„Auto fährt bis Fahrer stirbt“

Blieskastel · Er hat ihn noch nie im Stich gelassen: Seit gut 20 Jahren ist der 58-jährige Lehrer Dieter Geis aus Blieskastel stolzer Besitzer eines 60 PS starken russischen Geländefahrzeugs „GAZ 69“. Geschätztes Baujahr: 1964.

 Der 58-jährige Dieter Geis aus Blieskastel in seinem Oldtimer aus sowjetischer Produktion. Die Marke heißt GAZ (Gorki Automobilwerke) und die Typenbezeichnung 69. Als Baujahr nimmt er um 1964 an. Foto: Joachim Schickert

Der 58-jährige Dieter Geis aus Blieskastel in seinem Oldtimer aus sowjetischer Produktion. Die Marke heißt GAZ (Gorki Automobilwerke) und die Typenbezeichnung 69. Als Baujahr nimmt er um 1964 an. Foto: Joachim Schickert

Foto: Joachim Schickert

Er sitzt für die Linken im Blieskasteler Stadtrat, ist Lehrer für Deutsch und Musik am von der Leyen-Gymnasium, stolzer Hausbesitzer im Mühleneck und - Oldtimerfan. Der 58-jährige Dieter Geis hat nämlich einen Oldtimer aus sowjetischer Produktion. "Die Marke heißt GAZ (Gorki Automobilwerke) und die Typenbezeichnung 69. Als Baujahr nehme ich um 1964 an, da der offensichtlich originale DDR-Verbandskasten Artikel enthielt, auf denen dieses Jahr aufgedruckt war. Originalpapiere sind keine vorhanden", erzählt Geis. Das Fahrzeug sei ein Geländewagen mit zuschaltbarem Allradantrieb und Gelände-Untersetzung. Der Motor sei ein Benziner mit 2500 Kubikzentimeter Hubraum und 60 PS Leistung und mit für heutige Verhältnisse kräftigem Durst. Diese Autos seien von Beginn der 1950er Jahre bis etwa 1970 gebaut worden und hätten eine interessante politische Vorgeschichte: "Sie gehen auf ein Konzept der amerikanischen Fordwerke der 40er Jahre zurück, das die US-Armee im Zweiten Weltkrieg mobil machen sollte. Bekanntermaßen gewann den zu diesem Anlass ausgeschriebenen Wettbewerb der legendäre Willys-Jeep, der durch die amerikanischen Soldaten weltweit bekannt wurde", rückt Geis mit seinem Expertenwissen heraus.

Da die Entwicklungsarbeit von Ford nicht umsonst sein sollte, habe man man Konzept und Fabrikationsanlage an die damals noch verbündete Sowjetunion verkauft, die das Auto bis zu seinem Produktionsende mit nur geringen Modifikationen weiterbaute.

Mit dem Oldtimer-Virus

Doch wie kam der 58-Jährige zu seinem Hobby und seinem Gefährt? "Mit dem Oldtimer-Virus hatte ich mich bereits als Junge infiziert, als ich die Fahrräder meiner Großeltern aus den 1920er Jahren auf dem Dachboden entdeckte und daran herumschraubte. Die Prospekte und Kataloge davon habe ich übrigens heute noch." Während Schulausbildung, Studium und Familiengründung sei diese Leidenschaft etwas in Vergessenheit geraten. Schließlich sei er Lehrer in Blieskastel geworden. Dort habe die Familie ein 200 Jahre altes Haus gekauft und von Grund auf renoviert. Wohl in diesem Zusammenhang sei dann wieder die alte Leidenschaft zum Vorschein gekommen: "Ich wollte einen Oldtimer!". Diese Fahrzeuge hätten jedoch ganz konkrete praktische Nachteile: zu teuer, oft unzuverlässig, Probleme mit Ersatzteilen.

"Also wurde es zunächst mal nichts. Als ich 1990, im Jahr der Wende, auf Schulfahrt in der gerade untergehenden DDR war, ist es dann passiert. Direkt hinter der Grenze sah ich ein merkwürdiges Auto auf einem Parkplatz stehen. Ich erkannte weder Marke noch Typ, war aber auf Anhieb begeistert: Die lange Schnauze, die weit ausschwingenden Kotflügel, das markante ,Gesicht' und der rustikale Charme hatten es mir angetan. Es war wohl Liebe auf den ersten Blick", gesteht Geis seine Leidenschaft für alte Autos. Leider sei niemand da gewesen, der ihm etwas Genaueres sagen konnte. Und überhaupt: ein altes Ostauto - wo sollte man dafür Teile und alles Weitere herbekommen?, fragte sich der Lehrer. Also wieder nix. Drei Jahre später habe er zufällig in einer Auto-Zeitung die Anzeige eines Händlers aus Trier entdeckt, der für Geländewagen der ehemaligen DDR warb. "Und genau das war's! Ich fuhr hin, ließ mich von der guten Ersatzteil- und Servicesituation und einem akzeptablen Preis überzeugen und war stolzer Besitzer meines Traumautos, eines GAZ 69", schildert er begeistert.

Schon 20 Jahre her

Mittlerweile sei das jetzt 20 Jahre her. Das Auto habe eine neue Farbe gekriegt, werde im Sinne einer "rollenden Restaurierung" in Schuss gehalten, gehe regelmäßig über den TÜV, mache seinen Winterschlaf und habe ihn bisher noch nie im Stich gelassen. "Wie sagte doch einmal ein russischer Bürger zu mir über den GAZ, als er uns neugierig und freundlich an einer Blieskasteler Tankstelle beäugte: ,Bei uns zu Hause gab es ein Sprichwort: Auto fährt, bis Fahrer stirbt.'"

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