Das Lachen fand kein Ende mehr

Ormesheim · Es mutet an sich schon wie Kleinkunst an, das komplette proppenvolle Programm des Café Noir des Kleinkunstfestivals des Kultur- und Theatervereins in Ormesheim aufzuzählen. Ein Höhepunkt jagte den nächsten – das Publikum kam aus dem Applaudieren kaum noch heraus.

 Das Duo Schwaderlappen und Litzmann im „Café Noir“ in Ormesheim. Foto: KTV/Walter Vogelgesang

Das Duo Schwaderlappen und Litzmann im „Café Noir“ in Ormesheim. Foto: KTV/Walter Vogelgesang

Foto: KTV/Walter Vogelgesang

Am Freitag und Samstag wurde in Ormesheim wieder "Café Noir" serviert - der kleinkünstlerische Edelstein des Kultur- und Theatervereins. Ein proppenvoller Saal traf auf ein proppenvolles Programm. Drei Stunden unterhaltsame Kleinkunst im altehrwürdigen Saal Niederländer - teilweise feingewebt, teilweise bissig waren die Botschaften der neun Bühnenbeiträge aus Theater, Liedermacherei, Songpoesie, Kabarett oder Schriftstellerei. Und getanzt wurde auch. Und zwar weltmeisterlich. Die mehrfach international ausgezeichnete Modern Dance Formation autres choses war mit dem Duo Anna und Frederic und der small group nach Ormesheim gekommen. Einen lauten, weil (Musette-) rockigen Auftritt legten gleich zu Anfang die Musiker von Saarbruck Libre um Frontmann Roland Helm hin. Bei den Klassikern Mardi Gras oder Chaiselongue zeigte "Teufelsgeiger" Wolfgang Wehner seine ganze musikalische Klasse. Mitreißend! SR-Moderator Michael Friemel las aus seinen "Friemeleien" und schilderte süffisant die Erlebnisse beim Saunagang mit Freund Achim im winzig kleinen Ort Sengscheid. Damit hatte er die Lacher vollends auf seiner Seite, nachdem er vorher bereits "Tipps" an Kuchenbäckerinnen zum Besten gab. Ein besonderes Erlebnis bescherte dem aufmerksamen Auditorium Katharina Reichelt am Cello. Die mit Down-Syndrom gehandicapte junge Frau entlockte ihrem Instrument mit pianistischer Unterstützung von Holger Queck wunderschöne Melodien. Beispielsweise Dvoraks Humoresque. Bevor es in die Pause ging und die Zuschauer die in Mischtechniken gemalten Bilder von Sabine Groll in der Ausstellung bewundern konnten, brachte die KTV eigene Theatercrew das Kurzstück "Wenn die Stadtkapelle spielt" auf die Bühne. Dirigent (Axel Schweizer) und Vorstand (Mike Braun) des Musikvereins sowie der Bürgermeister stritten bei Schnaps und manchmal sehr rustikal ("Lieber Korn im Blut als Stroh im Kopf") mit Sängerin und Ehefrauen um die Programmgestaltung des 25-jährigen Jubiläums. Unter der Regie von Silvia Bohr (Dirigentenfrau Luise) erspielte sich die Theatergruppe eine Lachattacke nach der anderen. Zickenkrieg unter den Frauen und Ewigdiskussionen der Männer lieferten dazu eine lebenswirkliche komödiantische Grundlage.

Jogi Becker als Eminem

Umklapp-Pappe war die Bekleidung des in Saarwellingen beheimateten Karnevalisten Jogi Becker. Er schlüpfte papiertechnisch in Rapper Eminem und Gloria Gaynor, kurz darauf verwandelte er sich von Frank Sinatra in Stevie Wonder. Ein visuelles Glanzstück. Hauptsächlich die deutschen Lieder sind das Markenzeichen des saarländischen Songpoeten Rainer Rodin. Ob gefühlvolle Balladen oder ins Deutsche übertragene Dylan-Songs ("Another Cup of Coffee"), seine angenehm wohlige Stimme und sein fein darauf abgestimmtes Gitarrenspiel verliehen diesen den richtigen, den echten Liedermacher-Rahmen.

Dann, kurz nach 22 Uhr, gab es ein Feuerwerk der Sonderklasse. Macher und Moderator Reiner Pirrung hatte das Bonner Duo Fritz und Hermann eingeladen, und diese brannten kein pyrotechnisches sehr wohl aber ein grandioses kabarettistisches Feuerwerk ab. Beide lieferten sich bissig satirische Rededuelle zu allem, was es an Aufreger-Themen in dieser Zeit gibt: Griechenland-Krise, Atomdebatte, Zigarettenrauchen, Afghanistan-Krieg. Nichts war ihnen heilig. Sie spotteten und zogen andere durch den Kakao. Ob Ex-Außenminister Westerwelle, ob Euro-Rettungsschirm ("Am besten wir bezahlen denen allen Hartz IV, dann kommen wir billiger weg"), ob Bundeswehr oder Komasaufen ("...hieß früher Schützenfest"), nichts blieb verschont von den Rundumschlägen der zwei Weltverbesserer. Fritz Litzmann und Hermann Schwaderlappen teilten überdies singend kräftig aus. Auf die Melodie von Billy Joels "We didn't start the fire" dichteten sie: "Das geht uns auf die Eier". Übrigens am Klavier gut begleitet von Stephan Ohm. Am Ende blieb den Kabarettisten Pause ("Fritz") & Alich ("Hermann") zum Thema Senioren-Sex noch eine weitreichende Erkenntnis: "In unserem Alter ist Sex die Gelegenheit, sich tagsüber nochmal hinzulegen". Das Ormesheimer Publikum applaudierte heftig und erzwang die Zugabe. Dann erlosch langsam das Licht im aufwendig dekorierten "Niederländer". Neu waren nicht nur die weißen Stuhlhussen und die hübschen Lichttüten, die schönste Kaffeetasse im Saal bildete den Arbeitsplatz für Tontechniker Rolf Latz. Das großdimensionierte Trinkgefäß war ein Geschenk von Vogelgesang Ingenieure aus dem badischen Wiernsheim, kreiert und geliefert von einem ehemaligen Ormesheimer.

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