Architektur Ehemaliges Brauhaus ist auch „Bauhaus“

St. Ingbert · Stefan Braun berichtet als Geschäftsführer des Innovationsparks über die Arbeit im Denkmal und dessen Bedeutung.

 Der Geschäftsführer des Innovationsparkes, Stefan Braun (hier mit der Broschüre für die die „Grand Tour der Moderne“), ist sich der Verantwortung für das Bauhaus-Ensemble der ehemaligen Brauerei bewusst. Er arbeitet gern in dem historischen Gemäuer und öffnet es auch für an Architektur interessierte Leute.

Der Geschäftsführer des Innovationsparkes, Stefan Braun (hier mit der Broschüre für die die „Grand Tour der Moderne“), ist sich der Verantwortung für das Bauhaus-Ensemble der ehemaligen Brauerei bewusst. Er arbeitet gern in dem historischen Gemäuer und öffnet es auch für an Architektur interessierte Leute.

Foto: Cornelia Jung

In diesem Jahr wird das Bauhaus, das in Weimar als Kunstschule von Walter Gropius gegründet wurde, 100 Jahre alt. 1919 war diese Richtung des Bauens und Gestaltens von Art und Konzeption her etwas völlig Neues, denn im Bauhaus, das von 1919 bis 1933 bestand, gingen erstmals Kunst und Handwerk eine Symbiose ein. Es gilt als Heimstätte der Avantgarde der Klassischen Moderne auf allen Gebieten der freien und angewandten Kunst und Architektur. So steht es in diversen Lexika.

Auch in St. Ingbert ist Bauhaus greifbar und wird zu seinem runden Geburtstag in besondere Form gewürdigt. Denn in der Stadt gibt es mit der ehemaligen Brauerei Becker einen Zeugen dieser Zeit. Der Beckerturm und dessen Gebäudeensemble, die zwischen 1925 und 1931 im Stil des neuen Bauens entstanden, sind mittlerweile Wahrzeichen von Dengmert. Architekt Hans Herkommer plante den heute denkmalgeschützten Turm als Sudhaus der Brauerei. Heute befindet sich auf dem 71000 Quadratmeter großen Areal ein Gewerbezentrum mit 125 Mietern, der „Innovationspark am Beckerturm“. Herkommers architektonisches Werk umfasst weit über hundert Objekte. Darunter zahlreiche bemerkenswerte Kirchenbauten. Mit dem Sudhaus schuf er seinen bedeutendsten Industriebau. Allein diese Tatsache ist für Architekturfans schon einen Besuch dieses Geländes wert. Doch gerade im Bauhaus-Jubiläumsjahr wurde auch die Architektur-Zeitschrift „Baumeister“ auf das riesige architektonische „Kleinod“ aufmerksam und fragte beim Geschäftsführer des Innovationsparks, Stefan Braun, an, ob Interesse bestünde, in die „Grand Tour der Moderne“ aufgenommen zu werden. Die ist eine deutschlandweit konzipierte Bauhaus-Tour, die zum Ziel hat, Interessierten verschiedene Bauhaus-Gebäude zugänglich zu machen. Für Braun war es eine Ehre und eine Selbstverständlichkeit, denn obwohl es Grundanliegen ist, die Büros und Ateliers einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und sie zu vermieten, ist er sich der historischen Bedeutung des Gebäudeensembles bewusst. Dies wird Ende August und Anfang September gleich an zwei Wochenenden künstlerisch in Szene gesetzt, wenn die Turmkünstler zum 13. Mal zu „Kunst im Turm“ einladen. Gemeinsam mit der Geschäftsleitung des Innovationsparks setzten sich die Künstler zusammen, um über die Ausrichtung der diesjährigen Veranstaltung zu sprechen. Schnell war das zentrale Thema „Bauhaus“ gefunden. „Das ist eine perfekte Darstellung des Innovationsparks“, lobt Braun das Kunstkonzept, das seit Jahren Kunstinteressierte in die ehemaligen Arbeitsräume des Sudhauses zieht.

Zu Ehren des 100. Bauhaus-Geburtstages wird es zur Vernissage eine Extra-Ausstellung in dem Raum geben, wo vorher das Fastnachtsmuseum untergebracht war. Dort zeigt jeder der teilnehmenden Künstler ein Objekt zum Thema Bauhaus. „Die Idee war einfach, den Turm zu nutzen. Die Turmkunst war eine gute Gelegenheit, den Turm nochmal in den Fokus zu rücken“, erklärt Braun, warum er die Turmkünstler seit Jahren unterstützt und das Gebäude einmal im Jahr für Besucher öffent. Architekt Herkommer entwarf die Möbel im Direktorenzimmer, die Einrichtung des Braustübls sowie Türen und Lampen. Vieles von der ursprünglichen Einrichtung ist heute noch zu sehen. Auch technische Elemente des Sudraumes sind erhalten. Das originale Podest, Treppenstufen, die Wandverkleidung aus gelben Kacheln, blaue Kacheln an den Pfeilern und die grüne Deckengestaltung sind nun in die Innenausstattung des Restaurants integriert. Braun kann sich nichts Schöneres vorstellen, als den Industriebau mit Ästhetischem zu füllen: „Ich bin stolz drauf, was die Künstler alles zu Papier bringen. Da sieht man über die Jahre auch die Entwicklung der Künstler. Das macht mir auch selbst Spaß.“ Doch es sind nicht nur die Maler, die den Industriebau „bespielen“, sondern auch Fotografen, Möbelrestauratoren, Schmuckdesigner und noch einige mehr.

„Wir wollen, dass die Leute hier hochkommen und sich das alles angucken. Hier geht der Punk ab“, wirbt der heutige „Brauerei-Chef“ Braun sowohl für die Kunst als auch die Architektur. Seinen Innovationspark sieht er als Spannungsfeld zwischen Bestandsbebauung und unangemessener Nutzung. „Es ist der Spannungsbogen, der sich beispielsweise aus dem Denkmalschutz und einer neuen Nutzung ergibt. Das schränkt deren Beliebigkeit ein“, erklärt Braun, was es heißt, Herr über ein solches architektonisches Highlight zu sein. Faszinierend findet er vor allem, dass „die Leute, die in diesem nicht ganz normalen Bürogebäude arbeiten, das so annehmen und sich wohlfühlen“. Dem Arbeitgeber komme es heute mehr darauf an, dass das Arbeitsumfeld angenehm, abwechslungsreich und vielschichtig ist. Das könne aus Brauns Sicht eben in solch einer historischen Umgebung besser realisiert werden als in so manchem Nachkriegsgebäude. Er fühlt sich der Erhaltung und Weiterentwicklung des Innovationsparks im alten Gemäuer verpflichtet. Das Ambiente soll erhalten und trotzdem mit modernen Elementen und Einrichtungen versehen werden.

Nächstes Projekt: Der leer stehende Raum des Eisgenerators, in dem zu aktiven Brauzeiten Stangeneis produziert wurde, wird so hergerichtet, dass er als Büro genutzt werden kann.

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