Besuch beim Buschdoktor aus Dudweiler Das Einzige, was hier wächst, sind die Friedhöfe

Selbst nach dem Abgang des Langzeit-Diktators Robert Mugabe sollte jeder aufpassen, was er sagt. Egal ob er aus dem Ausland kommt oder in Simbabwe lebt. Einen Tag nach ein paar kritischen Worten über die Regierung tut sich Verdächtiges auf meinem Google-Konto. Eine Woche in diesem Land bietet mehr Gründe, nachdenklich zu werden, als mir lieb ist.

Eine Woche Simbabwe bietet viele Gründe, ins Grübeln zu kommen
Foto: SZ/Roby Lorenz

Der Satz von Dr. Hans Schales geht mir nach einer Woche auf den Spuren seines Afrika-Projektes nicht aus dem Kopf. „Das Einzige, was in Simbabwe wächst, sind die Friedhöfe“, hat der Arzt aus Dudweiler auf dem Weg vom St. Luke’s Hospital, wo er seit 2001 wirkt, nach Bulawayo gesagt. Als wir an einem Friedhof vorbeifuhren. Von Bulawayo flog ich nach Johannesburg. In Südafrika warte ich nun auf meinen Weiterflug nach Frankfurt. Zeit zum Nachdenken über diesen Satz. Und darüber, dass ich in der SZ-Liveschaltung via Facebook mit Schales und mir die Regierung kritisiert habe.

Ex-Staatspräsident Robert Mugabe ist ein Diktator. Er hat sein Land ausgebeutet. Heute ist Simbabwe, die frühere Kornkammer Afrikas, eines der ärmsten Länder der Welt. Mugabes Vermögen dagegen wird auf über eine Milliarde Euro geschätzt. Am Tag nach der Liveschaltung wollte ich eine Mail verschicken. Es kam die Meldung: „In Ihrem Google-Konto wurden verdächtige Aktivitäten festgestellt. Ändern Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit ihr Passwort.“ Auch das machte mich nachdenklich. Hier in Simbabwe liegen viele Kritiker auf den Friedhöfen. Dass Charity Mkwebu noch nicht auf dem Friedhof liegt, zeigt, wie leidensfähig die Menschen in diesem Land sind, das die „Fat cats“ – so werden korrupte Regierungsmitglieder hier genannt – seit eh und je ausbeuten. Die 35-Jährige arbeitet in der Verwaltung des St. Luke’s Hospitals. Am 2. Dezember 2017 wurde sie bei einem Unfall schwer verletzt. Auf einem Truck fuhren 69 Personen mit. In einer Kurve verunglückte der Lkw. 23 Menschen starben. Viele wurden schwer verletzt – wie Mkwebu. Der Fahrer war betrunken. Vor Gericht kam er mit einer Geldstrafe von etwa 150 Euro davon. Als hätte Mkwebu nicht genug durchgemacht, folgte am 28. August 2018 der nächste Schicksalsschlag. Ein Nachbar lockte ihre Tochter Gugulethu in sein Haus. Er vergewaltigte die heute 16-Jährige. Mkwebu arbeitete damals in der St.-Pauls-Klinik. Der Täter war ein Kollege der alleinerziehenden Mutter. Aber nicht der 50-Jährige wurde versetzt, sondern sie. So kam die 35-Jährige nach St. Luke’s. Das Urteil steht noch aus. Aber Mkwebu hat kein Geld für einen Anwalt. Und Korruption ist in Justiz-Kreisen üblich. Nicht auszudenken, was sie fühlen muss, sollte der Vergewaltiger mit einer Geldstrafe davonkommen. Charity Mkwebus Schicksal erinnert an einen Satz von Schales: „Korruption verhindert, dass sich dieses wunderschöne Land weiterentwickelt.“ Auch deshalb sind die Friedhöfe das Einzige, was in Simbabwe wächst.

 Charity Mkwebu (links) steht ihrer Tochter Gugulethu bei. Ein Nachbar hat die heute 16-Jährige am 28. August 2018 vergewaltigt.

Charity Mkwebu (links) steht ihrer Tochter Gugulethu bei. Ein Nachbar hat die heute 16-Jährige am 28. August 2018 vergewaltigt.

Foto: Marcus Kalmes
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