Buschtrommler kratzen kräftig an den Tabus

St Ingbert · Andreas Breiing und Ludger Wilhelm haben 1996 die St. Ingberter Pfanne gewonnen. Zwei Jahrzehnte später ist das Duo „Die Buschtrommel“ am Freitagabend in die Stadthalle zurückgekehrt. Es rechnete „schonungslos“ ab.

 Andreas Breiing (links) und Ludger Wilhelm auf der Bühne der St. Ingberter Stadthalle. Foto: Jörg Martin

Andreas Breiing (links) und Ludger Wilhelm auf der Bühne der St. Ingberter Stadthalle. Foto: Jörg Martin

Foto: Jörg Martin

. Würde man in die Zukunft der Bundespolitik blicken und dabei parteipolitische Farbenspiele anstellen, drängten sich schnell Fragen auf. Was man etwa mit den Blumenkübeln auf der Überholspur der Autobahn macht, auf der bei schwarz-grüner Regierung sicherlich Tempo 30 herrscht. Eine weitere Frage: Wer gießt die Blumen? Gregor Gysi , lautet die Antwort des Kabarett-Duos "Die Buschtrommel", das am Freitagabend in der Stadthalle gastierte. Andreas Breiing und Ludger Wilhelm, die beiden Pfannengewinner aus 1996, waren erneut im Rahmen der Reihe "A la Minute" an alte Wirkungsstätte zurückgekehrt.

Ob Gysis Körpergröße und Wendigkeit die Gründe für die Gärtnerfunktion darstellen oder er eben nur der Zaungast sein soll, blieb noch offen. Dafür eignet sich Claudia Roth als Verteidigungsministerin, denn die Bundestagsvizepräsidentin schrecke ab. Breiing und Wilhelm scheint der Terror der Political Correctness ganz schön auf die Krone zu gehen. Auch wenn sie in die Rolle der beiden schrulligen Alten schlüpfen, die sie - nebenbei bemerkt - mit einer mehr als brillanten Mimik und Gestik genial darstellen, poppt das Thema wieder hoch. Nein, man will sich nicht zum Veganer terrorisieren und auch sonst nicht bevormunden lassen. Denn früher war nicht alles besser - nur es war eben früher. Verstanden? Nee? Macht nichts. Denn in dieser Seniorenrolle blühen die beiden, die irgendwie an die viel bessere, ulkigere Variante von Waldorf und Statler aus der Muppet-Show erinnern, richtig auf.

Etwa, wenn sie sich dem Alter widmen. Man stelle sich vor, die Senioren wären weg. Die Farbe beige wäre völlig verschwunden, auf Mallorca würde kein Deutsch mehr gesprochen, Altenpfleger aus Osteuropa wären arbeitslos und die Butter auf Kaffeefahrten würde ranzig. Geht gar nicht. Da merkt man den beiden auf der St. Ingberter Bühne die Erfahrung an. Es ist das zehnte Programm der Buschtrommel. Quasi eine Art "Best of" der neun vorangegangenen aus mehr als zwei Jahrzehnten. Klassisches Kabarett ohne Zeigefinger, oft an der Schwelle zur Comedy, aber nicht platt und - wie es sich gehört - die Tabus so richtig ankratzend. Makaber köstlich, wenn Andreas Breiing sich im Engelskostüm den Hitler mimend hinstellt und mit der typischen Rhetorik sich für alles entschuldigt.

Da wird der ständig abfallende Oberlippenbart samt Ersatzbärte-Vorratsbox einfach miteingebaut. Des Führers Tränen lügen nicht. Oder doch? Breiing ist es auch, der sich als pädophiler Abgeordneter mit Alkoholproblem von Coach Feldmann für die nächste Wahl präparieren lassen muss. Nach zahlreichen Versuchen, unter anderem den ostdeutschen Patrioten gebend, bleibt nur noch eines über: Er muss in St. Ingbert eine Denkfabrik gründen. Das kam an, wie seine Parodie auf Siegmar Gabriel. Schonungslos ist das, denn genauso lautet auch das Programm. Denn 14 Prozent der Deutschen halten Dieter Bohlen für den Kultusminister, während 29 von Hundert die Nachrichten nicht begreifen.

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