Der Schreiner schnitzt am neuen Stil

Rohrbach. Der Tag X rückt für Hans Wagner mit Riesenschritten näher. So groß die Freude am 6. November vergangenen Jahres nach gewonnener Stichwahl war, so hart ist es nun, den eigenen Handwerksbetrieb in Rohrbach aufzugeben. "Das fällt mir deutlich schwerer als gedacht", sagt Wagner in den Räumen, die er bald aufgeben wird

 An der Werkbank steht der künftige St. Ingberter Oberbürgermeister Hans Wagner schon länger nicht mehr, sein Schreiner-Betrieb werde ihm aber fehlen, sagt der Rohrbacher. Fotos: Jörg Jacobi

An der Werkbank steht der künftige St. Ingberter Oberbürgermeister Hans Wagner schon länger nicht mehr, sein Schreiner-Betrieb werde ihm aber fehlen, sagt der Rohrbacher. Fotos: Jörg Jacobi

Rohrbach. Der Tag X rückt für Hans Wagner mit Riesenschritten näher. So groß die Freude am 6. November vergangenen Jahres nach gewonnener Stichwahl war, so hart ist es nun, den eigenen Handwerksbetrieb in Rohrbach aufzugeben. "Das fällt mir deutlich schwerer als gedacht", sagt Wagner in den Räumen, die er bald aufgeben wird. In dreieinhalb Wochen ist der gelernte Schreiner Chef der St. Ingberter Stadtverwaltung. Ein Husarenstück, ist der 54-Jährige doch spät in die Politik eingestiegen, war Rohrbachs Ortsvorsteher erst als CDU-Mann, dann, nach dem Zerwürfnis mit der CDU, ist er auf das Ticket der Familien-Partei umgestiegen.Zur OB-Wahl trat er als Parteiloser an, unterstützt natürlich von seiner Partei wie auch von Freien Wählern und Linken. Jetzt ist Schluss im Familienbetrieb: "Ich habe schon als Teenager hier in der Schreinerei mein Taschengeld verdient. Das alles loszulassen, das ist das Schwierigste überhaupt." Den Betrieb will er jetzt verpachten, als Inhaber dem Unternehmen aber nahe bleiben. Die angedachte familieninterne Lösung habe nicht funktioniert, erklärt er. Mit dem künftigen Geschäftsführer sei er sich mündlich bereits einig: "Die Firma läuft genauso weiter, wie unsere Kunden sie kennen." Für den Handwerker heißt es jetzt, ins kalte Wasser springen. Ein Schnell-Kurs in Verwaltungsführung?

Wagner lacht. Nein, er werde sich mit seinem Wissen um die Führung der eigenen Firma und Menschenverstand einbringen: "Ich hatte Kunden, das sind jetzt die Bürger. Und ich hatte Mitarbeiter, das ist jetzt das Personal der Verwaltung." Gerne hätte er sich im Rathaus eingearbeitet, berichtet er, aber das sei nicht erwünscht gewesen. Unterredungen mit Verwaltungsmitarbeitern führe er deshalb jetzt daheim in Rohrbach. Das Übergabegespräch mit seinem Amtsvorgänger verdiene den Namen nicht.

Der Übergang wird nicht nur deshalb schwierig. Ermittelt doch die Staatsanwaltschaft in der Rundschau-Affäre und vermutet mancher aus der Kommunalpolitik, dass es noch weitere kritische Untersuchungen geben dürfte. Zudem sind die Haushaltsjahre 2008 und folgende noch nicht durch den Rat, der amtierende OB hat dafür noch keine Entlastung erhalten. Als Belastung will Wagner diese Situation nicht sehen. Gewohnt kämpferisch und die persönlichen Differenzen zu seinem Vorgänger nicht verbergend, sagt er: "Ich werde einen Schnitt machen, was vor Hans Wagner war und was danach kommt. Die Staatsanwaltschaft soll keinen Grund mehr haben, im St. Ingberter Rathaus aktiv zu werden."

Einige Umbesetzungen soll es in der Verwaltung geben, das Vertrauen der Mitarbeiter, das Wagner am Boden sieht, will er wieder aufbauen. Das erste Jahr seiner Amtszeit dürfte davon geprägt sein, den Laden wieder flott zu bekommen, vermutet der künftige erste Bürger der Stadt. Was nicht bedeuten soll, dass das Groß-Unternehmen Rathaus jenseits interner Reparaturarbeiten still stehen soll. Gilt es doch, große Projekte zu begleiten. Etwa den Umbau der Alten Baumwollspinnerei in ein Kulturzentrum. Dieses Vorhaben hat Wagner als Oppositionspolitiker vehement bekämpft. Und auch heute ist er kritisch geblieben. Die finanziellen Grundlagen müssten überprüft werden, betont er. Mit der Kostenaufschlüsselung sei er persönlich nicht einverstanden. Wagner sagt aber auch: "Verträge müssen eingehalten werden, das ist so."

Auf den bunten Stadtrat mit zwei sozial- und christdemokratischen Lagern freut er sich. Das alte Denken, feste Blöcke hinter sich zu vereinen, die dann im Fraktionszwang Projekte durchdrückten, gelte es zu überwinden. Offene, faire, lebhafte Diskussionen wünsche er sich als neuer OB, denn das sei gelebte Demokratie. Wagner: "Die Mehrheitsentscheidungen des Stadtrates werde ich akzeptieren."

Viele Ideen hat der Neue für die kommenden Jahre. Die Verwaltung möchte er papierlos machen, mit dem Segen des Stadtrates einen Elektrowagen fahren. Der oft beschworene Motor für die Biosphäre, er soll endlich ins Laufen kommen. Bei allem will er die Bürger mitnehmen, unter anderem mit einem E-Mail-Newsletter, um sie immer auf der Höhe des Geschehens zu halten.

Bei aller Zukunftsvision hat er noch nicht ganz abgeschlossen mit dem alten Hans Wagner: "Wenn möglich, will ich zwischendrin auch mal was schreinern." Sein Blick richtet sich dabei in die Werkstatt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort