Serie Unsere besten Schiedsrichter Auch in großer Hektik die Ruhe bewahren

St. Ingbert/Illingen · Im Saarland gibt es fast 1100 Schiedsrichter. Wir stellen die vor, die überregional im Einsatz sind. Diesmal: Patrick Alt.

Während der Unterbrechung in der Viertelfinal-Partie im Saarlandpokal zwischen Regionalligist 1. FC Saarbrücken und dem Oberligisten FC Homburg beraten Homburgs Trainer Jürgen Luginger (links), Schiedsrichter Patrick Alt und Saarbrückens Trainer Dirk Lottner über das weitere Vorgehen. Der Unparteiische bringt die schwierige Begegnung gut zu Ende.

Während der Unterbrechung in der Viertelfinal-Partie im Saarlandpokal zwischen Regionalligist 1. FC Saarbrücken und dem Oberligisten FC Homburg beraten Homburgs Trainer Jürgen Luginger (links), Schiedsrichter Patrick Alt und Saarbrückens Trainer Dirk Lottner über das weitere Vorgehen. Der Unparteiische bringt die schwierige Begegnung gut zu Ende.

Foto: Andreas Schlichter

Es war am 14. März dieses Jahres. Viertelfinale im Fußball-Saarlandpokal zwischen dem FC Homburg und dem 1. FC Saarbrücken. Schon vor Spielbeginn zündeten Chaoten massiv Pyrotechnik, während des gesamten Spiels flogen Leuchtkugeln über das Spielfeld. Viele rechneten mit einem Abbruch. „Wenn es rundherum hektisch wird, müssen wir als Schiedsrichter die Ruhe bewahren. Das habe ich meinen Kollegen vor dem Spiel auch gesagt“, sagt der Unparteiische Patrick Alt, der die Partie souverän zu Ende gebracht hat. „Vor ein paar Jahren hätte ich das sicher so auch noch nicht geschafft.“

33 Jahre alt ist der Illinger mittlerweile, seit 1999 ist er Fußballschiedsrichter. Seither hat er Hunderte von Spielen gepfiffen – 27 davon in der 2. Bundesliga, 76 in der Regionalliga. „Mein erstes Spiel war die F- oder E-Jugend in Wemmetsweiler“, blickt Alt auf die Anfänge der Schiedsrichterkarriere zurück. Ein Hobby, das längst die Dimension einer Freizeitbeschäftigung gesprengt hat.

„Wenn ich zum Beispiel ein Montagspiel in der 2. Liga leite, muss ich sonntags anreisen, komme erst dienstags zurück. Dazu kommen jeden zweiten Tag Training, Lehrgänge, Videoanalyse. Da kommen schon mal 60 Stunden zusammen“, rechnet Alt vor, der seinen Job als Wirtschaftsinformatiker bei Villeroy & Boch aber dennoch nicht aufgeben würde: „Es ist ein wichtiger Ausgleich. Der Beruf sorgt wie die Familie für Bodenhaftung. Außerdem ist es schön, wenn man nach Hause kommt und der Sohn einen bedingungslos anlächelt.“

21 Monate ist der kleine Levin alt, ob er in die Fußstapfen seines Vaters tritt, überlässt Alt dem Kleinen „irgendwann mal selbst. Er soll tun, was ihm Spaß macht.“

Spaß an der Schiedsrichterei hat Alt noch immer. Auch als vierter Offizieller in der Bundesliga oder als Video-Assistent im Kölner Studio. „Natürlich willst du als Schiedsrichter auf dem Platz stehen und das Spiel leiten, aber auch die anderen Aufgaben sind interessant“, sagt der Illinger, der aufgrund der hohen zeitlichen Belastung die Einführung von Berufs-Schiedsrichtern durchaus begrüßen würde: „In Deutschland müssen in den nächsten Jahren dementsprechende Strukturen geschaffen werden. Die Frage ist ja auch, wie es nach der aktiven Zeit weitergeht. Derzeit liegt die Altersgrenze bei 47 Jahren.“

Der Einsatz als Video-Schiedsrichter wäre dann zumindest eine Möglichkeit, auch wenn der elektronische Beweis bei den Fans noch umstritten ist. „Wir müssen die entstandene Verunsicherung beim Publikum durch noch mehr Transparenz wegbekommen. Wir müssen lernen, noch besser mit diesem Instrument umzugehen“, sagt Alt, „als Schiedsrichter musst du dein Spiel so pfeifen wie ohne Video-Assistent. Aber es ist im Sinne der Gerechtigkeit, wenn da noch ein Backup ist. Und da manche Szenen auch von Schiedsrichtern intern ganz unterschiedlich bewertet werden, werden die Diskussionen an den Stammtischen nicht aufhören.“

Und noch eines stellt Alt klar: „Es wird weiterhin Fehlentscheidungen geben.“ Viele davon sollte sich Alt aber nicht leisten, wenn sein großer Traum in Erfüllung gehen sollte: der Sprung als Schiedsrichter in die erste Bundesliga. „Ich wäre natürlich sehr froh, wenn es so kommt“, sagt Alt, der während bislang 27 Einsätzen in der 2. Bundesliga 125 gelbe, vier gelb-rote und zwei rote Karten verteilt hat. „Aber die Leistungsdichte in der Spitze ist hoch. Da bedarf es konstanter Leistungen und wie überall im Leben auch etwas Glück.“

Patrick Alt in seinem Illinger Zuhause

Patrick Alt in seinem Illinger Zuhause

Foto: Andreas Schlichter

Der Durchbruch nach oben sollte in den kommenden zwei bis drei Jahren kommen, sonst wäre die Altersobergrenze schon wieder zu nahe, und von hinten drängen jüngere Kollegen nach. Dabei hat Alt selbst das beste Beispiel für Erfahrung und gegen „Jugendwahn“ im Schiedsrichterwesen geliefert: die herausragende Spielleitung beim brisanten Pokal-Derby.

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