Ein Ohr für Geschäftsleute

St Ingbert · Viele gute Anregungen, ein wenig Ärger und eine Prise Wunschdenken fanden am Dienstag bei einem Rundgang des Vereins für Handel und Gewerbe in St. Ingbert Gehör. In mehreren Teams besuchte der Vorstand Geschäftsleute und erfuhr deren Meinungen zu Leerständen, Festen, Sauberkeit und vielem mehr.

 Das Vorstands-Team des Vereins für Handel und Gewerbe, bestehend aus Dagmar Demin vom Blumenladen Sti(e)lwerk und Friseurmeister Nico Ganster, unterhält sich mit Geschäftsführer Johannes Escher (von links) im neu in der Kaiserstraße eingezogenen Reformhaus Escher. Foto: Patricia Müller

Das Vorstands-Team des Vereins für Handel und Gewerbe, bestehend aus Dagmar Demin vom Blumenladen Sti(e)lwerk und Friseurmeister Nico Ganster, unterhält sich mit Geschäftsführer Johannes Escher (von links) im neu in der Kaiserstraße eingezogenen Reformhaus Escher. Foto: Patricia Müller

Foto: Patricia Müller

Ist St. Ingbert noch zu retten? Das ist eine Frage, die sich zumindest einer der vor Ort ansässigen Geschäftsleute stellt. Und ein Satz, den Stefan Quirin von Eisen Quirin von einem Rundgang des Vorstands vom Verein für Handel und Gewerbe mitgebracht hat. Mit neun Männern und Frauen besuchte der nämlich am vergangenen Dienstag, 12. April, Geschäftsinhaber in der Innenstadt. Und erkundigte sich, wo denn der Schuh so drückt. Dabei herausgestellt hat sich, dass sich bei manchem Ladenbetreiber ein Grundpessimismus breitgemacht hat, verbunden mit nicht zu erfüllendem Wunschdenken. Besonders bei "Alteingesessenen" sei dies so, hört man in der abschließenden Besprechungsrunde des Vereinsvorstands. Als Argument gelten dabei häufig die Leerstände, berichtet der Verein. Diesen Ansatz relativierte Alexander Eich von CompuSaar aber gleich: "Man kann gefühlt der Meinung sein, dass sich nichts ändert", allerdings gebe es immer wieder Wechsel und in die Leerstände zögen neue Geschäfte ein. "Wir sehen, dass sich die Situation hier gut darstellt."

Grundsätzlich habe der Verein "sehr angemessene Kritik" erhalten, beurteilte Eich. Und auch viele Ideen waren dabei. So führte Claudia Deutsch von Fashion Companies an: Leerstände könne man beispielsweise dadurch verschönern, indem man Aktionen dort stattfinden lasse, Schaufenster in dieser Zeit nutze und so die vorübergehende Leere verschwinde.

Besonders häufig, berichtete der Vereinsvorstand, äußerten sich die Leute zu Event-Samstagen und verkaufsoffenen Sonntagen, die in St. Ingbert an feste Termine gebunden seien. Damit einher gingen Überschneidungen mit Terminen anderer Städte, was den Ladeninhabern nicht gefällt. Hierbei wünschen sie sich Koordination und Abstimmung. Die St. Ingberter Unterstadt möchte gerne in Veranstaltungen eingebunden werden, die Kohlenstraße gilt als vernachlässigt und in der Ludwigstraße wünschte man sich das Lyonerfest zurück (siehe Infokasten). In Letzterer nannten die Geschäftsleute Wünsche wie die Verlängerung der Fußgängerzone oder Verkehrsberuhigung mit schräg eingesetzten Parkplätzen. Davon erhofft man sich dort Profit. Um Kunden nicht abzuschrecken oder gar zu verscheuchen, kam auch ein weiterer Vorschlag auf den Tisch. An Veranstaltungen sollte das Ordnungsamt lieber Ermahnungen an Falschparker verteilen anstatt Knöllchen.

In Sachen Ingo-Taler erreichte der Vorstand besonders in der Kohlen- und der Ludwigstraße einen Fortschritt, wo offensichtlich kaum einer davon Kenntnis genommen hatte, berichtete Thomas Leidinger von der Steuerberatungsgesellschaft Trautmann Treuhand. Erfreulich war dementsprechend das große Interesse daran: Fast alle wollen Einsteigen. Nico Ganster, 1. Vorsitzender des Vereins, erwähnte in diesem Zusammenhang, dass das St. Ingberter Zahlungsmittel bislang gut genutzt werde.

Sauberkeit war außerdem ein Aspekt, den der Vorstand an diesem Tag oft als Kritikpunkt aufnahm. Graffitis und Glasscherben am Busbahnhof störe die Leute sehr. Zur Verschönerung der Stadt könnten hingegen vermehrt Grünpatenschaften beitragen, so eine weitere Idee, die beim Vorstand Gehör fand.

Als bedauerlich hingegen empfinden die Geschäftsleute das allzu knappe Budget der Stadt fürs Marketing. St. Ingbert mache zu wenig Werbung für eigene Veranstaltungen während andere Städte ihre Events über Wochen in Radio und Zeitung hoch- und runterspielen ließen. Zumal St. Ingberter Firmen in diesen Topf miteinbezahlen, sagte nicht zuletzt Nico Ganster, der hierbei noch "Überzeugungsarbeit in der Politik leisten" will.

Etwa 90 Geschäfte besuchte der Vorstand am Vormittag. Die Offenheit und Kommunikationsfreudigkeit des Vereins sei von vielen positiv angenommen worden. Alle weiteren Läden auf der langen Liste will er in den kommenden Tagen und Wochen kontaktieren. Geschäfte in den Stadtteilen folgen im zweiten Halbjahr.

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HintergrundDas Bier- und Lyonerfest entstand 1986, veranstaltet von der Aktionsgemeinschaft St. Ingbert . Neben zahlreichen Getränke- und Grillständen, die Besucher natürlich mit kühlem Pils und Lyoner in vielen Variationen versorgten, gab es auch ein reiches Unterhaltungsprogramm. Angefangen bei Live-Musik, vergnügten sich Besucher mal beim Schachturnier, dann am Lyoner-Glücksrad (wo man mit einem Einsatz von einer Mark einen Ring Lyoner gewinnen konnte) oder beim von SaarTV ausgerichteten Kellner-Rennen (bei dem die Sieger ein Lyoner-Essen für zwölf Personen gewinnen konnten). 2002 kam das Fest in neuem Gewand daher und wurde zum Festival saarländischer Chöre mit dem Motto "Musik & Lyoner ", dann zur "Fête de la Musique", bevor Bier und Lyoner gänzlich aus dem Konzept verschwanden. pam

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