Museumsserie Vom Ägyptischen zum Wallerfanger Blau

St. Barbara · Vor rund 2000 Jahren bauten die Römer in Wallerfangen Azurit ab. Nur einer der Stollen ist wieder zugänglich: Der Emilianusstollen.

 Unscheinbar, aber mit Tiefgang: So sieht der Emilianusstollen in St. Barbara von außen aus.

Unscheinbar, aber mit Tiefgang: So sieht der Emilianusstollen in St. Barbara von außen aus.

Foto: Landkreis Saarlouis/Kolja Koglin

Die markanten Kratzer an der niedrigen Sandsteindecke des Emilianusstollens sind etwa 2000 Jahre alt. Sie wurden in der Römerzeit in den Fels unter dem Ort St. Barbara geschlagen – auf der Suche nach Azurit. Die Bergleute arbeiteten sich mit Spitzhacke und primitiven Werkzeugen im Licht von Öllampen in den Südhang des Hansenberges hinein.

Heute sind rund 20 Meter dieses Stollens für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein noch unbekannter Teil liegt hinter verkeiltem Gestein. Nicht allein das Azurit macht diesen Stollen zu einer Besonderheit. Links vom Zugang befindet sich eine Original-Inschrift im Fels. Links vom Zugang befindet sich eine Original-Inschrift im Fels: INCEPTA OFFI CINA EMILIANI NONIS MART. Diese Inschrift hat die Jahrhunderte überdauert, informierte Dieter Ruck, Leiter Stabsstelle Tourismus Landkreis Saarlouis, und ist noch immer gut erkennbar. Sie belegt, dass ein gewisser Emilianus am 7. März seine Bergbaukonzession wahrgenommen hat. „Das ist die einzige bekannte Inschrift dieser Art im ganzen römischen Imperium und damit weltweit“, sagt dazu der Historiker Helmut Grein, der Führungen im Stollen anbietet.

Die sogenannte Okkupationsinschrift wurde um 1740 erstmals wieder erwähnt. Viermal war sie entdeckt worden und erneut unter Hangschutt verschwunden. Dann suchte 1964 Dr. Reinhard Schindler vom Landeskonservatoramt gezielt nach dem Eingang. Eine erste Spur war ein Wasseraustritt etwa sechs Meter östlich der Inschrift. Ab 1965 legte Schindler die vorderen 16 Stollenmeter frei. Aber eingestürzter Fels blockierte die weiteren Arbeiten. Zusammen mit dem Bergbaumuseum Bochum konnte der Stollen bis zur heutigen Länge von 21 Metern geöffnet werden. Am Stollenende liegt hinter Stahlträgern verbrochener Fels. Wie es von dort aus weitergeht, ist bislang unbekannt.

1,80 Meter hoch und 1,20 Meter breit ist der Emilianusstollen. Etwa in der Mitte führt ein Schacht senkrecht zur Oberfläche, gleich daneben zweigt ein größerer Abbauraum nach Osten ab. Das Kupfermineral Azurit steckt als linsenförmige Kügelchen in lehmigen Schichten. Die finden sich bei St. Barbara etwa 20 Meter unterhalb des Ortes. Aber was eigentlich blau ist, wurde durch Wasser zu grünlichem Malachit.

Viel sei nicht bekannt über den römischen Abbau im Raum Wallerfangen, erklärt Grein. Doch es gebe noch weitere Stollen. Etwa ein halbes Dutzend erstrecke sich vom Umfeld des Hansenberges bis zum Limberg. Die insgesamt recht hohe Zahl römischer Stollen geht vermutlich auf einen Luxusartikel zurück: Die Montanarchäologin Dr. Gabriele Körlin geht von der Verarbeitung von Azurit zu Ägyptisch Blau aus. Laut Professor Ludwig Heck brachte Ägyptisch Blau höhere Gewinne als die bloße Nutzung des Kupfers.

Die Römerstollen bei St. Barbara lassen die Produktionskette vom Abbau über das Pigment bis zur Anwendung in Wandmalereien erkennen. Spuren fand Heck in der Villa Borg nahe Perl, im Prunksaal des Kaisers Konstantin in Trier sowie in Köln und im 260 Kilometer entfernten Xanten am Rhein.

Den Emilianusstollen gibt es zweimal: Das heute zugängliche Besucherbergwerk, dessen Decke und Wände mit Kerben überzogen sind. Und zirka neun Meter tiefer liegt der sogenannte Untere Emilianusstollen. Seine Schachtöffnung führt wenige Meter vor dem Besucherbergwerk nach unten. Dieser Stollen war voller Sedimente. Das bewahrte den Originalzustand mit typischen Spuren der römischen Keilhaue. Er ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ebenfalls nicht zugänglich ist der sogenannte Stollen Bruss, etwa 150 Meter westlich. Dort hackten sich römische Arbeiter rund 45 Meter in den Fels hinein und schufen einen verzweigten Komplex mit großem Abbauraum.

Manche dieser Stollen lassen sich nur noch schwer der römischen Zeit zuordnen. Denn sie wurden im Mittelalter nochmals genutzt. Etwa 1000 Jahre nach dem römischen Abbau tauchte dieses Azurit wieder in Dokumenten auf. Diesmal als Wallerfanger Blau. Mit ihm bemalt wurde beispielsweise das herzogliche Archiv in Nancy. Überliefert sind Verkäufe von Azurit aus Wallerfangen mit bis zu einer Tonne Gewicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Albrecht Dürer damit gemalt.

Die Erfindung von Preußisch Blau im 18. Jahrhundert machte das Wallerfanger Blau schließlich unbedeutend. Versuche, zumindest das Kupfer wirtschaftlich zu nutzen, scheiterten im 19. Jahrhundert an zu geringen Konzentrationen des Metalls.

Alle Serienteile zu den Museen im Saarland finden sich im Internet:

 Buntsandstein mit blauen Azuritlinsen

Buntsandstein mit blauen Azuritlinsen

Foto: Johannes A. Bodwing
 Kopie der weltbekannten und -berühmten Inschrift des Emilianusstollens im Historischen Museum Wallerfangen

Kopie der weltbekannten und -berühmten Inschrift des Emilianusstollens im Historischen Museum Wallerfangen

Foto: Johannes A. Bodwing
 Der vordere Stollenbereich ist mit Backsteinpfeilern abgestützt. Durch Erosion hat er sich auf beiden Seiten geweitet.

Der vordere Stollenbereich ist mit Backsteinpfeilern abgestützt. Durch Erosion hat er sich auf beiden Seiten geweitet.

Foto: Johannes Bodwing
 Dieter Ruck, Leiter Stabsstelle Tourismus Landkreis Saarlouis, erklärt den Emilianusstollen.

Dieter Ruck, Leiter Stabsstelle Tourismus Landkreis Saarlouis, erklärt den Emilianusstollen.

Foto: Johannes A. Bodwing
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