Es geschieht etwas zwischen Menschen

St Ingbert · Die Kinowerkstatt in St. Ingbert zeigt mit „Berlin Chamissoplatz“ am Wochenende eines der schönsten Werke von Regisseur Rudolf Thome.

 Rudolf Thome in dem Dokumentarfilm „Überall Blumen“. Foto: Pheripher Filmverleih

Rudolf Thome in dem Dokumentarfilm „Überall Blumen“. Foto: Pheripher Filmverleih

Foto: Pheripher Filmverleih

Einer der schönsten Filme des deutschen Regisseurs Rudolf Thome ist "Berlin Chamissoplatz", den die Kinowerkstatt am Freitag, 9. Juni, am Sonntag, 11. Juni, und am Montag, 12. Juni, jeweils um 20 Uhr zeigt. "Berlin Chamissoplatz" ist ein Film aus dem Jahr 1980. Die Uraufführung fand am 1. November 1980 bei den Hofer Filmtagen statt. Der Film erhielt 1982 den Gilde-Filmpreis in Silber von der Gilde deutscher Filmkunsttheater.

"Berlin Chamissoplatz" beginnt 1980 mit einem Schwenk über die Dächer von Kreuzberg, wo sich Spekulanten und Besetzer bekriegen, eine Punkband spielt, und es geht um einen Haussanierer und eine Soziologiestudentin - aber das Wichtige sind die Szenen der Privatheit, wenn Hanns Zischler am Klavier ein Lied singt, ein Glas Roten auf dem Flügel, und wenn Sabine Bach ihre Haare trocknet, sich im Morgenmantel aufs Sofa setzt, auch nach einem Glas greift, ihm stumm zusieht und langsam zu lächeln beginnt. Da passiert etwas zwischen zwei Menschen, wie immer bei Thome etwas zwischen Menschen geschieht, und der Regisseur betrachtet es milde und liebevoll, ironisch und distanziert.

"Berlin Chamissoplatz gehört zu den schönsten Liebesgeschichten, gedreht vom größten Regisseur, den keiner kennt", meinte Filmkritiker Hanns-Georg Rodek in der Zeitung "Die Welt".

Rudolf Thome gehört mit zu den bekanntesten Filmemachern Deutschlands. Doch der breiten Masse bekannt wurde er nicht - dafür ist er wohl zu eigen und seine Filme sind zu gut. Serpil Turhans Doku "Rudolf Thome - Überall Blumen" (Deutschland 2016, 84 Minuten.) läuft zurzeit in den deutschen Kinos, in der Kinowerkstatt am Samstag, 10. Juni, um 20 Uhr, und am Montag, 12. Juni, um 18 Uhr. Bereits 28 Langfilme hat Thome gedreht, jetzt will er sein aktuelles Drehbuch mit dem Titel "Überall Blumen" verfilmen, aber das Geld dafür fehlt. Was tun? Geld via Crowdfunding sammeln, die Hauptrolle einfach selber spielen? Gemeinsam wird überlegt; Serpil Turhan ist ein liebevolles und ungewöhnliches Porträt eines eigensinnigen Regisseurs gelungen.

"Rudolf Thome - Überall Blumen", ihr zweiter eigener langer Film (nach einem Studium an der Karlsruher Akademie der Künste bei Thomas Heise), hat etwas Beschwingtes, denn es gelingt der Regisseurin, die Leichtigkeit aus Thomes Filmen in ihren Film mitzunehmen, er ist in jeder Einstellung durchdrungen von der Vertrautheit und Zuneigung der jungen Filmemacherin zum alten Filmemacher; gerät aber nicht für einen Moment in die Gefahr, in eine Huldigung umzuschlagen. Turhan entscheidet sich für eine spielerische Halbdistanz, die in einer Szene früh im Film bei der Morgenrasur explizit wird: Der Badezimmerspiegel ist ungeputzt, das Haar nicht gekämmt, schließlich ist das hier ein Dokumentarfilm; aber einen Bademantel zieht sich Thome trotzdem an.

Besonders toll ist, dass der Film sich jedem Zug ins Nostalgische konsequent verweigert (ohne deshalb die Tränen zu übersehen, die dem Regisseur kommen, wenn er an seinen Lieblingsschauspieler Marquard Bohm denkt). Kein bisschen ist das die Best-of-Thome-Revue, zu der ein solches Projekt angesichts eines umfangreichen Backkatalogs aus 28 Lang- und einer Handvoll Kurzfilmen leicht hätte werden können.

Lukas Foerster meint bei perlentaucher.de: "Trotzdem gibt es immer wieder auch ein Gefühl von Sehnsucht, ein Sich-vergessen-und-nicht-beachtet-Fühlen. Thome hat ja immer schon eine Außenseiterrolle gespielt."

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