Gas-Knappheit wegen des Ukraine-Kriegs „Man kann sich nicht zu Tode sparen“: Was Menschen im Saarland vom Energiesparen halten

St Ingbert · Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck wirbt eindringlich um mehr Energiesparen. Bei einer Umfrage in St. Ingbert ist nicht jeder davon begeistert.

 Mancher St. Ingberter fürchtet sich schon vor dem Blick auf den Gaszähler im nächsten Winter.

Mancher St. Ingberter fürchtet sich schon vor dem Blick auf den Gaszähler im nächsten Winter.

Foto: dpa/Marijan Murat

Der grüne Bundesminister Robert Habeck (Wirtschaft und Klimaschutz) will Energiesparen in Deutschland forcieren. Jeder soll mitmachen, jede Kilowattstunde zähle, so der Minister. Zur Not soll per Gesetz die Sparsamkeit erzwungen werden. Angesichts nurmehr halbvoller Gasspeicher wohl nachvollziehbar. Wir wollten von Menschen in der St. Ingberter Innenstadt wissen, wie sie es mit dem Energiesparen halten.

„Bleiben Sie mir vom Hals mit diesem Blödsinn!“ Der junge Familienvater will nicht mit uns über seine Energiebverbrauchsgewohnheiten reden. Er steht stellvertretend für viele junge Menschen, die wir in der Fußgängerzone ansprechen, die sich völlig überfordert sehen bei diesem Thema. „Was sollen wir denn noch alles machen?“, so eine junge Mutter, die nicht weiß, wie sie sich zusätzlich zu den Herausforderungen ihres Lebens auch noch mit Heizungskonzepten befassen soll. „Wir werfen so gut wie nichts mehr weg, wir sparen, wo wir können. Das Geld reicht so schon kaum mehr zum Leben. Wenn wir am Ende des Jahres die Heizungsrechnung bekommen, da habe ich richtig Angst davor“, erzählt sie.

Sven Culmann sieht die Sache anders. In Habecks Plänen sieht er „eine richtige Sache“, und er gibt zu bedenken, dass es uns noch zu gut gehe. Bei vielen Menschen sei die Notwendigkeit zum Energiesparen noch nicht angekommen, auch sieht er die Nachwirkungen der Ära Merkel – „die Menschen haben sich daran gewöhnt, dass die Regierung ihnen alle Probleme abnimmt, und dass Mutti das schon irgendwie richten wird“. Die aktuelle Regierung fordere den Bürger in seiner Eigenverantwortung, und damit seien einige überfordert. Culmann, selbst als Außendienstler unterwegs, nimmt Sparen ernst. Die Heizung ist im Sommermodus, in der kalten Jahreszeit wird sie wohl heruntergeregelt werden, ein wenig kälter als in anderen Jahren. Das Auto kann er beruflich nicht entbehren, aber er legt Fahrten zusammen und plant seine Routen bewusst.

Salvatore Pilato ist mit seinem Enkel unterwegs. „Vorher wäre ich vielleicht mit dem Kleinen weggefahren, heute gehen wir halt zu Fuß in die Stadt und in den Park. Das ist wunderschön, und gesund außerdem.“ Sein Auto steht die meiste Zeit ungenutzt zu Hause, nur für dringende Fahrten wird es gebraucht. Wenig weiteres Einsparpotenzial sieht er in seinem Haushalt. „Die Heizung ist schon runtergeregelt, aber im Kalten will ich nicht sitzen. Dafür spare ich Strom, wo es nur geht. Licht wird nur dort gemacht, wo es gebraucht wird.“ Ansonsten nutze er schon alle Möglichkeiten, sparsam mit Energie umzugehen.

Für Gina Fudalla war Energiesparen nie ein Thema. „Das Gas war ja da, warum sich Gedanken machen. Aber jetzt ja. Wir müssen intensiv nachdenken, wie wir damit klarkommen.“ Ihr Mann arbeitet oft in Polen, er legt alljährlich viele tausend Kilometer zurück. Neuerdings hat er ein Neun-Euro-Ticket, das er nutzen will, wo immer es möglich ist. Auch sie selbst will sich ein Zugticket besorgen. Derzeit nutzt sie das Auto noch, um zur Arbeit zu kommen. Aber sie denkt darüber nach, öfters öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.

Genau damit hat Bettina Schwarz ihre Probleme. „Der öffentliche Personennahverkehr funktioniert in der Stadt hervorragend. Aber wenn man auf dem Land lebt, da stößt man an Grenzen. Da stimmen keine Taktzeiten, da kommt der Bus regelmäßig so an, dass die Anschlussverbindungen gerade weg sind. Mit dem Bus die Bahn zu erreichen, das funktioniert in aller Regel für mich nicht.“ Bettina Schwarz wohnt in Bliesmengen-Bolchen. „Wer hier wohnt, braucht ein Auto“, resümiert sie. Wobei sie sich durchaus wünschen würde, es öfter stehen lassen zu können. Aber da müsse sich noch vieles beim Busverkehr verbessern. Ratlos ist sie, wie es mit dem Heizen weitergehen soll. „Wir haben eine Ölheizung. Die hat 30 Jahre auf dem Buckel, und trotzdem ist der Schornsteinfeger von den Werten des Brenners immer wieder begeistert. Wir wollten die alte Ölheizung durch eine moderne Gasheizung ersetzen. Kommt jetzt aber wohl nicht infrage. Der alte Brenner wird, so wie es heute aussieht, noch eine Weile arbeiten müssen.“ Die Heizung wird im Winter etwas runtergedreht, aber „zu Tode sparen kann man sich auch nicht“.

Jürgen Peter Schindler hat seine Freude am Energiesparen entdeckt. Seine Frau hat zwar ein Auto, er selbst aber ist völlig auf seinen Roller umgestiegen. „Wenn nicht gerade Glatteis ist, dann fahre ich mit dem Roller. Das macht Spaß, man ist wendig und flexibel, und man spart eine Menge Sprit und Geld. Und man ist an der frischen Luft.“ Das Auto wird immer seltener benutzt, so gesehen hat Schindler mit Habeck keine Probleme. Wie es mit der Heizung weitergeht – wir haben gerade Hochsommer. Man wird sehen. Aber sparen muss wohl sein, dazu gibt es keine Alternative.

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