Daraus soll einer schlau werden

Wer vom Rathaus kommt, ist schlauer, sagt ein Sprichwort. Wenn allerdings dort wie dieser Woche gerade eine Sondersitzung des Stadtrates zum Schornstein auf der St.

Ingberter Brauereigelände stattgefunden hat, darf man die Volksweisheit in Zweifel ziehen. Es gab eine lange Debatte und einen Beschluss. Richtig schlau, was der bedeutet, wird aber auch der Kenner selbst nach langem Grübeln nicht. Deutlich schlauer geworden sein dürfte alleine Oliver Kleis. Der Sprecher der Linken hatte im Rat zum Becker-Schornstein klipp und klar gesagt: "Wenn wir das Geld zur Sanierung nicht haben, müssen wir ihn abreißen lassen." Vermutlich in der Hoffnung, dass sich im Schutz der Wahlkabine der eine oder andere der zuvor Zurückhaltenden mehr den finanziellen Sachzwängen beim Schornstein beugen würde, beantragte der Linke eine geheime Abstimmung. Doch dieser Schuss ging nach hinten los. Das Kreuzchen im Geheimen machte es gerade denen leicht, die den Kamin als erhaltenswertes Denkmal sehen. Sie konnten ihrer Emotion für den Schornstein freien Lauf lassen, ohne erklären zu müssen, wie seine teure Sanierung bezahlt werden kann. Rasch schlau machen müssen sich Rat und Verwaltung derweil bei einer entscheidenden juristischen Frage. Wie verhalten sich die städtische Satzung zum Erhalt von Bauwerken und Entscheidungen der saarländischen Denkmalbehörde zueinander? Wer hat das letzte Wort, wenn es um den denkmalgeschützten Schornstein in St. Ingbert geht? Die Stadt oder das Land? Momentan ist das noch unklar. Nicht schlau, sondern geradezu dumm sah im Stadtrat schließlich das Landesdenkmalamt aus. Zurecht musste sich dessen Vertreter von Wolfgang Weisgerber (Stadtratsmitglied der UCD) vorhalten lassen, ein welch schlechtes Bild die offiziellen Denkmalschützer derzeit gerade in St. Ingbert abgeben. Statt für historisch bedeutsame Gebäude auf der Alten Schmelz, am Leibniz-Gymnasium oder auf dem Brauerei-Gelände mit voller Kraft zu kämpfen, zuckten die Hüter der Historie in den vergangenen Wochen ein ums andere Mal die Schultern und beugten sich allzu rasch wirtschaftlichen Sachzwängen.

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