Kirchenchor Chor sorgt seit 100 Jahren für den guten Ton

Hassel · Der Evangelische Kirchenchor Hassel feierte ein großes Jubiläum. Derzeit sind 25 Sängerinnen und Sänger in seinen Reihen.

 Der Hasseler Jubiläumschor gestaltete mit befreundeten Sängern und Instrumentalisten den Festgottesdienst anlässlich seines 100.Geburtstages.

Der Hasseler Jubiläumschor gestaltete mit befreundeten Sängern und Instrumentalisten den Festgottesdienst anlässlich seines 100.Geburtstages.

Foto: Cornelia Jung

Der Evangelische Kirchenchor Hassel ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Das finden nicht nur die Sängerinnen und Sänger, die sich einmal wöchentlich in der Evangelischen Begegnungsstätte zur Probe treffen, sondern das war von Festrednern und Gratulanten auch beim Festgottesdienst und dem anschließenden Empfang mehrfach zu hören. Natürlich sind da die guten Stimmen, die nicht nur jeden Gottesdienst umrahmen und dem Herrn zur höchsten Ehre gereichen. Das erwartet man von einer solch musikalischen Vereinigung. Es ist vor allem die Gemeinschaft und der Zusammenhalt, der diesen Chor ausmacht. Nicht von ungefähr wird neben dem nun 100jährigen Geburtstagskind immer wieder ein Name genannt – Urban Lehmann. Er ist das Gesicht dieses Chores und steht für Konstanz, Geduld und vor allem Liebe zum Singen. Denn der 86-Jährige ist der logistische Part im Chor, hat die organisatorischen Fäden seit 62 Jahren in der Hand. Als Sänger ist er bereits unglaubliche 72 Jahre dabei. Und dann ist da noch Astrid Wagner, die erste Chorleiterin in der Geschichte des Hasseler Chores. Seit 2017 dirigiert sie ihn und sorgt dafür, dass auch zeitgenössische Werke und Titel in englischer Sprache ins Repertoire aufgenommen werden. Das tut dem Chor, der sich der Tradition verpflichtet fühlt und auch den Brückenschlag in die Moderne macht, sichtlich gut. Mit 100 Jahren hat er noch keinen Staub angesetzt, sein Vereinsleben ist intakt und lebendig. Auch zur Feier unterstützten Sänger aus befreundeten Vereinen die Stimmen, und der Posaunenchor Hassel sorgte ebenfalls für die musikalische Umrahmung. Oberkirchenrat Manfred Sutter nahm eine Fabel zu Hilfe, um über die Bedeutung des Singens zu sprechen. Nachdem unter den Tieren einmal die Frage umgegangen sei, was wohl das Besondere am Menschen ist, wurden allerlei seltsame Dinge aufgezählt. Aber die Nachtigall habe es auf den Punkt gebracht. „Seid beruhigt, die Menschen singen“, habe sie gesagt und damit alle Zweifel über die Spezies Homo sapiens hinweggewischt. Die Tiere schienen sich danach einig zu sein, dass Singen die schönste Art des Menschseins ist. „Singen ist das Besondere am Menschen, es macht ihn gemeinschaftstauglich“, fuhr Sutter fort. Schon Martin Luther habe erkannt, dass Sänger „die Sorgen hinwegschlagen“. „Musik verbindet, sie überwindet Grenzen und Konfessionen. Musik stiftet Gemeinschaft, und das im doppelten Sinne – mit Gott und untereinander“, so der Dekan, „Musik berührt tiefe Schichten unseres Körpers und berührt unser Herz. Dort, wo uns schon mal die Worte fehlen, verleiht Musik uns ihre Sprache.“ Und diese besondere Sprache hat der Chor, der in einer bitteren Zeit gegründet wurde, trotz aller Kriegswirren nicht verloren. „Es ist wunderbar, herrlich wie Sie singen“, richtete er die Worte an den Chor. Wie eine Arznei würden die Lieder wirken, das Hören dieser Musik eine kostenlose Therapie darstellen. Viele Leute würden klagen, dass die Vereine überaltern, die Sänger in den Chören immer älter würden. „Aber hey, Leute, das ist doch normal. Singen hält gesund und das lässt die Sänger einfach älter werden“, sagte Sutter und hatte die Lacher damit auf seiner Seite.

Würde man Werbung für den Chorgesang in Auftrag geben, müsste so aussehen: „Statt Doppelherz und Knoblauchpillen – tritt dem Kirchenchor bei und du wirst alt werden.“ Er sehe in Schulen und Kitas immer wieder, dass es eine neue Lust am Singen gebe. In Hassel ist die Lust immer da gewesen und auch geblieben. Wie später bei den Ehrungen für Jahrzehnte Mitgliedschaft deutlich wurde, liegt das Sing-Gen zum Teil in den Familien. Die von ihren Mitsängern liebevoll „Chorküken“ genannte Aline Schrems hatte bei der Feier einen tollen Soloauftritt. Dafür gelobt, verwies sie auf Eltern und Großeltern, die schon in Hassel sangen und noch singen. Der Evangelische Kirchenchor ist „die wichtigste kontinuierlich präsente Gruppe in unsrer Gemeinde“, hob Wolfgang Frings vom Presbyterium hervor. Unter den Gratulanten waren auch der ehemalige Hasseler Pfarrer Kurt Wittlich, Oberbürgermeister Hans Wagner, Ortsvorsteher Markus Hauck und die Sangeskollegen vom katholischen Kirchenchor. Landrat a.D. Clemens Lindemann erinnerte an die Gründungszeit des Chores und die Sehnsucht der Menschen nach Harmonie, um die Not der vorangegangenen Jahre zu vergessen. „Ich wünsche Euch, dass ihr noch viele Jahre in Frieden singen könnt“, gab er dem Geburtstagskind mit auf den Weg, „der Mensch braucht Lieder zum Leben wie der Vogel Flügel zum Fliegen. Fliegt noch lange weiter.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort