Ausstellung In der „Schmidd“ ist „Nudeart“ zu sehen

St. Ingbert · Der litauische Fotograf Virginijus Zalensas präsentiert seine Fotokunst erstmals in Deutschland. In einer St. Ingberter Musikkneipe stellte er weit mehr als (nur) Aktfotografie aus.

 Der litauische Fotograf Virginijus Zalensas kam auf Einladung seines Freundes Heinrich Dümmler (von rechts) nach St. Ingbert, um seine Ausstellung „Nudeart“ in der „Schmidd“ zu präsentieren.

Der litauische Fotograf Virginijus Zalensas kam auf Einladung seines Freundes Heinrich Dümmler (von rechts) nach St. Ingbert, um seine Ausstellung „Nudeart“ in der „Schmidd“ zu präsentieren.

Foto: Cornelia Jung

Virginijus Zalensas ist ein litauischer Fotograf, der bereits für mehrere internationale Magazine Auftragsarbeiten erledigte. In Deutschland war er mit seinen Arbeiten bisher nicht. Das ist seit dem vergangenen Wochenende anders, denn seine Ausstellung „Nudeart“ gastierte in der St. Ingberter Poststraße in der „Schmidd“. Dabei kam der studierte Elektrotechniker erst spät zu seiner Passion. Vor fünf Jahren riet ihm seine Psychologin dazu, mit etwas Kreativem den Kopf frei zu bekommen. Denn der heute 64-Jährige lebte in seiner Heimat Litauen kein ruhiges Leben, mitunter sogar ein gefährliches. Während der Loslösung der baltischen Republiken von der Sowjetunion wurde der Fernsehturm von Vilnius, Hauptstadt Litauens, zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen. Mittendrin Soldat Zalensas, der Dienst hatte, als die Russen kamen. Am 13. Januar 1991, der als Vilniusser Blutsonntag in die Geschichte einging, rollten sowjetische Panzer in Vilnius ein. Neben dem Parlament sollte an diesem Tag auch der Fernsehturm besetzt werden. Mehrere Zivilisten, die eine Menschenkette um den Turm bildeten, wurden von den Panzern überrollt und getötet. Diese Ereignisse hinterließen Spuren bei jenen, die das erlebten. Auch bei Virginijus Zalensas, der später Personenschützer des ersten litauischen Präsidenten war. Auch dies kein leichter Job. Nun beschäftigt er sich also mit Fotokunst.

Ins Saarland kam er aufgrund einer mehr als 25-jährigen Freundschaft mit dem St. Ingberter Heinrich Dümmler. Der litauische Fotograf wollte seine Fotokunst gern nach Deutschland bringen. Privat finanziert und mit Unterstützung der Gehnbachfreunde konnten nun 25 seiner Fotos gezeigt werden. Eines hatten alle gemeinsam – die darauf gezeigten Frauen in schwarz-weiß oder Farbe waren zum großen Teil unbekleidet. Die Bilder stellten aber weit mehr als nur nackte Frauen dar, sie vermittelten Botschaften. Fotos mit Titeln wie „Abendstille“, „33 Schritte zum Paradies“, „Abwartend“, „Spiegelchen, Spiegelchen“, „Licht am Ende des Tunnels“ oder „Hochzeit vorher - nachher“ zeigten Lebensläufe, das Spiel mit Licht und Schatten, Friedensbekenntnisse, aber auch einen Schuss Komik. „Entschuldigen Sie bitte, dass nur nackte Frauen hier hängen“, sagte der Künstler anlässlich der Vernissage am Karsamstag. Aber die ließen sich einfach besser ablichten. Regelmäßig fährt er zu Kursen nach Riga, ins benachbarte Lettland, um sich in „Porträt-Anatomie“, wie er es nennt, unterrichten zu lassen. Männer zu fotografieren und ästhetisch darzustellen sei nicht so einfach, sagte Zalensas, schließt aber nicht aus, dass auch diese sich eines Tages auf seinen Fotografien wiederfinden. Der Fotograf war von der „tollen Location“ angetan und kann sich vorstellen, in Zukunft mit einem anderen Ausstellungsthema nach St. Ingbert zu kommen. Bilder, die für ein tschechisches Fotomagazin von den Menschen und der Lebensart in Bangladesch entstanden, wurden in der „Schmidd“ auf Nachfrage per Monitor ebenfalls eingespielt.

Das beeindruckende Porträt dieses südasiatischen Landes zeigte eine andere Seite Zalensas fotografischen Gespürs. Die St. Ingberter fanden den Rahmen für die Ausstellung gelungen. „Gewagte Bilder, aber toll“, lautete die vorwiegende Meinung des Premierenpublikums. Unter den Gästen war auch der Referatsleiter Osteuropa des Wirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz, der sich die Chance, Zalensas Bilder erstmals in Deutschland zu sehen, ebenfalls nicht entgehen ließ. „Ohne Heiner und seine Freunde wäre die Vernissage nicht zustande gekommen“, freute sich der Künstler über das Engagement der St. Ingberter, „danke auch an Peter Biedermann. Die Bilder sehen hier besser aus als ich dachte.“ Res Hofmann, die Kettensägenkünstlerin, die eine Woche zuvor in der Gehnbach den Moritatenweg um Greths Liebhaber Niklas ergänzte, war von der Idee der Ausstellung so begeistert, dass sie zwei verschämte Nackedeis aus Holz extra für die Vernissage schuf. Die männliche und weibliche Figur suchten ihre Blöße mit den Händen zu verdecken, während sie bei der Vernissage im Türrahmen standen und das „Empfangskomitee“ gaben. Demnächst wird die Ausstellung wohl nach Erfurt „wandern“, wo der Litauer noch gute Freundschaften pflegt. Schließlich hat er im thüringischen Ilmenau ab 1980 sein Studium absolviert.

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