Kultur à la Minute Ein Langzeit-Single plaudert aus seinem Leben

St. Ingbert · Der Comedian Jens Heinrich Claassen gastierte in der St. Ingbert Stadthalle mit seinem neuen Bühnenprogramm.

 Jens Heinrich Claassen war in der Stadthalle in St. Ingbert zu Gast.

Jens Heinrich Claassen war in der Stadthalle in St. Ingbert zu Gast.

Foto: Jörg Martin

Sind wir doch mal ehrlich: Das mit der Größe vom besten Stücks des Mannes beschäftigt seit Ewigkeiten beiderlei Geschlechter. Der deutsche Durchschnitt soll bei 13 Zentimetern liegen. Doch es gibt auch Menschen, die den Durchschnitt lieben. Ihn geradezu zur Philosophie erkoren haben. Einer von ihnen ist der Comedian Jens Heinrich Claassen, der am Donnerstagabend im Rahmen der A la Minute-Reihe auf der Bühne der Stadthalle gastierte.

„13 Zentimeter – aus dem Leben eines durchschnittlichen Mannes“, so der Name des aktuellen Programmes des Düsseldorfer Künstlers, führt in die Irre. Offen und frei weg von der Leber gibt der Mann zwar zu, selbst dieser Größen-Kategorie anzugehören. Doch es geht den Abend über vordergründig nicht um das Thema Nummer 1, was das Publikum gleich mit einem „Ohhhhh….“ bedauerte. Sieht man einmal von der Ballade „Mein bestes Stück“ ab.

Claassen, ehemaliger Azubi als Servicekaufmann im Luftverkehr, stellt sich auf eine charmante Art und Weise komplett in den Vordergrund. Er ist nicht der Komiker, der andere vorführt und durch den Kakao zieht. Das macht er mit sich selbst. So, dass man schnell ins Grübeln kommt, was Fiktion und was Realität ist. Das fängt schon beim Erni-T-Shirt in Orange an. Fast könnte man meinen, die Sesamstraßen-Figur sei er selbst, der einem da angrinst. Jens Heinrich Claassen ist Langzeit-Single. Ein Umstand den er zelebriert, bis es jeder der rund 110 Besucher weiß. Nebst der Nummer seines Hotelzimmers, denn das ist für weibliche Interessenten bereits vorgeheizt.

„Ich bin immer noch allein. Hat jemand Interesse?“, fragt der Durchschnittsmann. Keine meldet sich. Dann wirft er die 45 Kilo in die Waagschale, die er abgespeckt hat. Warum? Na, weil er eine Frau möchte. Bis die kommt, nimmt sein Teddy Rudolf deren Platz ein. Zum Brüllen lustig wird es, wenn der Musikkomiker am Klavier etwa „Westerland“ (Die Ärzte) zu „Ich will zurück zum Brezelstand“ umtextet. Punk-Rock als Antwort auf den Umstand, dass die Nahrungsauswahl an Bahnhöfen seiner Diät nicht förderlich sei.

Manchmal ist unklar, ob es Selbstmitleid oder offenherzige Dokumentation bei Claassen ist. „Vor kurzem hatte ich fast eine Frau geküsst. Es fehlten noch zwei Meter“, bilanziert er. Doch, er war schon einmal verbandelt. Bis, ja bis, die Ex sich seinen besten Kumpel schnappte. Dafür darf er als Single heute zum Spieleabend für Paare. Darauf spielt er einen gleichnamigen Schunkler.

Oder er führt die Kleinkunstfans mit der vermeintlichen Original-Version des schwedischen Pipi Langstrumpf-Liedes in die Irre. Natürlich mit der vorher gemeinsam gesungen deutschen Fassung. Er habe den Text, Dank der Begriffe aus dem Ikea-Katalog, noch nie so schnell geschrieben. Richtig vertraulich wurde es, als der 42-Jährige die Fragen beantwortete, die das Publikum vorher schriftlich einreichen durfte. Das schafft Vertrauen und Nähe. Und dazu passte die Ballade mit der er sich für all das entschuldigte, was er in seiner Pubertät verbockte: Schule, Eltern und Karen aus der 7c, diese blöde Kuh. Wer sagt denn, dass Durchschnitt langweilig sein muss?

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