Begegnungsorte sollen Dörfer aufwerten

Saarpfalz-Kreis · Über drei Millionen Euro an sogenannten „Leader“-Fördermitteln von Europäischer Union und Land sind seit 2007 in zahlreiche Projekte in die Biosphäre Bliesgau geflossen. Rund zwei Millionen Euro sind in der jetzt beginnenden zweiten Förder-Periode für neue Ideen zu erwarten. SZ-Serie, Teil 5: Lebensräume generationenübergreifend gestalten.

 Oberwürzbachs Ortsvorsteherin Lydia Schaar am Generationenplatz „Dorfmitte am Bach“. Foto: LAG/Rosemarie Kappler

Oberwürzbachs Ortsvorsteherin Lydia Schaar am Generationenplatz „Dorfmitte am Bach“. Foto: LAG/Rosemarie Kappler

Foto: LAG/Rosemarie Kappler

Lebensräume so gestalten, dass sie von Menschen aller Generationen angenommen werden, darauf hat sich Dorothée Pirrung spezialisiert. Im Auftrag des Biosphärenzweckverbandes und mit Unterstützung durch das Leader-Programm hatte sie 2010 einen in allen Kommunalverwaltungen einsehbaren Praxisordner erstellt, der eine Fülle an Ideen bereithält, wie in den Gemeinden so genannte "Generationentreffs" entstehen können. Den Praxisordner studiert haben bislang die Gemeinde Gersheim, die Stadt St. Ingbert und die Gemeinde Kirkel .

Besonders im zu Gersheim gehörenden Gemeindeteil Niedergailbach hatte sich Ortsvorsteher Otmar Gros für die Einrichtung eines Generationentreffs engagiert. Bereits 2008 war mit der Schließung des Kindergartens die Idee eines Mehrgenerationentreffs in der Dorfgemeinschaft aufgekommen, die vier Jahre später mit der Einweihung realisiert wurde. Seither ist der Generationentreff in der 570-Seelen-Gemeinde mit Leben erfüllt. Die LAG Biosphärenreservat Bliesgau hat für den Kindergartenumbau 98 000 Euro aus dem Leader-Programm bereitgestellt.

Von Leader-Mitteln profitierte auch das zu St. Ingbert gehörende "Familiendorf" Oberwürzbach. Dort hatte 2010 Leo Wintrich den "Arbeitskreis Oberwürzbach" gegründet. Ein in dieser Gruppe engagierter Bürger kam die Idee auf, die unterhalb der Sporthalle gelegene Fläche zu einem Begegnungsort für alle Menschen der Gemeinde zu machen. Der Ortsrat war begeistert und Ortsvorsteherin Lydia Schaar setzte die politischen Mühlen in Gang und bewegte die Verwaltung. Auch in Oberwürzbach flossen dank LAG fast 28 000 Euro in die Gestaltung der inzwischen mit reichlich Leben erfüllten neuen "Dorfmitte am Bach".

Eine neue Dorfmitte soll auch die Gemeinde Kirkel-Altstadt bekommen. Dort trafen sich im vergangenen Jahr Bürger, um ihre Ideen für einen Generationenplatz vor der alten Schule zu formulieren. Mit fast 10 000 Euro Leader-Förderung werden die Pläne derzeit ausgearbeitet.

Generationenprojekte wie die hier genannten sind angesichts einer prognostizierten Schrumpfung der Bevölkerung wichtig, um die Kräfte zur Selbsthilfe in den Dörfern zu mobilisieren. Im Grundsatz ging es genau darum auch in einem weiteren von der LAG vorangetriebenen Projekt das durch Leader mit 173 000 Euro gefördert wurde: "Unser Dorf - Fit für die Zukunft". Hintergrund: Bevölkerungsrückgang bedeutet unter Umständen mehr leerstehende Häuser und möglichen Verfall. Die Dörfer verlieren ihr Gesicht. So wäre es wichtig, jetzt bereits durch Modernisierung und Sanierung die Gebäudesubstanz und ihren Wert zu sichern und dabei gleichzeitig die regionaltypische Baukultur und den wichtigen Aspekt der Energiereduzierung mitzuberücksichtigen, dachte sich Hans-Ulrich Thalhofer, Geschäftsführer des Saar-Lor-Lux Umweltzentrums der Handwerkskammer.

Handbuch liefert Anregungen

In Alexander Rubeck , Bürgermeister der Gemeinde Gersheim, und dessen für Bauangelegenheiten zuständigen Mitarbeiterin Renate Bolle fand er zwei engagierte Mitstreiter. Mehrere wichtige Ziele wurden mit dem Projekt erreicht. Zum einen verfügt die Gemeinde Gersheim nun über ein Gestaltungshandbuch mit Anregungen und Vorgaben für Bauherren und Handwerker im Hinblick auf Sanierungsvorhaben. Thalhofer: "Dieses Handbuch kann jederzeit auch von anderen Gemeinden kostenlos genutzt werden, da alle Kommunen hinsichtlich ihrer Gebäude die gleichen Probleme haben."

Zum anderen wurden 20 Eigentümer im "Musterdorf Bliesdalheim" ausführlich durch Experten beraten und bekamen konkrete Vorschläge und Finanzierungsmöglichkeiten an die Hand. Dadurch wird der Gebäudewert erhalten und ein möglicher Weiterverkauf erleichtert. Ergänzend wurden heimische Handwerker in Seminaren geschult, beispielsweise in Sachen energetischer Sanierung, aber auch im Hinblick auf die Anforderungen des Denkmalschutzes und zur Verwendung regionaler Baustoffe. Thalhofer: "Als besonders erfreulich werten wir den Umstand, dass durch unsere Förderung private Folgeinvestitionen von 135 000 Euro ausgelöst wurden, die überwiegend in die Region flossen." Auch sieht er darin einen wesentlichen Beitrag zur aktiven Wirtschaftsförderung im ländlichen Raum: "Durch die Einbindung des Handwerks und der Dienstleister vor Ort bleibt das Kapital in der Region und macht weitere Investitionen möglich."

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HintergrundDamit das Biosphärenreservat Bliesgau von Fördermitteln der Europäischen Union aus dem Leader-Programm profitieren kann, wurde 2007 die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Biosphärenreservat Bliesgau als eigenständiger Verein mit Verwaltungen, Vereinen und Verbänden sowie Unternehmen als Mitglieder gegründet. Die LAG entscheidet über die Zuteilung der Fördermittel . Weitere Informationen: www.biosphaere-bliesgau.eu/index.php/de/lag/lokale-aktionsgruppe . Interessenten und Ideengeber wenden sich an Regionalmanager Hans-Ulrich Thalhofer, Tel. (0681) 5 80 91 78, E-Mail: u.thalhofer@hwk-saarland.de. bea

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