Kinowerkstatt St. Ingbert Von der Satire zur bitterbösen Sicht

St. Ingbert · Zwei völlig gegensätzliche Filme befassen sich an diesem Wochenende in der Kinowerksatt St. Ingbert mit dem „Tag der deutschen Einheit“.

 Ein Szene aus dem Film „Styx“: Notärztin Rike (Susanne Wolff) stößt bei einer Segeltour im Atlantik auf ein überfrachtetes, beschädigtes Flüchtlingsboot, das kurz vor dem Sinken ist.

Ein Szene aus dem Film „Styx“: Notärztin Rike (Susanne Wolff) stößt bei einer Segeltour im Atlantik auf ein überfrachtetes, beschädigtes Flüchtlingsboot, das kurz vor dem Sinken ist.

Foto: Schiwago Film GmbH

Das St. Ingberter „Bündnis für Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz“ zeigt in Zusammenarbeit mit der Kinowerkstatt St. Ingbert zum „Tag des Flüchtlings“ am Freitag, 2. Oktober, und am Montag, 5. Oktober, jeweils um 18 Uhr den Spielfilm „Styx“ (D/Ö 2018). Der Titel des Films verweist auf den Fluss in der griechischen Mythologie, der die Lebenden von den Toten trennt. Damit deutet er auf das Meer hin, in dem sich täglich Tragödien ereignen. Die Notärztin Rike (Susanne Wolff) hat endlich einmal Urlaub und beschließt, ihre freie Zeit für einen Segelausflug auf dem Atlantik zu nutzen. Allein sticht sie von Gibraltar aus in Richtung Ascension auf Island in See. Doch auf ihrem Weg stößt sie im Ozean auf ein überfrachtetes, beschädigtes Fischerboot, das kurz vor dem Sinken steht. Wie sie es als Seglerin gelernt hat, meldet Rike den Vorfall und bittet per Funk um Unterstützung. Sie alarmiert die Küstenwache, die Hilfe verspricht, aber erst einmal nicht eintrifft. Ein Containerschiff darf nicht eingreifen, die Reederei hat die Aufnahme von Flüchtlingen verboten. Doch nach ihrer Anfrage treffen keine Rettungskräfte ein, und wenn sie nicht bald selbst etwas tut, könnten viele Menschen ertrinken. Rike trifft schließlich eine radikale Entscheidung. Nur so scheint Hilfe möglich.

Als erster Film zum „Tag der Deutschen Einheit“ läuft in der Kinowerkstatt „Vorwärts immer!“ (Deutschland 2017) mit Jörg Schüttauf, Josefine Preuß, Jacob Matschenz, Devid Striesow, Marc Benjamin, André Jung, Hedi Kriegeskotte und Alexander Schubert, zu sehen am Samstag, 3. Oktober, um 18 Uhr. Der Film ist eine wunderbar witzige Satire auf die DDR. „Vorwärts immer!“ lässt an eine Verwechslungskomödie denken, in der  jemand durch die eine Tür rausgeht und der Doppelgänger zur anderen Tür hereintritt oder dergleichen. Solche Szenen kennt man nur noch von Boulevardtheaterbühnen oder aus der Kinogeschichte von Komödien mit Louis de Funès – oder aber dem Klassiker „Sein oder Nichtsein“ von Ernst Lubitsch aus dem Jahr 1942. Genau jenes Meisterwerk scheint sich Franziska Meletzky in „Vorwärts immer!“ zum Vorbild genommen zu haben – mit dem Unterschied, dass sie nicht die Nazidiktatur persifliert, sondern Honecker und das Stasi-Regime. Der Regisseurin Meletzky gelingt eine amüsante Politkomödie mit ausgefeiltem Sprachwitz und der Portion Retro-Charme samt Trabi, Creme 21 und Udo Lindenberg-Schallplatte, die ein solcher Film braucht.

Der zweite Film zum 3. Oktober stammt von Christopf Schlingensief. „Das deutsche Kettensägemassaker“ (1990) ist „nach der Vereinigungssoße jetzt der Film um aufzuwachen“, so der Regisseur. In das Schweigen hineinschreien: laut und agressiv. Es ist Christoph Schlingensiefs Antwort auf die deutsche Wiedervereinigung. Mit so wunderbaren deutschen Schauspielern wie Volker Spengler, Alfred Edel, Brigitte Kausch-Kuhlbrodt, Dietrich Kuhlbrodt, Udo Kier, der kürzlich verstorbenen Irm Hermann und anderen. Zu sehen am Samstag, 3. Oktober, um 20 Uhr. Schlingensief zeichnet die erste Stunde der Wiedervereinigung als ein nationales Schlachtfest nach: Die Nachricht von der Maueröffnung versetzt eine westdeutsche Metzgerfamilie in einen schier hemmungslosen Blutrausch. In einer verwahrlosten Hotelküche meuchelt sie ehemalige DDR-Bürger dahin. Die Ostdeutschen werden zu Wurst verarbeitet! Mit den Elementen des Trash interpretiert der Film die deutsche Einheit, als bluttriefenden, kannibalistischen Kolonialakt der Übernahme und Einverleibung des Ostens durch den Westen. Man macht Ihnen Geschenke und verkauft ihnen ausgediente VW-Passats zu überhöhten Preisen wie damals den Indianern glitzernden wertlosen Schmuck.

Vergangene Woche startete mit einem Live- Konzert und Film zu Melodien von George und Ira Gershwin die Reihe „Filmmusical-Raritäten“ mit „Ein Amerikaner in Paris“. Am Sonntag, 4. Oktober, um 18 Uhr wird „Ein Amerikaner in Paris“ von Vincente Minelli in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln wiederholt. Ebenfalls Musik von George Gershwin ist in Woody Allens romantischer Filmkomödie in Schwarz-Weiß aus dem Jahr 1979 „Manhattan“ von und mit Woody Allen, Diane Keaton, Michael Murphy, Mariel Hemingway, Meryl Streep, Anne Byrne, Wallace Shawn und anderen zu hören. Zu sehen am Sonntag, 4. Oktober, nur um 20 Uhr.

 Zum „Tag der deutschen Einheit“ läuft in der Kinowerkstatt St. Ingbert unter anderem „Vorwärts Immer!“, eine Parodie auf die DDR mit zahlreichen bekannten Schauspielern.

Zum „Tag der deutschen Einheit“ läuft in der Kinowerkstatt St. Ingbert unter anderem „Vorwärts Immer!“, eine Parodie auf die DDR mit zahlreichen bekannten Schauspielern.

Foto: Nadja Klier/Nadja Kier
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