Cap Hoorn bleibt ein Abenteuer

Saarpfalz-Kreis · Früher war es der Alptraum der Seeleute, bei eisiger Kälte, hohem Seegang und Nebel um die Südspitze Amerikas herumsegeln zu müssen. Heute macht man's freiwillig, wie Dietrich Peter Kleine von der Marinekameradschaft.

Am Ostermontag ging es endlich los: Wir gingen an Bord des 89 Meter langen Expeditionskreuzfahrtschiffes Stella Australis. Erst einmal bezogen wir unsere Kabinen, 100 gibt es insgesamt, die sich auf drei Wohndecks verteilen. Bald darauf legte das Schiff zur 210. Fahrt - unserer Sonderfahrt - ab, kreuzte die Magellanstraße Richtung Süden, fuhr in den Canal Magdalena ein und bog in den Keats-Fjord ab, um zum Agostini-Sund zu gelangen. Ziel war der Agostini-Gletscher der Darwin-Kordillere.

Alle Gäste wurden in spanisch, französisch, englisch und deutsch sprechende kleinere Gruppen aufgeteilt und erhielten einen fachkundigen Expeditionsleiter, der zunächst durch einen kurzen Vortrag auf das jeweils nächste Reiseziel mit seinen geographischen Gegebenheiten vorbereitete und die Exkursion dann führte. Exkursionsleiter der deutschen Gruppe war Luciano Galvez Martinez, der uns dank seiner hervorragenden Kenntnisse der örtlichen Geschichte, der Glaziologie und der Flora und Fauna hervorragend informierte. Am Agostini-Gletscher angekommen, wurden wir per Zodiac-Schlauchboot an Land gefahren. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichten wir die Abbruchkante des Gletschers. Luciano Galvez machte uns dort mit der Geschichte von Gunther Plüschow bekannt, dem deutschen Flugpionier, der mit seinem einmotorigen Heinkel Doppeldecker-Wasserflugzeug "Silberkondor" ab Ende 1928 erstmals Feuerland aus der Luft erkundete und diesen Fjord zu einem seiner Lieblingsplätze erklärt hatte.

Nachmittags wurde eine Zodiac-Bootstour zur Abbruchkante des Condor-Gletschers unternommen, der gleich neben dem Águila-Gletscher liegt. In der Nacht zum Mittwoch geriet die Stella Australis in stürmisches Gewässer, als sie auf dem Weg vom Canal Cockburn den Pazifik streifte und in die Brecknock-Passage einlief. Im Nordwestarm des Beagle-Kanals angekommen, passierten wir den Glaciar España, um zur Pía-Bucht abzubiegen.

Während der Weiterfahrt informierten Dr. Karl Ludwig Albrecht und Dietrich Peter Kleine, 2. Vorsitzender der Marinekameradschaft Homburg, das Auditorium über die Kap Hoorn-Passagen der Großsegler, auf denen deutsche Trainees mitgesegelt sind. Dabei machte Kleine auch auf die gemeinsamen Ziele der deutschen Sektion der chilenischen Bruderschaft aufmerksam.

Im Rahmen einer virtuellen Gemeinschaft sollen die Erinnerungen an die herausragenden Leistungen und Traditionen der Seeleute früherer Epochen wach gehalten und der gemeinsame Austausch von Erinnerungen eigener Kap Hoorn-Erlebnisse gefördert werden - und das segelschiffsübergreifend: Khersones, Kruzenshtern, Alexander von Humboldt, Gorch Fock, Sedov, Europa. Nach dem Mittagessen gingen wir beim Pía-Gletscher an Land. Der steile Aufstieg zum Aussichtspunkt, der über der Abbruchkante liegt, erwies sich als äußerst lohnend, hatte man von dort bei strahlender Sonne doch einen atemberaubenden Blick auf die gewaltigen Eismassen des Gletschers. Zurück im Beagle-Kanal erreichten wir nachmittags die majestätische "Allee der Gletscher”.

Nacheinander passierte das Schiff die Gletscher "Romanche", "Francia", "Alemania", "Italia" und "Holanda". Krönender Abschluss des Tages war das Captains-Dinner, bei dem Emilio Pincheira, der als einer der besten Köche Chiles die Reederei zu kulinarischen Konzepten berät und für die Reise engagiert worden war, die außergewöhnliche Leistungsfähigkeit der Bordküche erneut unter Beweis stellte.

Am Donnerstagmorgen, 20. April, ankerte die Stella Australis vor der einzigen Landgangsmöglichkeit an unserem Ziel - León Cove auf Kap Hoorn. Die Zodiacs brachten uns an Land, und es begann zu regnen.

Nachdem wir auf den 160 Stufen der Holztreppe das Plateau erstiegen hatten, folgten wir dem Holzsteg zum 1992 aufgestellten sieben Meter hohen stählernen Kap Hoorn-Monument aus zehn Metallplatten, dessen Aussparungen einen Albatros im Flug darstellen. Die Errichtung des Monuments basiert auf der Initiative der Bruderschaft der chilenischen Kap Hoorn-Fahrer. Auf dem Weg dorthin kamen wir an der Tafel mit dem berühmten Albatros-Gedicht von Sara Vial vorbei.

Zahlreiche Erinnerungsfotos begannen die Speicherchips der Kameras zu füllen. Auf dem Weg zum Leuchtturm tauchte die Sonne die Kapelle und die Leuchtturmkuppel in helles Licht. Nach dem Eintrag ins Gästebuch mussten wir uns leider schon wieder auf den Rückweg machen.

Den Canal Murray hinter sich lassend, lief die Stella Australis die Wulaia-Bucht an, wo ein weiterer Landgang auf dem Programm stand. Dort, wo heute die ehemalige Radio-Station steht, befand sich einst ein größerer Siedlungsplatz der Yamana-Indianer. FitzRoy und Darwin kamen 1833 mit der HMS Beagle hier an.

Auf der Rückreise besuchten wir die im Agostini-Nationalpark gelegenen benachbarten Gletscher Piloto und Nena. Dort unternahmen wir eine letzte Zodiac-Fahrt zur Abbruchkante des Piloto-Gletschers. Beim abendlichen Farewell-Dinner dankten Vertreter der Nationen den Organisatoren für diese außergewöhnliche Reise. Am folgenden Morgen erreichte die Stella Australis wieder Punta Arenas, wo unsere Reise durch eine beeindruckende Gletscherwelt zu Ende ging.

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Dietrich Peter Kleine ist Mitglied bei der Marinekameradschaft Homburg. Um Cap Hoorn gefahren ist er schon öfter, 2005 zum ersten Mal an Bord des russischen Segelschulschiffes Kruzenshtern. Ein Jahr später wurde er als unterstützendes Mitglied in die chilenische Bruderschaft der Kap Hoorn-Fahrer aufgenommen. An Bord des russischen Segelschulschiffes Sedov passierte Kleine Kap Hoorn 2012 dann ein zweites Mal. Kap Hoorn wurde von einer Expedition der Hoorner Austraalse Compagnie vom niederländischen Seefahrer Willem Cornelisz Schouten am 29. Januar 1616 erstbeschrieben. Kleine war anlässlich des 400. Jahrestages der Umsegelung sowohl in Hoorn als auch in Valparaiso zu Gast.

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