Ein Seil, das alles aushält

Limbach · Seile sind komplexe Bauteile, über die kaum jemand nachdenkt, der damit nichts zu tun hat. Es sei denn, man steht im Aufzug oder schwebt in einer Seilbahn. Das Drahtseilwerk Casar liefert seit 1948 Top-Qualität in alle Welt. Ein Besuch in Limbach.

 Oliver Fries im Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes des Drahtseilherstellers Casar in Limbach. Ein imposantes Stück Seil windet sich bis in den ersten Stock. Foto: Thorsten Wolf

Oliver Fries im Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes des Drahtseilherstellers Casar in Limbach. Ein imposantes Stück Seil windet sich bis in den ersten Stock. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Wenn vom Exportüberschuss der deutschen Wirtschaft, dem deutschen Maschinenbau und seinen Leistungen gesprochen wird, dann wird in den TV-Nachrichten gerne ein Foto von Hafenkränen bei Sonnenuntergang gezeigt. Das ist zwar stimmungsvoll, doch ergibt sich der Wohlstand eher aus der Arbeit, die im Land verrichtet wird.

Wie bei Casar in Limbach, wo in der großen Halle an der Straße "An der Windschnorr" Maschinen laufen, die mit Hilfe der dort beschäftigten Mitarbeiter die angelieferten Drähte zu Spezialseilen verdichten. 1948 wurde die Limbacher Fabrik Casar (zusammengesetzt aus "Cable Sarre") gegründet, die ein Patent auf verdrehungsfreie Seile hatte und sich ziemlich bald weltweit einen hervorragenden Ruf erarbeitete.

Die Gründerfamilie hat das erfolgreiche Unternehmen verkauft, seit 2007 gehört Casar zu der amerikanischen Gruppe WireCo mit Sitz in Kansas City. Dieses US-Unternehmen mit seinen rund 4000 Mitarbeitern ist keine "Heuschrecke", die den Limbacher Drahtseilhersteller zerschlagen wollte, wie viele Limbacher zunächst befürchteten. Ganz im Gegenteil: "Unsere Produkte zählen weltweit zum Premiumsegment", erklärt Oliver Fries, der Leiter des Limbacher Werkes.

Fries stammt aus Neunkirchen und war zuvor als Konstruktionsleiter bei Terex in Zweibrücken tätig, bevor er vor gut anderthalb Jahren zu Casar wechselte. Er findet es wichtig, dass der Traditionsname erhalten blieb: "Unser Mutterhaus WireCo hat nie das Ansinnen gestellt, den guten Namen Casar zu ändern, wir sind damit weltweit bekannt."

Derzeit sind 350 Mitarbeiter in Limbach tätig, die meisten kommen aus der näheren Umgebung, manche sind sogar schon in zweiter oder dritter Generation bei Casar, "das hat ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein in der Seilproduktion zur Folge", betont Fries, "das kommt uns sehr zugute, denn Seilproduktion ist ein gutes Stück Erfahrungssache".

Obwohl Seile sowohl in der Produktion (vor allem in Bergwerken) als auch beim Umschlag (Krane) unentbehrlich sind, wissen die wenigsten Menschen, was ein Seil eigentlich alles kann. Denn über Seile macht man sich nur Gedanken, wenn der Aufzug ruckelt oder eine Seilbahn sich abenteuerlich den Berg hinaufschwingt. Ob das Seil wohl hält?

"Es hält", sagt Oliver Fries, "denn ein Seil reißt nicht durch, dafür ist es ein viel zu komplexes Bauteil". Auch wenn die Litzen reißen, hält das Seil dennoch seine Last, denn sein Innenleben wird davon nicht beschädigt.

Bei Casar ist man stolz auf die lange Haltbarkeit der Eigenproduktion: "Unsere Qualität hat ihren Preis, aber bevor eine große Anlage stillsteht, nur, weil ein Seil ausgetauscht werden muss, entscheiden sich die Betreiber lieber für die sicheren Seile von uns, die einen höheren Standard haben."

Casar-Seile sind in Schiffshebewerken, beim Bau von Staudämmen, in Bergwerken und Kranen zu finden. Aber auch so manches bekannte Projekt ist dabei: ein Schrägaufzug im Pariser Eiffelturm funktioniert ebenso mit Casar-Seilen wie der spektakuläre Space Mountain im Disneyland Paris.

Dabei wird ein Zug wie in Jules Vernes Roman "Von der Erde zum Mond" mit einer Art Kanone abgeschossen. Dazu wird ein elektrisches Kabelbeschleunigungssystem mit einem Schiebemechanismus unter dem Zug benutzt, um den Zug auf 71 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen. "Wir wechseln hier das Seil alle drei Monate aus", informiert Fries, "denn diese außergewöhnliche Belastung hält kein Seil lange aus." Für die Zukunft sei der Limbacher Standort gut aufgestellt, betont Fries. Derzeit wird umgebaut, die Dächer werden erneuert - und im nächsten Jahr soll ein neues Fertigungsverfahren anlaufen, das die Verseilung der Drähte flexibler gestalten kann.

Oliver Fries, der zusätzlich zu seinem Limbacher Job auch für den Entwicklungsbereich des Gesamtunternehmens zuständig ist, weiß, wie wichtig es ist, am Ball zu bleiben: "Wir müssen mit Innovationen und Top-Qualität punkten." Derzeit sind in den australischen Minen 80 Prozent Casar-Seile am Werk. Das soll auch so bleiben, wünscht sich Fries für die ganze Belegschaft.

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