Gartenkolumne „Es wird durchgeblüht!“
St Ingbert/Bliestal · Wer hätte nicht gerne einen Garten, in dem es das ganze Jahr über blüht? Aber geht das überhaupt? Machen Pflanzen das mit? Machen sie. Einige jedenfalls. Erst recht in milden Wintern wie diesem – ein Rundgang durch den Januar-Garten.
Karl Foerster (1874 bis 1970), Gärtner, Staudenzüchter und Garten-Schriftsteller, hat sie ausgegeben, die oft zitierte Parole: "Es wird durchgeblüht!" Und natürlich hat er gewusst, dass das kein leeres Wort ist: Es gibt Gewächse, die bereitwillig antreten zu seinem Appell. Selbst wenn Chrysanthemen und Christrosen, die letzten Blüher im November und Dezember, schon zur Ruhe gegangen und die üblichen Verdächtigen des Vorfrühlings - Winterlinge, Schneeglöckchen, Leberblümchen und Co. - noch nicht aufgewacht sind, kann es herrlich blühen im Garten.
Lange habe ich gesucht nach Winterblühern, die dauerhaft aushalten. Und die, im Gegensatz zu den Vorfrühlingszwergen, ihre Bewunderer nicht zum Kniefall zwingen. Was ich gefunden habe, ist inzwischen zu stattlicher Größe herangewachsen.
Zeit für einen Rundgang. Er beginnt auf der Terrasse. Um den Sitzplatz dort grün zu rahmen, habe ich den Wänden Rankhilfen verpasst. Ein schmaler, hoher Streifen ist dem Winterjasmin (Jasminum nudiflorum) vorbehalten. Der muss sich zwar mit einem Pflanzkübel begnügen, was sein Höhenwachstum etwas bremst. Ansonsten stört ihn das aber kein bisschen, er blüht, als gäbe es kein Morgen: Sonnengelbe Blütchen zu Tausenden leuchten vor der Wand.
Ich gehe den Hang hinunter, vorbei an der Hasel, deren Kätzchen schon seit zwei Wochen gelb stäuben. Im Schutz der Hangstützmauer steht die Winterblüte (Chimonanthus praecox), mir längst über den Kopf gewachsen. So habe ich ihre Blüten - bizarr geformt, hellgelb mit rotbrauner Mitte - auf Nasenhöhe. Und damit ihren starken, herb-süßen Duft.
Den nächsten Kandidaten finde ich erst am Ende des Gartens. Weil das Duftgeißblatt (Lonicera fragrantissima) im Frühling, Sommer und Herbst wenig hermacht, habe ich dem unscheinbaren, ziemlich strubbeligen Strauch die Aufgabe zugeteilt, den Kompostplatz zu verdecken. Den Job macht er gut. Er fordert dabei weder Pflege noch Wasser; er nimmt, wenn er mal wieder zu breit geworden ist, energischen Rückschnitt gutmütig hin. Und im Winter, wenn seine Zeit kommt, liefert er mir Gründe, diese hintere Gartenecke aufzusuchen: Die Zweige, in diesem milden Jahr sogar noch belaubt, sind übersät mit zarten weißen Blüten, denen köstliches Ho nig aroma entströmt.
Honigsüßen Duft haben auch die winzigen weißen Blütchen der Fleischbeere (Sarcococca humilis) zu bieten. Zum Niederknien. Was wörtlich zu nehmen ist: Das immergrüne Sträuchlein aus der Buchs-Familie wird nur einen guten halben Meter hoch; und jetzt, bei kühlem Schmuddelwetter, muss man mit der Nase nah ran. An sonnigen Tagen aber ist der Duft der Sarcococca-Minihecke, die ein Schattenbeet zwischen Nachbargarage und Hangstützmauer einfasst, noch meterweit entfernt wahrzunehmen.
Im Vorgarten erwartet mich nach all dem Weiß und Gelb ein wenig Lila. Mit Streifen. Die verraten, dass unter der Zierkirsche der aus Italien stammende Teufelskrokus (Crocus imperati) blüht, stets Wochen früher dran als der geläufige Elfenkrokus (Crocus tommasinianus). Die Zaubernuss (Hamamelis) daneben zeigt erst kleine gelbe Spitzchen. Lange wird sie aber nicht mehr brauchen: Ein Strauch in der Nachbarschaft ist schon voll erblüht.
Noch ein Blick aufs Sonnengelb an der Terrassenwand. Zwei, drei Duftzweige für die Bürovase schneiden. Und dann auf zur Arbeit - meine Laune kann das graue Nieselwetter heute nicht mehr trüben.
Zum Thema:
Auf einen BlickPraktisches: Alle Winterblüher, von denen hier die Rede ist, sind in unserer Region winterhart (wenigstens im Saartal). Winterjasmin, Winterblüte und Fleischbeere tut ein geschützter Platz gut, denn Frost und scharfer Wind können die Blüten schädigen. Sarcococca ist hier in strengen Wintern auch mal zurückgefroren, hat sich aber wieder erholt. Im Gegensatz zu den übrigen Gewächsen, die allesamt Sonne lieben, mag die Fleischbeere (Halb-)Schatten auf humosem, nicht zu trockenem Boden. Nach der Blüte kann man Stecklinge von ihr schneiden, sie bewurzeln leicht. Beim Duftgeißblatt schieben Zweige, die auf dem Boden liegen, rasch Wurzeln; so lässt sich der anspruchslose Strauch gut vermehren. Bei der Winterblüte geht es über Samen, sie keimen problemlos und schnell. dd