Bistum Speyer Bistum will die Missbrauchs-Problematik angehen

St. Ingbert/Speyer · Anlässlich der Veröffentlichung der bundesweiten Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz hat auch das Bistum Speyer, zu dem auch die Katholiken in St. Ingbert und den Bliestalgemeinden gehören, im Rahmen einer Pressekonferenz über Missbrauch und Prävention im Bistum Speyer informiert.

 Generalvikar Andreas Sturm.

Generalvikar Andreas Sturm.

Foto: Cornelia Jung

„Missbrauch bedeutet Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und erwachsene Schutzbefohlene und steht zum Auftrag der Kirche in einem Widerspruch, der größer nicht sein könnte“, machte der Generalvikar und ehemalige St. Ingberter Pfarrer Andreas Sturm deutlich. „Wir bitten die Betroffenen um Vergebung und sagen Menschen, die bis heute unter den Folgen des Missbrauchs leiden, unsere Hilfe zu.“ Er ermutigte Betroffene, die bisher geschwiegen haben, mit den beiden Missbrauchsbeauftragten des Bistums Kontakt aufzunehmen.

Für die bundesweite Missbrauchsstudie hat das Bistum Speyer 1452 Personalakten von Priestern und hauptamtlichen Diakonen gesichtet, die zwischen 1946 und 2014 in der Diözese Speyer tätig waren oder sich im Ruhestand befanden. Erfasst und dem Forschungskonsortium zur Auswertung übergeben wurden Hinweise nicht nur auf strafrechtlich relevante Formen des sexuellen Missbrauchs, sondern auch auf Grenzverletzungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit, zum Beispiel scheinbar harmlose Berührungen, sowie Hinweise und Andeutungen, die sich auf einen Verdacht oder eine Mutmaßung beziehen.

Festgestellt wurden dabei Hinweise auf 186 Betroffene, davon 98 männliche und 88 weibliche Kinder und Jugendliche. 89 Priester wurden als Beschuldigte erfasst, ungeachtet dessen, ob es sich um verifizierte Taten, Beschuldigungen, Verdächtigungen, vage Hinweise oder mögliche oder erwiesene Falschbeschuldigungen handelte. Hinsichtlich der mutmaßlichen Tathandlungen habe das Bistum „ein breites Spektrum“ festgestellt, so Sturm. Es reiche „von dem Fall, in dem ein Priester ein Mädchen nach seiner Periode fragt, bis hin zu Fällen von Vergewaltigung.“ 54 Verdachtsfälle seien kirchlich und 23 Verdachtsfälle durch staatliche Behörden untersucht worden. Insgesamt elf strafrechtliche Verfahren hätten mit der Verurteilung des Beschuldigten geendet. Die meisten Verdachtsfälle stammen aus den 60er-Jahren.

„Wir werden uns mit den Ergebnissen der Studie sehr genau auseinandersetzen und uns allen damit verbundenen Fragen offen und ehrlich stellen. Wir wollen lernen und verstehen, wie es zum Missbrauch in der Kirche kommen konnte, um dann wirksame Konsequenzen für die künftige Arbeit zu ziehen“, kündigte Sturm an. Das Bistum Speyer beabsichtige, das Forschungskonsortium mit einer zusätzlichen Auswertung speziell zum Missbrauch im Bistum Speyer zu beauftragen. Die jetzt veröffentlichte Studie enthalte Informationen und Analysen zum Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland insgesamt. „Wir brauchen ergänzend dazu ein klares Bild, was den Missbrauch in unserem Bistum betrifft. Nur so können wir die Ursachen und damit die Punkte erkennen, an denen die Prävention vor sexuellem Missbrauch künftig wirksam ansetzen muss“, so Andreas Sturm.

Das Bistum Speyer richtet eine Arbeitsgruppe „Missbrauch und Prävention“ ein, um die Studie zu analysieren und Handlungskonsequenzen abzuleiten. Dabei werde das Bistum auch Betroffene und Fachleute von außen einbeziehen. Generalvikar Sturm teilte mit, dass das Bistum Speyer seine Präventionsarbeit ausbauen wolle. Die Stelle des Präventionsbeauftragten Thomas Mann werde zeitlich aufgestockt, zusätzlich werde eine weitere Mitarbeiterin ab Oktober als Präventionsbeauftragte eingesetzt.

Die beiden Missbrauchsbeauftragten des Bistums Speyer, Ansgar Schreiner und Dorothea Küppers-Lehmann, stellten ihre Tätigkeit gemäß den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz vor. Seit dem Jahr 2010 sind die Missbrauchsbeauftragten des Bistums insgesamt 79 Verdachtsfällen nachgegangen. In 40 dieser Verdachtsfälle hätten die Betroffenen einen Antrag auf materielle Leistungen in Anerkennung ihres Leids gestellt. Insgesamt 266 000 Euro habe das Bistum Speyer seitdem an Leistungen für Betroffene aufgebracht. Jeder neue Verdachtsfall werde an die Staatsanwaltschaft übergeben. So konnte bereits in zwei Missbrauchsfällen eine gerichtliche Verurteilung des Täters erreicht werden.

„Unser Ziel ist, für alle kirchlichen Einrichtungen ein institutionelles Schutzkonzept zu erstellen“, erläuterte der Präventionsbeauftragte des Bistums, Thomas Mann, seine Pläne.

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