Geschäftsübergabe in St. Ingbert Gerd Schaum sagt nach 40 Jahren „Servus“

Exklusiv | St. Ingbert · Der St. Ingberter Händler übergab sein Obst- und Gemüsegeschäft „Früchte-Schaum“ an die nächste Generation und verabschiedete sich in den Ruhestand. Langweilig wird ihm nicht, zumal er seinen Töchtern weiterhin unter die Arme greift.

 Bei seinem Abschied in den Ruhestand zeigte Gerd Schaum seiner Tochter und Nachfolgerin Nadine Tingler (rechts daneben) sowie seinen Kunden Fotos, wie für ihn in St. Ingbert vor 40 Jahren alles mit „Früchte-Schaum“ anfing.

Bei seinem Abschied in den Ruhestand zeigte Gerd Schaum seiner Tochter und Nachfolgerin Nadine Tingler (rechts daneben) sowie seinen Kunden Fotos, wie für ihn in St. Ingbert vor 40 Jahren alles mit „Früchte-Schaum“ anfing.

Foto: Cornelia Jung

Geschäfte kommen und gehen. Auch in St. Ingbert haben in der letzten Zeit Läden ihre Besitzer gewechselt oder stehen gar leer. Doch einige sind wie Platzhirsche und gehören bereits seit Jahrzehnten zum „Inventar“ der Fußgängerzone, so auch Früchte-Schaum. Und zu diesem Obst- und Gemüseladen gehört ganz selbstverständlich Gerd Schaum. Er und seine Töchter Nadine und Julia prägen das Geschäft, das nun die ältere der beiden übernahm. Zwar wurde der Generationswechsel gedanklich schon länger vollzogen und die „Mädels“ schmissen auch mal ganz ohne ihren Papa das Geschäft, aber am vergangenen Samstag verabschiedete sich der 66-Jährige nun ganz offiziell in den Ruhestand.

So ganz kann er dann doch nicht vom Arbeiten lassen, denn zwei Mal die Woche wird er noch zum Großmarkt fahren. Denn das liegt ihm im Blut und auch in den Genen, denn schon sein Vater und Großvater handelten mit frischer Ware, wenn auch in Altenwald. „Der Beruf hat mir schon immer Spaß gemacht“, sagt der Einzelhandelskaufmann im Fruchthandel, so die korrekte Bezeichnung von Schaums Tätigkeit. Vor 40 Jahren „wanderte“ der Junior dann nach St. Ingbert aus, wo er ein kleines Ladengeschäft neben dem heutigen Café „Europa“, also nicht weit vom heutigen Standort in der Kaiserstraße, fand. Und dort bediente er seit Anfang der 1980er Jahre rund „1,3 Millionen Kunden und bewegte allerhand Tonnagen“, wie ihm ein Kunde beim Abschiedssekt vorrechnete.

Die Zahlen sind nicht verbürgt, wohl aber die Entwicklung des Geschäfts und so manche Anstrengung, um sich von anderen Läden gleichen Warenangebots abzuheben. Wenn sich Gerd Schaum an die Zeit im seinem ersten kleinen St. Ingberter Lädchen mit zweieinhalb Meter Breite erinnert, „meine ich, es wäre erst gestern gewesen“. In der nach seinen Aussagen „galoppierenden Zeit“ hat er einiges erlebt, ist für seine Kunden rund 15 Jahre täglich zum Großmarkt nach Paris gefahren, hat Flugananas aus Kamerun importiert und sie bis Nürnberg verkauft. „Eine spannende Zeit“, blickt Schaum zurück. Zwar waren die Vorbereitungen, bis die Ware in St. Ingbert präsentiert und verkauft werden konnte, anstrengend und zeitintensiv, doch davon ist kaum die Rede, denn „es ist ein superschöner Beruf“, wie Schaum immer wieder sagt. Und die Käufer, immerhin rund 70 Prozent davon sind Stammkunden, spürten das, war Schaum doch immer frohgelaunt und hatte meist einen kecken Spruch parat. Man muss seine Arbeit schon sehr lieben, wenn man dafür bereit ist, bis 22 Uhr im Geschäft zu sein, erst um ein Uhr ins Bett kommt um dann 3 Uhr bereits wieder aufzustehen. Die Kunst sei es gewesen, mit dem Angebot immer interessant zu bleiben und was Neues zu machen, wie Tochter Nadine Tingler auch jetzt. „Sie macht es richtig“, sagt der Vater zur neuen Ausrichtung des „Früchte-Schaum Gourmandise“, in dem es nach dem Umbau nun Kühltheken, eine Klimaanlage, eine Sitzecke und eine Kundentoilette gibt. Er habe seinen Töchtern bei der Ideenumsetzung nicht reingeredet, „bin ja auch nur noch Zuschauer“.

Auf einem Zettel hatte Gerd Schaum bei seinem Abschied aufgeschrieben, warum es vor seinem Laden am Samstag Schnittchen und Getränke gab. Er bedankte sich bei den Kunden für 40 „spannende, lehr- und erfolgreiche“ Jahre. „Ich habe viel schaffen müssen, habe aber nie resigniert und würde wohl alles wieder ganz genau so machen,“ sagt Schaum rückblickend. Welches Obst und Gemüse ist ihm eigentlich im eigenen Speiseplan das liebste? „Blumenkohl – aber nicht ohne ein Kotelett, weiße Sauce und Kartöffelchen. Da bin ich schon Genießer. Beim Obst sind es die Himbeeren. Und natürlich Bananen. Davon esse ich mindesten zwei bis drei am Tag.“ Seinen Erfolg erklärt er sich nicht nur mit seinem Eifer und der Qualität der Produkte, sondern auch damit, dass alles immer appetitlich präsentiert wird. „Da bin ich schon pingelig. Dekorationsmäßig mache ich alle verrückt.“ Zum Abschied gibt es Geschenke für „den Obsthändler meines Vertrauens“, wie Schaum von einem Kunden genannt wird. „Wie, Sie kommen nicht mehr? Das ist ja schrecklich!“, ruft eine Kundin entsetzt, als sie den Grund des Umtrunks erfuhr. „Wenn er den Nachwuchs nicht hätte, dürfte er nicht gehen“, merkte eine St. Ingberterin lachend an. Gerade Kunden wie Marie-Therese und Albert Schneider aus Rentrisch könnten sich die City ohne Früchte-Schaum nicht vorstellen, zumal es im Ortsteil keine Einkaufsmöglichkeit gibt: „Wir kommen seit 40 Jahren ins Geschäft und haben schon seine Eltern gekannt. Wer in den Laden kam, hat vor allem immer gleich die Stimme von Herrn Schaum gehört.“ Gerd Schaum wird weiterhin ins Geschäft kommen, wenn er auch der Familie, seinem Garten und dem E-Bike, das er sich anschaffen will, mehr Zeit widmen möchte.

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