspenden und warmer Kleidung bis zu Wärmeinseln und Suppenküchen in Kooperation mit Kirchen, Vereinen und Hilfsorganisationen.
Das alles klinge womöglich bedrohlich, weiß Meyer. Aber es gelte, sich auf mögliche Szenarien vorzubereiten, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr denkbar waren. Szenarien, die dann im besten Fall gar nicht eintreten werden.
Das Konzept „Den Winter in St. Ingbert vorausschauend planen und präventiv behandeln“ wird OB Ulli Meyer am Donnerstag, 14. Juli, auch im St. Ingberter Stadtrat vorstellen. Der tagt ab 18 Uhr in der Stadthalle.