Drogen akzeptieren oder bekämpfen?

St Ingbert · Welche Folgen hat die Freigabe von Drogen? Diese Frage diskutierten europäische Experten in St. Ingbert. Während die Saarländer auf eine gute Praxis mit den Verboten verwiesen, zeigte sich ein Schweizer Arzt offener.

"Nicht jeder Konsum ist ein schädlicher Konsum", ruft Toni Berthel den Tagungsteilnehmern entgegen. Dann setzt der Schweizer Arzt und Suchthelfer noch einen drauf. Man müsse lernen, von den "positiven Seiten psychoaktiver Substanzen", also Drogen, "zu profitieren". Es folgt schallendes Gelächter. Berthel, der auch die Schweizer Kommission für Suchtfragen leitet, ist wohl einer der provokantesten Redner beim 10. Europäischen Expertentreffen "Drogenerkennung" in St. Ingbert . Die Stadthalle ist brechend voll, als der Experte am gestrigen Vormittag seine Argumente für die Drogenfreigabe vorträgt. Man könne nicht etwas verbieten, sagt Berthel etwas ernster, was "gesellschaftliche Realität und kulturelle Praxis" sei.

Für eine Legalisierung von Cannabis sprachen sich gestern allerdings nur wenige der Experten aus den Bereichen Strafverfolgung, Suchtforschung und -behandlung aus. Insbesondere im Saarland scheint man gute Erfahrung mit bestehenden Verboten gesammelt zu haben.

Drogenkonsum könne teils längere Zeit die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen, erinnerte Andreas Ewald, Leiter der Toxikologie am Institut für Rechtsmedizin in Homburg in seinem Referat. Er behandele einen aktuellen Fall, bei dem ein Konsument von Cannabis und chemischen Drogen vier Tage später sogar unsicherer fuhr als am Tag des Konsums. Im Gespräch mit der SZ warnte auch Tagungsleiter Hans-Jürgen Maurer zumindest vor einer unvorbereiten Drogenfreigabe durch die Politik. Sollte Cannabis eines Tages aber doch legalisiert werden, sieht der saarländische Landeskoordinator für Drogenerkennung die Saarländer über die Risiken ausreichend aufgeklärt. Neben Schulungen für Polizisten und Angeboten für Betriebe gebe es seit diesem Jahr auch Informationsveranstaltungen für Eltern.

Sorgen bereitetet dem Experten der Medikamenten-Missbrauch, den die saarländische Polizei seit gut vier Jahren verstärkt beobachte. Cannabis und Amphetamine seien zwar die am häufigsten genutzten Rauschmittel im Saarland. Allerdings dürfe man auch die Gefahr von "15 Tabletten Paracetamol und einem Mischbier" im Straßenverkehr nicht unterschätzen.

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