Kolumne Eine nicht mehr junge Frau, aber ganz von heute

Im hohen Alter sind ihr Begriffe wie Globalisierung und Digitalisierung nicht so leicht zugänglich. Aber wie man unsere Erde schont, braucht ihr niemand zu erklären.

Eine Frau, ganz von heute
Foto: SZ/Robby Lorenz

Die Frau ist 95 Jahre alt. Hat viel erlebt und überlebt. Den Krieg, die Nachkriegszeit, das Wirtschaftswunder, eine lange Friedenszeit. Jetzt versucht sie offen und neugierig, den großen Schlagwörtern dieser Tage einen Sinn zu geben. Globalisierung – „schön, dass euch die Welt heute so offen steht“. Digitalisierung – „beneide euch, was ihr mit euren Smartphones so alles machen könnt“.

Und sie verfolgt bang die Klimadiskussion und wie es mit unserer Erde weitergehen könnte. Nicht mehr für sich. Aber für Kinder, Enkel und Urenkel. Sie liest, hört zu, fragt nach. Reparieren statt wegwerfen. Aus Alt mach Neu (neudeutsch Recycling, Upcycling). Kampf gegen Plastik. Energie sparen. Ressourcen sichern. Das nenne man nachhaltig.

Ja, das bringt sie zum Zurückdenken. In ihren jungen Jahren, da ging man zum Einkaufen in den Gemischtwarenladen im Viertel oder auf den Wochenmarkt. Zu Fuß selbstverständlich, wer hatte schon ein Auto? Mit Einkaufskorb, wer kannte Plastiktüten? Täglich, wie hätte man alles frischhalten sollen? Da wurde das Pfund Grieß aus Schütten abgefüllt (heute entstehen Unverpackt-Läden!).

Obst und Gemüse lag aus, was gerade hierzulande erntereif war (heute wirbt die frische, regionale, saisonale Küche!). Lebensmittel in die Tonne, das tut ihr weh. Wer Hunger kennengelernt habe, der könne nie ein Stück Brot wegwerfen. Sie geht Zeit ihres Lebens achtsam mit Essen um. Aus Resten lasse sich immer noch was Schmackhaftes machen. Verwerten statt verschwenden. Diese Frau passt doch in die moderne Zeit, oder?

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