Aus der Zeit Alfred Weisgerbers

St Ingbert · Die Zeitgenossen Alfred Weisgerbers und damit deren Berichte aus dessen Epoche standen im Mittelpunkt einer Lesung am Freitag im Weisgerber-Veranstaltungshaus. Der Blick richtete sich dabei auch auf das „Isar-Athen“.

 Ursula Ochs-Steinfeld (am Pult) bei der Lesung im Weisgerber-Veranstaltungshaus. Foto: Jörg Martin

Ursula Ochs-Steinfeld (am Pult) bei der Lesung im Weisgerber-Veranstaltungshaus. Foto: Jörg Martin

Foto: Jörg Martin

. Das Jubiläumsjahr zum 100. Todestag Albert Weisgerbers neigt sich allmählich seinem Ende entgegen. Viele Veranstaltungen haben bereits stattgefunden. Auch die Kleine Bühne der Volkshochschule St. Ingbert hat sich am zurückliegenden Wochenende dem großen Sohn der Stadt gewidmet.

Im Erdgeschoss des ehemaligen Kaufhauses Sinn hatten am Freitagabend nur etwa 16 Literaturfreunde den Weg ins Albert-Weisgerber-Veranstaltungshaus gefunden. "Ich glaube an die Qualität der kleinen Zahl", hatte Albrecht Ochs die Besucher der Lesung mit einem Zitat begrüßt.

Sinn und Zweck des Abends sei es, literarische Zeitzeugen des St. Ingberter Malers vorzustellen und diese so kennen zu lernen. Denn Albert Weisgerber war mit etlichen von ihnen befreundet. Die anderen, die ihn nicht kannten, waren an diesem verregneten Freitagabend aber auch in nicht unerheblicher Zahl vertreten. Ihre Texte gaben Aufschluss über die Situation, das Lebensgefühl und den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts.

Apropos Lebensgefühl: Auch das Ambiente des Veranstaltungsortes, wenn dieser auch einer gänzlich anderen Epoche zuzuordnen ist, trug zur Stimmung bei: ein ehemaliges Kaufhaus, das Mitte der sechziger Jahre seine Pforten erstmalig öffnete, kann quasi eine Art "Stimmungstransporteur" darstellen. Der Teppichboden, die ausgeschalteten Scheinwerfer und die nicht gerade leise Lüftung taten ihr Übriges dazu, dass Ursula Ochs-Steinfeld, Gerhard Schlaudecker und Nicole Haag einem auf die Reise Weisgerbers etwa zur Münchener Bohème und zum literarischen Expressionismus mitnehmen konnten.

Es sollte kein Vortrag über Weisgerber werden, darauf hatte Ochs zu Beginn hingewiesen. Vielmehr ließ man die Autoren selbst sprechen.

München war das "Isar-Athen" und Anziehungspunkt für etwa Thomas Mann , der dort die Buddenbrocks schrieb. Doch auch Frank Wedekind und Rainer Maria Wilke waren in der bayrischen Landeshauptstadt Anfang der Jahrhundertwende zu Gast. Man traf sich meist in der Szene-Kneipe "Simplizissimus". Unter ihnen der Maler Ludwig Schaf aus Blieskastel, der auch dem Kabarett "Die elf Scharfrichter" angehörte.

Aus einem Brief Wedekinds

Bei der Lesung konnte man sich beispielsweise davon überzeugen, welche feierliche Sprechweise, diese gewissen schwebende Monotonie, Stephan George an den Tag legte. Gerhard Schlaudecker etwa trug einen Brief Frank Wedekinds vor, den dieser an Artur Kutscher, den Theaterprofessor an der Hochschule, schrieb. Wedekind war mit dem Ehepaar Weisgerber befreundet. Es gibt ein Bild des Malers von 1910, wo Weisgerber Kutscher gemalt hat. Es war eine Zeit, die man heute nur bedingt nachvollziehen kann. "Man kann sich kaum vorstellen, wie kriegsbegeistert Intellektuelle wie Mann waren", erklärte Albrecht Ochs. Viele überstanden den Krieg jedoch nicht. Da passte auch der vorgetragene Brief, den die Weisgerber-Witwe, ebenfalls Malerin, Margarete Pohl-Kolling an den Schriftsteller Karl Wolfskehl schrieb dazu.

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