Der „Baufortschritt“ sorgt für Differenzen

St Ingbert · Eigentlich müssten an der Baumwollspinnerei die Bauarbeiten im Vordergrund stehen, die das historische Gebäude in ein modernes Kulturzentrum umwandeln. Stattdessen erlebt die Debatte um den Baufortschritt eine heiße Phase. OB Hans Wagner wirft Investor Werner Deller vor, Zeitverzögerungen zu verschulden. Der Streit ist ein spannendes Vorgeplänkel für eine baldige Sondersitzung des Bauausschusses zur Wollspinnerei.

 Nur einige Bauarbeiter an dieser Seite der Alten Baumwollspinnerei in St. Ingbert ließen gestern Nachmittag die Umgestaltung erahnen, die sich dort seit Monaten vollzieht. Foto: Manfred Schetting

Nur einige Bauarbeiter an dieser Seite der Alten Baumwollspinnerei in St. Ingbert ließen gestern Nachmittag die Umgestaltung erahnen, die sich dort seit Monaten vollzieht. Foto: Manfred Schetting

Foto: Manfred Schetting

. Befragt nach der Baumwollspinnerei, stellt Oberbürgermeister Hans Wagner als allererstes klar: "Ich will das Projekt in jedem Fall zu einem Erfolg führen." Die Entwicklung des ehemaligen Fabrikgebäudes, das die Stadt St. Ingbert in einer Öffentlichen-Privaten-Partnerschaft mit dem Galeristen Werner Deller in ein Kulturzentrum umwandeln will, läuft allerdings nicht so, wie es sich der Rathauschef wünscht. "Die Verträge müssen eingehalten werden", betont er.

Das zielt klar auf Investor Werner Deller, der als Bauherr für das Kulturzentrum fungiert und dieses laut Vertrag mit der Stadt schlüsselfertig für die Nutzung mit Teilen der VHS und der Musikschule sowie der Kinowerkstatt und dem Museum Sankt Ingbert übergeben soll. Konkret wirft der St. Ingberter OB dem Investor unter anderem den "fehlenden Baufortschritt" vor. Vom Baufortschritt werde die Stadt allerdings weitere Zahlungen für das Projekt abhängig machen. Nur wenn diese sichtbar seien, werde die Stadt über die weit über zweieinhalb Millionen Euro hinaus, die sie bereits in die Baumwollspinnerei gesteckt habe, weitere Gelder freigeben.

Auch in Details gibt es Kritik von Wagner. Bei der Tragfähigkeit der Museumsetage, aber auch beim Brand- und Schallschutz in der Baumwollspinnerei müsse entgegen der Einschätzung des Investors noch nachgebessert werden. Auch hier ist die Lage aus Sicht des OB klar: "Der Vertrag für die Baumwollspinnerei wurde jahrelang ausgearbeitet, jetzt muss er aber auch wie vereinbart umgesetzt werden." An den aktuellen Zeitverzögerungen trage die Stadt keine Schuld, diese habe alleine Investor Deller zu verantworten. Daher werde die Stadtverwaltung auch auf der Konventionalstrafe bestehen, die im notariellen Vertrag zur Baumwollspinnerei für den Fall festgelegt wurde, dass das Kulturzentrum nicht am 30. April dieses Jahres fertiggestellt sei. Wie hoch die Vertragsstrafe wegen des Zeitverzugs ausfallen könnte, hat Wagner gegenüber der SZ in Euro nicht beziffert, sie liege aber etwa "maximal bei fünf Prozent der Bausumme".

So detailliert wie der St. Ingberter OB will sich hingegen Werner Deller derzeit nicht zu Vertragsinhalten oder Bauvorschriften äußern. "Das gehört nicht in die Öffentlichkeit", sagt er. Der Bauherr in der Baumwollspinnerei verweist stattdessen auf den Zeitplan, den er schon vor einigen Wochen für die dortigen Bauarbeiten skizziert hatte. Dieser sei belastbarer denn je, spätestens am Jahresende seien das Untergeschoss und das Erdgeschoss des Gebäudes für die vorgesehene Nutzung fertig. Zugleich lässt Deller die Vorwürfe in seine Richtung nicht unwidersprochen. Der Zeitverzug sei keineswegs alleine die Schuld von ihm und seinem Projektkoordinator. Zudem erinnert Deller daran, dass die Planungen für die Baumwollspinnerei nie sein Alleingang waren: "Seit 2007 waren die Stadtverwaltung und ihre Fachabteilung immer an allen Planungsschritten beteiligt."

Deller betont daher unverändert, dass beide Partner zusammen aus dem Denkmal Baumwollspinnerei einen einzigartigen Kulturstandort machen können. "Die Suche nach einer einvernehmlichen Linie muss gerade jetzt im Vordergrund stehen", meint der Investor. Und für dieses Ziel werbe er auch in seinen regelmäßigen Kontakten zu den Fraktionen im St. Ingberter Stadtrat, zu Landespolitikern sowie auch zur Baugesellschaft, die an der Baumwollspinnerei arbeitet.

Dellers Hinweis auf regelmäßigen Austausch mit verschiedenen Stadtratsfraktionen hat seinen Grund. Denn in der St. Ingberter Kommunalpolitik sortieren sich zurzeit nochmals die Positionen pro und kontra Baumwollspinnerei. Und nach Angaben des Oberbürgermeisters wird es noch in diesem Monat eine Sondersitzung des Bau- und Umweltausschusses geben, die sich alleine um die aktuelle Situation und Perspektive der Baumwollspinnerei drehen soll.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort