Es schallte aus allen Kehlen

Reinheim. Pädagogen sagt man schon mal nach, sie könnten außerhalb der Schule nicht abschalten. Manche Menschen gehen gar soweit und behaupten, der Lehrer habe auch in seiner Freizeit ein gewisses Sendungsbewusstsein und will anderen etwas beibringen, die Mitmenschen zum Mitmachen motivieren. Da könnte durchaus was dran sein

Reinheim. Pädagogen sagt man schon mal nach, sie könnten außerhalb der Schule nicht abschalten. Manche Menschen gehen gar soweit und behaupten, der Lehrer habe auch in seiner Freizeit ein gewisses Sendungsbewusstsein und will anderen etwas beibringen, die Mitmenschen zum Mitmachen motivieren. Da könnte durchaus was dran sein.Die Saarbrücker Gruppe Liedstöckel bestritt am Sonntag die vierte Matinee im Europäischen Kulturpark Bliesbrück-Reinheim. Neu war dieses Mal, dass die Besucher, wenn sie wollten, mitsingen konnten. So war die Veranstaltung auch als Mitsingmatinee angekündigt worden. "Wir haben etwas vor, wovon wir selber noch nicht wissen, ob das läuft", hatte Peter Balnis, Leiter der Truppe, vorab den Konzertbesuchern mitgeteilt. So war Neues erfahren - manche Menschen sagen lernen dazu - und Mitmachen das Credo an diesem Sonntag, der eigentlich vom Wetter her unangenehm werden sollte.

Wurde er aber nicht. Das Konzert auch nicht. "La Marmotte", zu Deutsch "Das Murmeltier", war quasi der Opener, und auch da erfuhren die Menschen im knallorangenen Zelt was Neues: Der Text stammt von Goethe, die Musik von Beethoven. Diese Ode an das fahrende Volk passte angesichts der besonderen Atmosphäre im Kulturpark. Zwar waren die Klänge eher mittelalterlich, aber so eng sah das kaum einer. "Ich komme klar mit Hartz IV", so der Titel mit dem man die Sarrazin'schen Weisheiten ab absurdum führte, hatte einen Beatles-Song als Grundlage. So wurde ironisch der Alltag eines Empfängers staatlicher Transferleistungen überzeichnet, während die Musik auf "With a little help from my friends" daherkam. Und das Publikum sang in der Tat bei vielen Liedern mit. Auch wenn nicht alle in der Gruppe Lehrer sind: Der Song vom "Dorfschulmeister Klein" musste dann doch sein. "Ein wunderschönes Lied über die Schwierigkeiten des lehrenden Volkes", hatte Balnis vorab gemeint. "Zahltag", ursprünglich ein Lied der Gruppe Wacholder, beschrieb nicht den Eingang des Geldes, sondern die Abgabenlast eines jeden einzelnen. Liedstöckel-Chef Balnis ist Pete Seeger-Fan. So überträgt er das ein oder andere Lied ins Deutsche. "Bauchtief im Schlamassel" ist seine Version eines Songs, welcher zurzeit des Vietnamkriegs spielt. Wie aktuell die Gruppe sein kann, bewies sie mit "Tausend Feuer". Eigentlich der inoffizielle Name für die Stadt Gelsenkirchen, stellte das Lied die Hommage an das Ende des Bergbaus an der Saar dar. Ein Lied, welches sich durch eine recht große Harmonie auszeichnete.

Mit einem Stück zeigte Liedstöckel, dass man auf der Höhe der Zeit ist. "Add mich", widmet sich den Gepflogenheiten im sozialen Netzwerk Facebook. Die Freundschaft annehmen, hinzufügen, - das Adden - das ist gar nicht so einfach. Wie das Leben zwischen Mann und Frau. Deshalb gab es auch noch "Tausend Ehetipps", die sicherlich nicht für bare Münzen genommen werden sollten. Dafür waren die Hinweise ein wenig zu heftig. "Wir haben etwas vor, wovon wir selber noch nicht wissen, ob das läuft."

Peter Balnis von "Liedstöckel" vor dem Konzert

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