Faszinierendes Konzert-Erlebnis

St. Ingbert. Die Begegnung mit dem Tod war im Leben Giuseppe Verdis ein traumatisches Ereignis, das sich in zahlreichen Szenen voller Todesangst und Schrecken in vielen seiner Opern niederschlug. Zu den ergreifendsten Momenten darin gehören die Bühnengebete

St. Ingbert. Die Begegnung mit dem Tod war im Leben Giuseppe Verdis ein traumatisches Ereignis, das sich in zahlreichen Szenen voller Todesangst und Schrecken in vielen seiner Opern niederschlug. Zu den ergreifendsten Momenten darin gehören die Bühnengebete. Als dann sein Dichter-Freund Manzoni starb, entschloss sich der Theatermann zur Komposition einer Totenmesse nach dem liturgischen Text des katholischen Requiems. Doch es wurde keine konventionelle Messe. Mit dem sicheren Instinkt des geborenen Musikdramatikers spürte er die religiösen Gefühlswerte des lateinischen Textes auf und überführte sie in glühende Musik. Das Resultat war überwältigend. Von der zartesten Bitte um ewige Ruhe bis zur erschaudernden Anrufung des Herrn über Leben und Tod reicht die dynamische Skala der Chöre, von der tonlosen Beschwörung bis zum Angstschrei nach Befreiung die Ausdrucksvielfalt der Solostimmen. Und dazwischen findet sich eine Fülle von innigen Kantilenen, die über die Unerbittlichkeit des Todes trösten. Dieses Ausnahmewerk ist nicht für den liturgischen Alltag gedacht, sondern für große Konzertsäle - mit erstklassigen Chören und handverlesenen Solisten. Jede Aufführung an weniger prominenter Stelle kann ihm nur näherungsweise gerecht werden. Es zeugt von viel Mut, wenn Christian von Blohn sich dieser Hürde gestellt hat. Doch der Erfolg gab ihm recht. Mit hoher PräsizionDas Collegium Vocale und der Chor der Hildegardskirche wurden zu einem Klangkörper von beachtlichem Volumen und hoher Präzision zusammengeschweißt, der die große Bandbreite von Verdis Ausdrucksvielfalt überwiegend ausfüllte. Dazu trugen die Musiker der Deutschen Radio Philharmonie wesentlich bei, indem sie die Intentionen des Dirigenten sensibel umsetzten und an den Chor weiterreichten. Bei heiklen Stellen wie der jubelnden "Sanctus"-Fuge brachte brachte er zwar die Musik nicht zum "Tanzen", doch sonst oft zum Leuchten - und das Publikum zum Erschaudern. Die Solisten, deren Qualität bei diesem Werk häufig von der Kassenlage des Veranstalters abhängt, hatte von Blohn sorgfältig ausgewählt. Die Absage des Tenors wurde dann - wieder einmal durch einen Einspringer aufgefangen, der vermutlich ein Gewinn war. So stand ein respektables Gesangsquartett zur Verfügung, das fast alle Anweisungen des Komponisten umsetzen konnte. Vinzenz Haab schöpfte mit seinem Bass aus dem Vollen, was dem ehernen Fluch wie der flehenden Bitte des "Confutatis" gleichermaßen zugute kam. Zuvor hatte der eingesprungene Spanier Fernando del Vale in einem innigen "Ingemisco" mit edlem Timbre makellosen Belcanto vorgeführt. Ein Glücksfall! Auch Elena Kochukovas voller, klangschöner, in allen Lagen ausgeglichener Mezzosopran beeindruckte im "Liber scriptus". Im abschließenden "Libera me", dem Angststück vieler Soprane, konnte Stefanie Krahnenfeld mit schwebend leichter Höhe und schönem Legato überzeugen. Selbst die extremen Schreie der Todesnot verwandelte sie in Klang. Dass die Solisten auch in den herrlichen Ensembles harmonisch musizierten, versteht sich fast von selbst. Bewegendstes Beispiel dafür war das zarte "Hostias"-Quartett. Dem Dirigenten gelang es, sie zu führen und sie trotzdem singen zu lassen. Und bei Verdi bedeutet Entfaltung der Stimme immer zugleich Dienst an der Musik. Für das Collegium Vocale war es ein würdiges Konzert, für Christian von Blohn und das ganze Ensemble ein verdienter großer Erfolg, für das Publikum ein eindrucksvolles Erlebnis - und für St.Ingberts Kulturleben ein denkwürdiger Tag.

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