Becker-Schornstein: Mehrheit für den Abriss

St Ingbert · Mit knapper Mehrheit hat der St. Ingberter Stadtrat am Dienstagabend für den Abriss des maroden, unter Denkmalschutz stehenden Kamins auf dem Gelände des Innovationsparks Beckerturm gestimmt.

 Nun soll er doch fallen. Der 55 Meter hohe Schornstein auf dem ehemaligen Brauereigelände wird abgerissen. Foto: Jörg Jacobi

Nun soll er doch fallen. Der 55 Meter hohe Schornstein auf dem ehemaligen Brauereigelände wird abgerissen. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi

Der Becker-Schornstein soll weg. Das hat am Dientagabend der Stadtrat beschlossen und damit einen sechs Wochen alten Beschluss des Rats zum Erhalt des Kamins auf dem ehemaligen Brauereigelände kassiert. Die Abstimmung zum Abriss fiel denkbar knapp aus. 21 Stadträte stimmten für einen Abriss, 20 stimmten für den Erhalt. Für den Abriss sprachen sich die Fraktionen von SPD/Stvb, Familien-Partei, FDP, Grüne, Linke, Freien Wählern und Teile der CDU-Fraktion aus. Gegen den Abriss waren die Fraktionen von UCD, SPD und Teile der CDU.

Der Stadtrat hatte sich erneut mit dem Thema beschäftigt, da Innovationspark-Geschäftsführer Stefan Braun angekündigt hatte, den Schornstein entweder abreißen zu dürfen oder ihn an die Stadt zu übertragen. Braun berief sich dabei auf einen Paragrafen des Baugesetzbuches, der besagt, dass der Eigentümer die Übernahme des Grundstückes durch die Kommune verlangen kann, wenn es ihm wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten. Inzwischen hat auch das Landesdenkmalamt dem Abriss aus wirtschaftlichen Gründen zugestimmt.

Die Stadtverwaltung hatte zu dem Streitthema ein Rechtsgutachten der Stadt-Justiziarin anfertigen lassen. Die Ergebnisse des Gutachtens in aller Kürze. Erstens: Der Schornstein stehe als Teil des Ensembles unter Denkmalschutz und sei prägend für das Stadtbild, sei aber "kein spezifisches St. Ingberter Objekt". Zweitens: Der Abriss des Kamins dürfte damit laut Baugesetzbuch grundsätzlich von der Stadt untersagt werden. Drittens: Der Besitzer Braun wurde schon zum Zeitpunkt des Grundstückskauf klar auf den schlechten Zustand des Schornsteins und die damit entstehenden Kosten hingewiesen. Viertens: Falls die Stadt den Abriss nicht genehmigt und Braun vor Gericht die Übernahme des Grundstücks durch die Kommune durchsetzen kann, würden der Stadt hohe Kosten entstehen. Abschließend empfiehlt das Gutachten mit Verweis auf die schlechte finanzielle Lage den Abriss zu genehmigen, um einem eventuellen Gerichtsverfahren zu entgehen.

Rat in Abrissfrage gespalten

Über das Gutachten und den Schornstein wurde im Rat lange diskutiert. Rainer Hoffmann (UCD) sah in einer eventuellen juristischen Auseinandersetzung mit Investor Braun keine große Gefahr. Er plädierte sogar dafür, eine mögliche erzwungene Übernahme des Rendite abwerfenden Innovationspark-Geländes durch die Kommune als Chance anzusehen. "Außerdem steht überhaupt nicht fest, dass die Stadt Kosten übernehmen muss", so Hoffmann. Sein Fraktionskollege Wolfgang Weisgerber kritisierte das Vorgehen des Investors: "Wenn ich ein Denkmal erwerbe, weiß ich, was auf mich zukommt. Dann darf ich später nicht darüber jammern und von finanzieller Unzumutbarkeit sprechen". Auch die SPD wollte "einer Kastration des Beckerensembles" nicht zustimmen. Fraktionschef Thomas Berrang: "Denkmäler sind selten wirtschaftlich, daher entzieht man Objekte unter Denkmalschutz der wirtschaftlichen Sichtweise." SPD-Stadtverbands-Chef Sven Meier und seine Fraktion sprachen sich dagegen für einen Abriss aus: "Helmpflicht darf nicht zum Zeichen der St. Ingberter Wirtschaft werden. Wir sollten unsere Wirtschaftsförderung nicht auf den Kopf stellen." Auch die FDP sprach sich zur Entlastung des Investors, der Arbeitsplätze geschaffen und Unternehmen angesiedelt habe, für den Abriss aus. Die Grünen-Fraktion sah den Becker-Schornstein als weniger wichtiges Denkmal an. Geld würde zur Pflege anderer Denkmäler gebraucht. "Wir stimmen dem Abriss schweren Herzens zu, um finanziellen Schaden von der Stadt abzuwenden", sagte der Fraktionsvorsitzende Jürgen Berthold. Die CDU-Fraktion war sich völlig uneins. Oft waren aus ihnen Reihen Worte der Unverständnis über die Meinung der Fraktionskollegen zu hören.

Runder Tisch abgelehnt

Als sich während der Debatte eine Rats-Mehrheit für den Abriss abzeichnete, unternahm UCD-Mann Weisgerber einen letzten Versuch die Entscheidung aufzuschieben und den Kamin doch noch zu retten. Sein Antrag, einen runden Tisch mit Investor, Denkmalamt und Bundestagsabgeordneten unter Leitung von CDU-Ortsvorsteher Ulli Meyer ins Leben zu rufen, wurde mit 17 zu 19 Stimmen abgelehnt.

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