Ein Schlüssel für kulturelle Landschaften, die heute nicht mehr sind

St Ingbert · Die Stadtbücherei St. Ingbert war dieser Tage Schauplatz einer Lesung von Lothar Quinkenstein, Autor aus Berlin, der seinen Band „Erinnerungen an Klara Blum“ vorstellte. Dabei rückte er Polen ins Licht der Aufmerksamkeit.

 Der Autor Lothar Quinkenstein bei seiner Lesung in der St. Ingberter Stadtbücherei. Foto: Jürgen Bost/ILF

Der Autor Lothar Quinkenstein bei seiner Lesung in der St. Ingberter Stadtbücherei. Foto: Jürgen Bost/ILF

Foto: Jürgen Bost/ILF

. Mit Lothar Quinkensteins "Erinnerungen an Klara Blum" konnten Karin Mostashiri, Stadtbücherei St. Ingbert , und Jürgen Bost, Sprecher des St. Ingberter Literaturforums, in einer spannenden Präsentation den aktuellen im Röhrig Universitätsverlags erschienenen Essayband des Berliner Autors vorstellen. Zur Präsentation dieses von persönlichen Eindrücken in Polen gespeisten Buches waren zahlreiche Zuhörer in die Bibliothek gekommen, unter ihnen auch Magdalena Telus als Vertreterin der Deutsch-Polnischen Gesellschaft.

Jürgen Bost stellte zunächst den Autor und seine bisherigen Publikationen vor. In seinem Einführungsvortag ging er auf die Entwicklung des spannungsreichen und durch eine Fülle von Vorurteilen belasteten Verhältnisses zwischen den beiden Völkern ein. Er skizzierte dabei den aufgrund unserer atlantischen Orientierung und der Spaltung Europas durch den Eisernen Vorhang weitgehend verlorenen Blick auf die eigentlich weiter östlich liegenden Zentren Mitteleuropas.

Von der Geschichte und Selbstwahrnehmung Polens und seinem eigenen Erleben dieses Landes ausgehend, entfaltete Lothar Quinkenstein in seinen Essays auf der Grundlage von persönlichen Begegnungen, Entdeckungen und Erfahrungen diesen Perspektivenwechsel hin zum Konzept Mitteleuropa - eine Idee, die starke Faszination ausstrahlt. "Die Mitte liegt ostwärts", lautete eine seiner Grundthesen.

Appell zum Nachverfolgen

Die in seiner Lesung vorgestellten Orte und Autoren und behutsam entwickelten Porträts von Persönlichkeiten aus diesem facettenreichen Kulturraum sollten als Appell zum Nachverfolgen seiner Wege und Lektüren verstanden werden. Zugleich bedeuten sie die Dokumentation eines entsetzlichen Verlusts, denn das jüdische Leben mit seinen wertvollen Beiträgen zur Entwicklung unserer Kultur wurde in einen verhängnisvollen Strudel der Vernichtung gerissen.

Lothar Quinkensteins mit großer Kenntnis und viel Empathie geschriebenes Buch ließ unser Nachbarland Polen zum Schlüssel für kulturelle Landschaften werden, die heute nur mehr in der Erinnerung existieren. Es löste beim zahlreich erschienen Publikum gleichermaßen Neugier wie Betroffenheit aus und bot Anlass für rege Diskussionen. Dabei wünschte man sich im Auditorium ein stärkeres gegenseitiges Interesse zum Erlernen der jeweiligen Nachbarsprache, noch mehr Begegnungen über die Grenzen hinweg und das allmähliche Vertiefen einer Freundschaft zwischen den beiden Völkern, wie sie mit unseren französischen Partnern erreicht werden konnte. Als weitere Veranstaltungen des St. Ingberter Literaturforums kündigte Bost für Mittwoch, 28. Oktober, unter dem Titel "Blick zum Nachbarn" eine Begegnung mit Autoren aus Lothringen und dem Elsass an (siehe Meldung auf dieser Seite) und wies auf den 2. Dezember hin, an dem der Schweizer Schriftsteller Ralph Dutli Gast in der Stadtbücherei sein wird.

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