Flop-Preis für Verkehrspolitik

St. Ingbert · Eine weniger verdienstvolle Prämie sollte Oberbürgermeister Hans Wagner am Mittwochabend entgegennehmen. Der Landesverband des Verkehrsclub Deutschlands sah die „Starre Pedale“ für die Mittelstadt St. Ingbert vor.

 Die „Starre Pedale“. Foto: VCD

Die „Starre Pedale“. Foto: VCD

Foto: VCD

Der Landesverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hat auf seiner Landesmitgliederversammlung erstmalig die Verkehrspolitik saarländischer Kommunen prämiert. Während St. Ingbert die "Starre Pedale" symbolisch für den verkehrspolitischen Flop des vergangenen Jahres erhielt, ging Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz mit der "Goldenen Klingel" als Top-Leistung nach Hause. Laut VCD-Saar erfolge in St. Ingbert eine verkehrspolitische Entwicklung des Straßenraums ausschließlich zur Förderung des motorisierten Kraftverkehrs, ohne auf die Bedürfnisse von Fußgängern und Radfahrern einzugehen. Besonders kritisierte der VCD-Saar die "Ignoranz von Bürger-Begehren zur Förderung des sanften Verkehrs". Eskaliert sei dies am Beispiel der entfernten Fußgängerampel an Wendlings Eck. "Wir können nur Auto", kommentiert Werner-Matthias Ried, St. Ingberter und stellvertretender Vorsitzender des VCD-Saar. St. Ingbert sei ein "Musterbeispiel für Flächenfraß mit immer neuen Parkplätzen, Großmärkten vor den Toren der Stadt und schnellen, überbreiten Kraftfahrstraßen ums Zentrum rum". Die "Starre Pedale" stehe für "mindestens eine Dekade des Stillstands, ja sogar des Rückschritts bei der Verkehrswende".

St. Ingberts Oberbürgermeister Hans Wagner hatte sein Kommen vorab angekündigt, zog aber schließlich seine Zusage zurück. In einer Stellungnahme teilt er mit, dass ihn dies sehr getroffen habe. "Stil und Wortwahl der VCD-Erklärung lassen Zweifel zu, ob eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Radfahren in der Innenstadt seitens des Verkehrsclub möglich und erwünscht ist. Vieles, was Sie der Stadt Saarbrücken als Verdienst anrechnen, ist in St. Ingbert ebenfalls schon lange vorhanden. Vieles, was Verkehrsteilnehmer - gleich welchen Typs - sich wünschen, ist in St. Ingbert räumlich und finanziell nicht realisierbar. Trotzdem versucht die Verwaltung, auf die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer einzugehen und ist um einen unverkrampften Dialog bemüht."

Der VCD-Saar findet dennoch positive Veränderungen: Die Öffnung der Einbahnstraßen für Radfahrer im Gegenverkehr, die Fahrradboxen oder den Zebrastreifen in der Rischbachstraße als direkte Folge des VCD-Projekts "Zu Fuß zur Schule". Auch die Qualität des Busverkehrs sei anderen Kommunen weit voraus, so Landesvorsitzende Andrea Schrickel. Aber St. Ingbert habe noch viel ungenutztes Potenzial. Als Stadt im Biosphärenreservat könne es sich zur Metropole des sanften Tourismus im Saarland entwickeln.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort