Die Finger in den Wunden der Alltagsverfehlungen

St Ingbert · In der St. Ingberter Stadthalle begeisterte der Kabarettist Michl Müller seine Gäste mit seiner ganz eigenen Weltanschauung.

 Michl Müller in der St. Ingberter Stadthalle. Foto: Jörg Martin

Michl Müller in der St. Ingberter Stadthalle. Foto: Jörg Martin

Foto: Jörg Martin

"Hat jemand Sex an Ostern gehabt?", fragte Michl Müller am Donnerstagabend die Besucher in der Stadthalle. Die Besucher hielten sich beim Gastspiel des Kabarettisten aus Franken mit Antworten auffällig zurück. Der Mann, den die Meisten durch die TV-Sendung "Fastnacht in Franken" kennen, hatte Verständnis für die Zurückhaltung der St. Ingberter. An Weihnachten, neun Monate später, wären nämlich keine Hebammen da. Dann müssten die Klempner ran.

"Ausfahrt freihalten" ist der Name des aktuellen Programms, mit dem Müller seit 2014 durch die Republik tourt. Das Hinweisschild, das er in seiner Grundstückseinfahrt anbrachte, wurde gestohlen. So kommt es, das da widerrechtlich so ein Dreier-BMW parkt. Dessen Halter kommt erst mit erheblicher Verspätung zurück. "Hey Alter" ruft ihm der Youngster mit tiefsitzenden Hosen zu. Da kommt der Michl beim Erzählen selbst ins Lachen, kriegt sich fast nimmer ein, findet aber wieder den Faden. Doch als Müller den Fahrer zur Raison ruft, bemerkt er das fehlende Schild. Vielleicht hat der Fahrer ja sein Abi in Hamburg gemacht? Dessen Qualität tauge nur noch im Saarland was für den Wertstoffhof und da auch nicht für alle Rohstoffe, sinnierte der Künstler. Vielleicht ist das aber auch einer, der glaubt, an Ostern feiere man, dass der Hase ans Kreuz genagelt wurde. Egal, jetzt haben wir Frühling, Das erkenne man daran, dass die Hochdruckreiniger aus dem Süden zurück sind. Deren Kollegen, die Rasenmäher, sind auch schon auf dem Weg.

Michl Müller macht einen neuen Trend aus: Flusskreuzfahrten. Etwa nach Niederwürzbach. Mit passendem Landgang in Blieskastel. Wenn man Glück hat, kann man vielleicht auch den "Koloss von Rhodos", Kanzleramtschef Peter Altmeier, entdecken. Der müsse sich neu orientieren, denn der "Jopie Heesters der CSU" (Horst Seehofer) macht weiter, um den Söder zu ärgern. Warum? Na, weil er's kann.

Beifall erhielt das fränkische Energiebündel für seine Kritik an Erdogans Referendum, den er "die Sultanine vom Bosporus" nennt. Auch bei "dem adipösen mit der unvorteilhaften Figur" (Kim jong un) hielt sich Müller genauso wenig zurück wie bei Donald Trump, den er charmant "Der Notgeile mit dem toten Fellhamster aufm Kopf" tituliert. Weniger twittern, dafür mehr bomben, sei beim US-Präsidenten nun angesagt. Und Marine Le Pen sei für ihn die französische Ausgabe der Trixie (Beatrix) von Storch.

Er mag keine militanten Rentner, die einem - hochgerüstet mit Smartphone - direkt der Polizei melden, wenn man im Halteverbot steht. Da sei in "St. Ingbert, die Weltstadt mit Herz - idyllisch neben Schnappach gelegen" bestimmt nicht so. Neben Ruheständlern sind es nämlich auch die Angler und Golfer, die ihm auf den Keks gehen. Dann lieber eins der zahlreichen Protestlieder, das doch keins ist. Sie offenbaren wie bei "Ich bin kein Seemann, ich bin ein Schiffer" - die Verzweiflung über Autobahntoiletten - die Sangeskünste von Müller.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort