Kulturschlüssel Stadt St. Ingbert wird zum „Kulturspender“

St. Ingbert · Beim Projekt „Kulturschlüssel“ können beeinträchtigte Menschen mit ihren Begleitern unterschiedliche Veranstaltungen besuchen.

 Hans Wagner, Marika Flierl, Susanne Burger und Andrea Kihm (von links) bei der Projektvorstellung.

Hans Wagner, Marika Flierl, Susanne Burger und Andrea Kihm (von links) bei der Projektvorstellung.

Foto: Selina Summer

Das kulturelle Angebot im Saarland ist vielfältig. Theater, Konzerte, Lesungen, Filme, Ausstellungen und vieles mehr. Inklusion wird hier an vielen Stellen großgeschrieben. Barrierefreie Zugänge, ermäßigte Eintrittspreise und spezielle Plätze, etwa für Personen mit Höreinschränkungen. Oftmals scheitert es für Leute mit Handicap oder Senioren im höheren Alter allerdings schon an einer ganz banalen Frage: Wie komme ich da eigentlich hin? Viele besitzen kein eigenes Auto, oder sind nicht mehr in der Lage, den Weg allein zu bewältigen. Die öffentlichen Verkehrsmittel helfen, gerade im ländlichen Bereich, im Saarland auch nicht allzu oft weiter.

Um diesen Kulturgenießern die Möglichkeit zu bieten, an verschiedensten Veranstaltungen teilzunehmen und nicht allein darauf angewiesen zu sein, ihr Ziel zu erreichen, gibt es das Projekt „Kulturschlüssel“ des Vereins „Passgenau“.

Das Ziel ist ganz einfach: Kultur genießen. Und zwar gemeinsam. Menschen ohne Einschränkung helfen denen, die sich selbst nicht in der Lage fühlen, allein eine Veranstaltung zu besuchen. Ermöglicht wird das folgendermaßen: Jeder, der gerne Kultur erlebt, kann sich beim „Kulturschlüssel“ anmelden. Einerseits als ehrenamtlicher „Kulturbegleiter“, der bereit ist, jemanden zu den Veranstaltungen, die man selbst besucht, mitzunehmen, andererseits als „Kulturgenießer“, der die Unterstützung braucht.

Jeden Monat gibt die Leiterin des Projekts, Susanne Burger, gemeinsam mit ihrem Team einen Kalender heraus, in dem alle teilnehmenden Veranstaltungen des folgenden Monats gesammelt sind. Bis sieben Tage vor den Terminen haben die Mitglieder Zeit sich anzumelden. Dann wird geschaut, wo es passt. Ein Kulturbegleiter möchte gerne ins Theater und zwei Kulturgenießer ebenfalls? Sofern sie räumlich nahe beieinander wohnen, wird schließlich der Kontakt vermittelt, und sie fahren gemeinsam los.

Das Beste: Der „Kulturschlüssel“ bekommt von den Veranstaltern Karten zur Verfügung gestellt, sodass die Begleiter ihren Eintritt nicht selbst zahlen müssen. Ab und an sind sogar noch Freikarten für Kulturgenießer dabei, was sich aber von Veranstalter zu Veranstalter unterscheidet. Im ganzen Saarland verteilen sich inzwischen die Begleiter und Genießer. Monatlich kommen so durchaus 100 bis 150 Begegnungen zustande. Und immer mehr Veranstalter nehmen am Projekt teil und unterstützen mit ihren zur Verfügung gestellten Karten den Kulturschlüssel.

So auch seit diesem Jahr die Stadt St. Ingbert. Im Mai erging der Beschluss im Ausschuss „Kultur, Bildung und Soziales“, im Juni stimmte der Stadtrat zu. Von jetzt an werden also auch St. Ingberter Veranstaltungen im Kalender auftauchen. Etwa bei der Kleinkunstwoche, dem Jazzfestival, der Theaterszene, à la minute und der Edelsteinbörse. Aber auch Lesungen und Musikaufführungen sind denkbar. Der Kulturschlüssel kann nicht immer garantieren, dass sich passende Gruppen aus Kulturgenießern und Begleitern in der Umgebung finden. „Neue Leute sind immer willkommen“, erklärt Susanne Burger.

Neue Begleiter werden geschult und lernen alles, was sie im Umgang mit den Kulturgenießern wissen müssen. Wie geht man richtig mit einem zu transportierenden Rollstuhl um? Wie führt man jemanden, der nichts sieht? Und wer als Kulturgenießer teilnehmen möchte, muss nicht unbedingt einen bestimmten Grad der Behinderung erreicht haben, ein Attest vorweisen oder ein Kennzeichen im Ausweis zu seiner Einschränkung nachweisen. Genauso können das Angebot auch Senioren nutzen, die nicht in der Lage sind, Kulturveranstaltungen allein zu besuchen. Interessenten werden auf jeden Fall auf beiden Seiten immer gesucht.

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